Gastbeitrag des Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V.

Brexit, Corona und die Normalität in Europa

Lockdown im Europa-Parlament – hat es einer gemerkt? Die letzten großen Momente fanden in Brüssel Ende Januar statt.

Foto: Screenshot, Europäische Komission
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Gastbeitrag des Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V.

Lockdown im Europa-Parlament – hat es einer gemerkt? Die letzten großen Momente fanden in Brüssel Ende Januar statt. Covid-19 war da bereits unter uns, sogar als Tagesordnungspunkt des Plenums am 29. Januar. Doch der Brexit war den meisten wichtiger. In dieser Sondersitzung stimmte das EU-Parlament dem Austrittsvertrag mit dem Vereinigten Königreich zu. Es ist ein historischer Moment. Die meisten sind sich der Tragweite bewusst, sie haben ja schon den Mauerfall erlebt, die Wiedervereinigung, den Austausch der stabilen D-Mark und anderer nationaler Währungen gegen die Gemeinschaftswährung Euro (2002), die Wunden der Osterweiterung (2004), die Rechtsbrechungen der Union während der Eurokrise (seit 2008) und der Einwanderungskrise (seit 2015). Doch diesmal ist mehr als Krise, ein wichtiger Mitgliedsstaat tritt aus. Gibt es also doch Leben und Wohlstand außerhalb der Galaxie des Raumschiffs Brüssel? Ist diese Galaxie doch nicht der Weisheit letzter Schluss, sozusagen alternativlos?

Tränen und gebrochene Stimmen lassen Sätze und Reden der Abgeordneten unvollendet. Als Brexitier Nigel Farage nach zwanzig Jahren Parlamentszugehörigkeit seine Abschiedsrede hält, dreht ihm die sitzungsleitende Vizepräsidentin Mairead McGuinnes von den Christdemokraten das Mikrofon wegen zehn Sekunden überzogener Redezeit ab, obwohl an diesem Tag ein »Gentlemen Agreement« gilt, die Leute ausreden zu lassen, und zwar von allen Fraktionen. Ausgerechnet in dieser Situation einem Brexitier das Wort abzuschneiden, wird später als unnötiges Nachtreten der Christdemokraten notiert.

Als das Abstimmungsergebnis verkündet wird, bricht Jubel aus: es ist geschafft. Das kollektive Aufatmen vertuscht natürlich, dass nur ein kleiner Teil der 750 EU-Abgeordneten konkret mit den Brexit-Verhandlungen zu tun hat. Wie von einer unsichtbaren Hand dirigiert erheben sich die Abgeordneten, Rat und Kommission ebenfalls, und stimmen das Pfadfinderlied »Nehmt Abschied Brüder« an. Was für ein Schauspiel! 700 Menschen in einem fensterlosen Auditorium erheben sich, atmen tief durch und stimmen ein Volkslied an. Der dem durchschnittlichen Europaabgeordneten unbekannte englische Liedtext wird kurzerhand unter den Papieren hervorgezogen, das Blatt wurde nämlich vor Eröffnung der Plenarsitzung auf allen Sitzen verteilt. Das Plenum weint. Dennoch wird dieser »improvisierte« Moment nicht als Ruhmesblatt in die Geschichte der EU eingehen. Die Brüsseler EU kann nicht würdevoll eine Beziehung beenden. Kein Großer Zapfenstreich. Kein feierliches Fahneneinholen. Kein »God Safe the Queen«, gefolgt von Beethovens »Ode an die Freude«, die gern als »Hymne der EU« verkauft wird. Später, als die Töne verklungen sind, wird der britische Union-Jack von den Saaldienern der Institutionen still und leise beiseite geräumt, auch das irgendwie würdelos für ein ansonsten so protokollfetischistisches Brüssel. Währenddessen quatschen die Abgeordneten miteinander und wenden den Rücken zum Präsidium, strömen Richtung Ausgang des Veranstaltungssaals, der nicht zufällig zur Abgeordnetenbar weist. In diesem wirklich wichtigen Moment zeigt sich die Mittelmäßigkeit der Volksvertreter im EU-Parlament. Denn nicht die Abstimmung ist der einzige entscheidende Moment, erst recht nicht das Absingen eines Pfadfinderlieds, sondern die Unterzeichnung des Präsidenten des Schreibens an den Europäischen Rat über das Zustimmungsvotum des Parlaments. Das ist der wichtigste Moment, den Parlamentspräsident Sassoli auch würdevoll ankündigt. Doch das interessiert die Abgeordneten schon nicht mehr. Sassoli spricht zu einem Ameisenhaufen. Die Ausfertigung des vorbereiteten Schreibens geht im allgemeinen Desinteresse unter. Der Vorhang fällt, aber das Brexit-Drama ist damit noch nicht zuende. Allerdings liegen seither die Verhandlungen auf Eis. Das könnte noch ein böses Erwachen geben.

Covid-19 beherrscht von nun an die Szene. Oder sollte man besser sagen: Das übliche Treiben in Brüssel ist durch Covid-19 lahmgelegt? Die Plenarsitzung, die ab dem 9. März in Strasbourg stattfinden sollte, wurde abgesagt, als man die Region um Strasbourg beiderseits des Rheins zum Corona-Krisengebiet erklärte. Der Präsident des Parlaments erließ ein allgemeines Besucher- und Veranstaltungsverbot. Das galt für alle. Nur nicht für die Grünen. Sie holten die Umweltaktivistin Greta Thunberg trotz aller Verbote ins Parlament. Fräulein Thunberg trat ebenfalls in der EU-Kommission und bei einer öffentlichen Klima-Demo in Brüssel auf. Später erklärte das Mädchen noch auf Instagram, dass sie und ihr Vater zu diesem Zeitpunkt bereits klare Symptome von Covid-19 mit sich trugen! Einige sind in Brüssel eben gleicher als die anderen….

Das Virus mit seinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen zeigt, dass die Gemeinschaft als solche einer Krisenbewältigung dieses Ausmaßes nicht gewachsen ist. Mehr noch: angesichts der Katastrophe zeigen die Mitgliedsstaaten unvermittelt, dass sie eigentlich kein Vertrauen in die Institutionen der EU haben. Die Kommission übernimmt nur koordinierende Aufgaben und verteilt auf ungleiche Weise die Haushaltsmittel, die die Mitgliedstaaten nach Brüssel überweisen. Bei diesem Deal gehört Deutschland stets zu den großen Verlierern, obwohl es in der Liste des Pro-Kopf-Reichtums der Einwohner weit hinter Italien oder Spanien steht. Die rotierende Ratspräsidentschaft, derzeit in den Händen von Kroatien, erbrachte den Nachweis ihrer eigenen Überflüssigkeit: weil der kroatische Gesundheitsminister wegen einer Immobilienaffäre zu Hause aus dem Amt gejagt wurde, war der Ministerrat für Gesundheitsfragen in Brüssel zwei Wochen lang ohne Leitung und ohne Aktion. Die Regierungen warteten auch nicht auf Anweisungen aus Brüssel, sondern handelten eigenständig und notwendigerweise, um ihre Bevölkerung zu schützen.

Diejenigen, die sich sonst als die Super-Europäer profilieren, zeigten nun ihr wahres nationalstaatliches Gesicht. Frankreichs Emmanuel Macron ist dafür ein gutes Beispiel. Als das schwedische Unternehmen Mölnlycke seine Filiale im französischen Lyon nutzen wollte, um eine Solidaritätslieferung mit Masken nach Italien zu versenden, beschlagnahmte die französische Regierung kurzerhand die Ware unter dem Vorwand, »französisches Gesundheitsmaterial« dürfe nicht exportiert werden. Dabei war es nicht französisch, sondern schwedisch. Einen ganzen Monat lang war die so dringend benötigte Ware blockiert, bis Super-Europäer Macron nach zähen Verhandlungen mit der schwedischen Botschafterin in Paris schließlich kleinlaut nachgeben musste. Auch Supereuropäer Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister, forderte die in Luxemburg ansässigen EU-Institutionen auf, zu schließen und alle Beamten zur Telearbeit ins Homeoffice zu schicken. Diese wohnen nämlich zum größten Teil in Elsass-Lothringen und in der Moselgegend und pendeln vom Corona-Krisenherd ins Großherzogtum. Also Grenzen zu und Telearbeit für alle.                                 

Der zwischenstaatliche Charakter des Staatenverbunds tritt in der Krise klar zu tage. Der Nationalstaat ist zurück und die »Politische Kommission«, die Jean-Claude Juncker als streitbare politische Institution mit eigener Machtbasis gegenüber den Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament installieren wollte, ist erstmal vorbei. Junckers Nachfolgerin Ursula von der Leyen hält diesen Anspruch zwar aufrecht, wirkt mit ihren Ankündigungen aber irgendwie wie eine Botschafterin aus einer anderen Welt. Jedenfalls ist es nicht die Realität der EU-Institutionen. Die wird gerade in diesen Tagen deutlich, wenn der 70. Jahrestag der Schuman-Erklärung begangen wird, welche die Rolle der EU-Kommission ja nicht als eigenständige politische Institution vorsah, sondern als Sekretariat im Dienste der im Rat vereinigten Mitgliedsstaaten. Die »neue Normalität«, die überall gepriesen wird, ist in diesem Sinne eigentlich nur ein Zurück zur alten Normalität, verbunden mit der Achtung vor dem Institutionengefüge.

Es ist wie das Platzen eines Traums. Beginnt das 21. Jahrhundert jetzt erst richtig? Die Ideologie offener Märkte und unkontrollierter Grenzen in einer globalisierten Welt hat jedenfalls ihre Limits bewiesen. Auch das Bekenntnis zum christlichen Europa, das in den C-Parteien immer nur halblaut und schmallippig vorgetragen wurde, bestand den Realitätstest nicht. Baumärkte sind systemrelevant, Kirchen jedoch nicht. Und diejenigen, die in den Mitgliedstaaten entscheiden, dass Kirchen nicht systemrelevant sind, treffen diese Entscheidung ja auch in Brüssel und Strasbourg. Aber darüber werden sie großzügig hinwegsehen, wenn am 9. Mai der siebzigste Jahrestag der Schuman-Erklärung per Videokonferenz begangen wird. Für sie gilt weiterhin, was der deutsche Frühromantiker Novalis dichtete: »Die Welt wird Traum, der Traum wird Welt«. Die Völker sind diesen Träumereien längst voraus. Vielleicht holen der Brexit und Covid-19 ja das Raumschiff Brüssel noch auf den Boden der Tatsachen zurück.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Rita Kubier

@Karl Napp 07.05.2020 - 11:29

Herr Napp, Sie wissen hoffentlich, wie ich das bei DIESER BLONDEN gemeint habe und vor allem WARUM!
Vd Leyen bestätigt nun mal nicht nur äußerlich, sondern vor allem charakterlich und moralisch, was (leider) blonden Frauen nachsagt wird. Und das ist keine "Erfindung" von mir! Dieses (Vor)Urteil kennen wir doch alle. Und DAS ist ja auch manchmal nicht so einfach aus der Luft gegriffen. Auf vd Leyen trifft dieses Urteil m. E. voll zu. Dass deshalb ALLE Blonden diesem Typus entsprechen, davon möchte ich mich allerdings immens distanzieren!
Jedoch glaube ich, dass der Erfinder der Barbie diese nicht ohne Grund mit blonder Mähne ausgestattet hat. Auch der wusste sicher, warum er sie gerade blond macht bzw. gemacht hat. Ist nun mal leider so. Und auf die, auf die es zutrifft, kommt man nicht umhin, "DAS" zu benennen.
Ich hoffe, Sie bzw. Ihre blonden Frauen sowie alle anderen, die weit ab sind von dem, was Blonden nachgesagt wird (sicher oft zu Unrecht), können mir verzeihen?!
Außerdem, DIE Blonde, die von sich weiß, dass dieses (Vor)Urteil nicht auf sie zutrifft, kann, sollte und wird drüberstehen. Ganz sicher! :))

Gravatar: Karl Napp

@ Rita Kubier

Na, na Rita: Nichts gegen blonde Frauen: Meine Mutter war blond, meine frühere Verlobte war blond, meine Frau ist blond, unsere Tochter ist blond. Alle super Frauen. Erst unsere Enkelin ist dunkelbraun, weil unser Schwiegersohn Neapolitaner ist. Aber auch sie ist super.

Gravatar: Rita Kubier

@Karl Napp 05.05.2020 - 17:28

Damit haben Sie durchaus recht. Eine arrogante, skrupellose, macht- und geldgierige, BLONDE(!), also dumme, BARBIE, die sich für die QUEEN der EU hält - deren FriseurSALON all die letzten Wochen sicher nicht geschlossen war. Die NUR für ihre eigenen Machtinteressen lebt und die ihre Seele (falls diese Frau überhaupt eine hat) selbst an den Teufel verkaufen würde. An den Teufel Merkel hat sie dieses ETWAS bereits verkauft! Aber von diesen beiden ist sicher jeder der Teufel. Einer machtgeiler, bösartiger und rücksichtsloser als der andere!!

Gravatar: Karl Napp

@ Rita Kubier

Als ich das Foto von Frau von der Laien sah, gingen mir die gleichen Gedanken durch den Kopf, wie Ihnen. Aber als erstes dachte ich mir: Sie sieht wirklich aus wie die Chef-Friseuse eines Hannoverschen Damensalons. Sie ist eine der unerträglichsten Zumutungen der früheren FDJ-Funktionärin Frau Dr. (DDR) A. Merkel für unser braves, fleißiges Volk.

Gravatar: Rita Kubier

Wenn man schon diesen arroganten, hinterhältig, kaltschnäutzig anmutenden Gesichtsausdruck dieser Frau sieht, kann man nichts Gutes ahnen. Und den Beweis dafür, dass das zutrifft, hat vd Leyen bereits vielfach selbst erbracht. Diese Frau ist nicht nur eine skrupellose Verschwenderin unserer Steuergelder, sie ist auch ein riesigengroßer Sargnagel für ALLE europäischen Nationalstaaten!!

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Brexit, Corona und die Normalität in Europa“ ...

Wenn göttlich(?)-himmlische(?) Normalität in Europa – von wem auch immer - angestrebt wird:

Sollten wir die kleinen(?) Unannehmlichkeiten um den Brexit und Corona nicht ganz schnell vergessen und unser(?) aller(?) Heißgeliebten(?) die Möglichkeit geben, die Ziele der von ihr zum Wohle(?) des Volkes(?) angestrebten „neuen Weltordnung“ - wenn schon nicht für ganz Europa - so doch wenigstens Deutschland zu erreichen!
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_85133976/weltwirtschaftsforum-in-davos-angela-merkel-plaediert-fuer-neue-weltordnung.html

Damit das Germanien besiedelnde „Pack“ in EU-Umerziehungslagern endlich zu ´vernünftigen – göttlich gleichgeschalteten - Menschen` mit ganz bestimmt ´völlig` vermerkelter Gesinnung umerzogen werden kann???
https://www.blaupause.tv/eu-plan-umerziehungslager-fuer-andersdenkende-blaupause-tv-aktuell.html

Gravatar: karlheinz gampe

Ein Parlament, welches keiner bemerkt, ist unnütz ! Es verursacht nur Kosten und sonst gar nix !

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