Freie Welt: Herr Fuchslocher, wir haben erfahren, dass es in Chile wichtige Entwicklungen in Bezug auf die Mobilitätsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der Corona-Pandemie gibt. Was können Sie uns dazu sagen?

René Fuchslocher: Mitte dieses Jahres haben wir zusammen mit meinem Anwaltskollegen Camilo Cammás und dem Publizisten Johannes Kaiser (beide kandidieren derzeit für die Republikanische Partei) damit begonnen, Vorlagen für Verfassungsbeschwerden gegen die vom Präsidenten und vom Gesundheitsminister verhängten Beschränkungen zu verbreiten, zusammen mit einer Anleitung für jede Person, diese online bei der Justiz einzureichen. Bis heute sind mehr als 2.000 solcher Klagen eingereicht worden, die ein Ende dieser drakonischen Maßnahmen fordern.

Am Freitag, den 22. Oktober, erließ das Berufungsgericht in Rancagua (einer an die Landeshauptstadt Santiago angrenzenden Regionalhauptstadt) zum ersten Mal eine einstweilige Verfügung in einem dieser Verfahren, in dem die Verfassungsmäßigkeit der Diskriminierung zwischen geimpften und ungeimpften Personen aufgrund der stärkeren Einschränkungen für letztere umstritten ist.

Freie Welt: Was sind die rechtlichen Konsequenzen?

René Fuchslocher: Obwohl die Impfung in Chile freiwillig ist, gibt es einen starken staatlichen Druck, sich impfen zu lassen, vor allem durch die Mobilitätsbeschränkungen für Ungeimpfte.

Aufgrund dieses Urteils muss der Kläger, der ein nicht geimpfter Bürger ist, für die Dauer des Verfahrens so behandelt werden, als wäre er geimpft. So unterliegt er beispielsweise nicht mehr den besonderen Beschränkungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, die Ausreise aus dem Land und das Betreten bestimmter geschlossener Räume, um nur einige zu nennen.

Freie Welt: Gilt das auch für den Rest der Bevölkerung?

René Fuchslocher: Nein, dieses Urteil begünstigt nur den Kläger in dieser speziellen Verfassungsklage. Es ist jedoch von radikaler Bedeutung, denn wenn dieses Kriterium bestätigt und von anderen Berufungsgerichten übernommen wird, hat die Regierung keine andere Wahl, als die abscheuliche Diskriminierung zwischen Geimpften und Ungeimpften abzuschaffen, was der erste Schritt wäre, um den willkürlichen Maßnahmen aufgrund der Pandemie ein Ende zu setzen und endlich zur Normalität zurückzukehren.

Dies geschieht in einer Woche, in der das Gesundheitsministerium im Einklang mit den Massenmedien eine aggressive Offensive gegen die Ungeimpften gestartet hat, indem es sie als „Impfgegner“, „Verweigerer“ und „Ignoranten“ bezeichnet. Sogar der Gesundheitsminister hat unverhohlen gelogen, dass alle Patienten, die in die Intensivstationen eingeliefert werden, nicht geimpft sind, obwohl aus den offiziellen Statistiken seines eigenen Ministeriums hervorgeht, dass 70 % dieser schwerkranken Patienten geimpft sind, und von ihnen sind mehr als 85 % vollständig geimpft.

Freie Welt: Was erwarten Sie von jetzt an?

René Fuchslocher: Ich hoffe natürlich, dass die Entscheidung des Gerichts bestätigt wird, sobald das endgültige Urteil gefällt, und dass dieses Kriterium von allen Berufungsgerichten und dem Obersten Gerichtshof angenommen wird.

Ich hoffe auch, dass damit die Politiker im Gesundheitsministerium ihre Sprache und ihr Handeln mäßigen und sich mehr um Recht und Wissenschaft kümmern als um die Aufrechterhaltung einer gesundheitspolitischen Diktatur auf der Grundlage pseudowissenschaftlicher Propaganda.

Wie ich bereits in anderen Interviews erklärt habe, ist nach fast zwei Jahren der erste freie Chilene wieder geboren worden.

-----------

René Fuchslocher wuchs in Osorno, Chile auf, wo er auch die Deutsche Schule besuchte. Anschließend studierte er an der Universidad Católica de Chile Jura und machte sein Magister in Steuerrecht an der Universidad Adolfo Ibáñez. Seit fünfzehn Jahren wohnt er in Puerto Montt, wo er mit seinen Geschäftspartnern die Kanzlei Fuchslocher, Bogdanic & Asociados und die Immobilienentwicklungsfirma Alpina gegründet hat. Dazu ist der 43-Jährige Mitglied in verschiedenen Institutionen der deutsch-chilenischen Gemeinschaft: des Deutschen Vereins zu Puerto Montt, der Corporación de Beneficencia Osorno (Deutsche Klinik in Osorno), des Deutschen Turnvereins zu Llanquihue, der Deutschen Schule zu Puerto Montt sowie Vorstandsmitglied von Agrollanquihue A.G. (Verband der Landwirte der Provinz Llanquihue).