Bizarrer Streit um ein Gomringer-Gedicht an Berliner Uni-Fassade

Alleen sollen unter Sexismus-Vorwurf weichen

2011 verlieh die Berliner Alice-Salomon-Hochschule einen Poetik-Preis an Eugen Gomringer. Seitdem ziert das spanische Gedicht »Avenidas« (Alleen) die Fassade der Uni. Jetzt soll dieses weichen, weil die Kunst am Bau angeblich sexistisch sei.

Veröffentlicht:
von

Die Alice-Salomon-Hochschule in Berlin wurde einst vor über 100 Jahren von der Frauenrechtlerin Alice Salomon (1872-1948) als Soziale Frauenschule gegründet. Später wurde daraus eine für beide Geschlechter offen stehende Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik.

Seit 2011 zieren die Seitenwand des im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf neu entstandenen Hochschulbaus als Kunst am Bau Verszeilen des in Bolivien geborenen Schweizer Lyrikers Eugen Gomringer, der gerade den Poetik-Preis der Hochschule gewonnen hatte und mit seinem bereits 1951 auf Spanisch verfassten Gedicht »Avenidas« gewürdigt werden sollte.

Die dort mit den Worten beginnenden Verse »avenidas. avenidas y flores« heißen auf Deutsch übersetzt nicht mehr als »Alleen. Alleen und Blumen. Blumen. Blumen und Frauen. Alleen. Alleen und Frauen. Alleen und Blumen und Frauen. Und ein Bewunderer.«

Die spanischen Zeilen von Eugen Gomringer, die noch vor sieben Jahren der Hochschule eine Würdigung wert waren, sollen nun plötzlich weg. Das beschloss jedenfalls am Dienstag mehrheitlich der Akademische Senat. Als Begründung diente, dass diese Verse angeblich sexistisch und frauenverachtend seien.

Ausgangspunkt war ein vom AStA der Alice-Salomon-Hochschule im August 2017 verfasster offener Brief an den Rektor Uwe Bettig, wo man sich entsprechend über das auf Spanisch verfasste Gedicht an der Hauswand beschwerte.

Frauen würden mit den Zeilen zum Objekt männlicher Bewunderung degradiert, beklagte der AStA. Weiter heißt es zum Gedicht: »Es reproduziere nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, es erinnere zudem unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen alltäglich ausgesetzt seien - gerade auch am U-Bahnhof Hellersdorf und dem Alice-Salomon-Platz.«

Der heute 93-jährige Gomringer übte deutliche Kritik an der Entscheidung der Hochschule, den 2011 angebrachten Spruch entfernen zu wollen. »Das ist ein Eingriff in die Freiheit von Kunst und Poesie«. Der Begründer der literarischen Stilrichtung der Konkreten Poesie erwägt rechtliche Schritte gegen eine Entfernung.

Der Deutsche Kulturrat als Organisation von 250 Bundeskulturverbänden erklärte zu dem Beschluss, man sei »erschüttert«. Geschäftsführer Olaf Zimmermann kritisierte: »Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass eine Hochschule, die selbst Nutznießer der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit ist, dieses Recht dermaßen mit Füßen tritt.« Das Deutsche PEN-Zentrum warnte vor Zensurmaßnahmen.

Die Alice-Salomon-Hochschule teilte mit, sie werde Gomringer entgegenkommen und nach der Entfernung des Wandspruchs auf einer »Tafel« in Spanisch, Deutsch und Englisch an das Gedicht und die Debatte darum erinnern.

Hochschulrektor Uwe Bettig wandte ein: »Aus meiner Sicht war es ein Fehler, 2011 das Gedicht anzubringen, ohne Rückbindung in die Hochschule. Es war damals eine relativ einsame Entscheidung und es hat im Laufe der Jahre immer wieder Diskussionen über das Gedicht gegeben.«

Dem hielt Gomringer entgegen: »Mir kommt es vor, wie der Vorgang einer Säuberung. Da wird etwas weggesäubert durch eine andere Ideologie, die das verdrängen soll. Und darüber muss man reden, ob das gerechtfertigt ist.« Gender-Sprache und politische Korrektheit hätten damals keine Rolle gespielt, als er »Avenidas« verfasste.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: karlheinz gampe

@Armin Helm

Ich bin der Auffassung das Gedicht sollte an der Fassade bestehen bleiben. Erst wenn die Fassade neu angestrichen werden muss, dann sollte man darüber nachdenken, ob es nicht weicht. Man sollte immer an die Kosten denken und keine Steuergelder verschwenden. Sowas tun nur linke kranke Idioten, denn die zahlen keine Steuern.

Gravatar: Gerd Müller

Ich kann dieses hirnverbrannte dämliche Geschwafel weniger abgehobener und überdrehter Spinner nicht mehr ertragen !

Besonders kotzt mich die emsige Beflissenheit der „Behörden“ an, die scheinbar weiter keine Arbeit haben, als solch abstrusen Forderungen kaum meßbarer Promille der Bevölkerung nachzukommen !!!!!

Gravatar: Armin Helm

Ich halte das Gedicht natürlich nicht für sexistisch. Sexistisch ist z.B., dass es keine Quotenregelung für Frauen bei Todesjobs gibt. Aber das Gedicht ist schlecht. Die dauernde Wiederholung macht es zum typischen Vorbeten von Belanglosigkeiten noch dazu in einer Fremdsprache. Im Übrigen:

Narrenhände beschmieren Tisch und Wände!

Soll heißen: Das Gedicht hat auf einer Fassade sowieso nichts verloren. Weg damit, egal warum.

Gravatar: karlheinz gampe

Das kranke Neusprech geisteskranker linker Demagogen versucht Tradition und Kultur auszulöschen. Sperrt diese geisteskranken, verwirrten, armen Menschen in eine entsprechende Heilanstalt. Irre gehören ins Irrenhaus !

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang