Bereits vor 20 Jahren hatte Belgien beschlossen, aus der Atomenergie auszusteigen. Doch nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine und der drohenden Energieknappheit mit ihren Folgen, überlegt die belgische Regierung, einige der verbleibenden Atomkraftwerke länger laufen zu lassen.
»Die aktuelle Situation«, erklärte Ministerpräsident Alexander De Croo einem Rundfunksender, »ist eine ganz andere als bei unserer Entscheidung Ende Dezember«. Damals war die Abschaltung aller sieben Reaktorblöcke beschlossen worden, die auf zwei Anlagen verteilt sind. Dieser Beschluss müsse »neu bewertet« werden, so der Politiker.
Möglich wäre, sagte De Croo, zwei der sieben Reaktorblöcke länger am Netz zu lassen. Diese Ausstiegsklausel war bereits beim Beschluss im Dezember in das entsprechende Gesetz aufgenommen worden. Je nach der Preisentwicklung würden dann Reaktorblöcke nicht abgeschaltet.
Selbst die Grünen in Belgien sind zu Verhandlungen bereit. Auch sie fürchten für die anstehenden Preiserhöhungen wohl die Rache der Bürger an der Wahlurne. Belgien produziert fast 40 Prozent seines Stroms in Atomkraftwerken. Eine totale Abschaltung hätte daher gewaltige Auswirkungen auf die Preisentwicklung.
Dass die Regierung in Brüssel nur sehr zögerlich handelt, ist auch daran zu erkennen, dass weiterhin 100 Millionen Euro in die Erforschung neuer Reaktortechnologien stecken will. Dabei konzentriert sich Belgien auf sogenannte Small Modular Reactors, SMR. Sie weisen nach Einschätzung einiger Fachleute deutliche sicherheitstechnische Vorteile auf.
Dass in Puncto Kernkraft in Europa noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist, zeigen auch die Diskussionen in der EU. Die Atomkraft wurde erst vor kurzem von der EU-Kommission als »nachhaltig« eingestuft, da Kernkraftwerke praktisch kein CO2 ausstoßen. Damit wird die Kernkraft förderungswürdig. Der Beschluss hatte in Deutschland zu heftigen Protesten der Wind- und Sonnenenergie-Lobby geführt, die um ihre Pfründe bangt.
Kommentare zum Artikel
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Rückkehr der Vernunft
Die Belgier machen hier vieles richtiger als die deutschen Parteien.
Sowohl die Verzögerung der Abschaltung bestehender Anlagen als auch die Forschung der SMR-Reaktoren sind wichtig für die Energiesicherheit.
Und ganz nebenbei lösen die SMR-Reaktoren auch das Endlager-Problem, es würden schlicht keine Endlager gebraucht werden.
Und sogar Köln und Aachen können sich freuen, wenn in Deutschland die letzten Kohle, Gas und Kernreaktoren ausgehen kann man ja mal beim Nachbarn anklopfen, vielleicht können sie dann noch die eine odere Gigawattstunde abgeben.