Umweltschutz als Anti-Krisenprogramm

Der erste Umweltwirtschaftsbericht der Bundesregierung streicht ihn heraus als „Job-Motor“

Der erste Umweltwirtschaftsbericht der Bundesregierung wurde kaum beachtet. Das mag auch an banalen Heilsbotschaften wie diesen liegen: „Umweltschutz wird als Faktor immer wichtiger. Die ‚green jobs’ boomen. Umweltschutz zahlt sich aus. Die Märkte der Zukunft sind grün.“ Das jedenfalls sind die alles andere als vom Stuhl reißenden Sätze, die Sigmar Gabriel und Andreas Troge dem Bericht plakativ voranstellen – Gabriel als Bundesumweltminister und Troge als Präsident des Bundesumweltamtes. Ihr offenkundiges Ziel: den Medien und Bürgern eintrichtern, daß Umweltschutz für Wirtschaft und Beschäftigung schier unentbehrlich ist und sich bezahlt macht.

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Und wenn dabei zugleich die Umwelt geschützt wird, wogegen ohnehin niemand etwas haben kann, dann klingt das, als habe man den Stein der Weisen gefunden - und das in der Finanzkrise mit ihren Nachfrage- und Absatzeinbrüchen in der „Realwirtschaft“. Gleichsam also ein Wunder, das wie gerufen kommt. Umweltschutz ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die deutsche Wirtschaft, weil diese wunderbar daran verdient und Arbeitsplätze über Arbeitsplätze schafft

Untermauert wird das Wunder mit zahlreichen statistischen Angaben wie solchen: Mehr als 5 Prozent der Industriegüterproduktion entfielen 2007 auf Umweltschutzgüter. Ihr Produktionswert ist von 2005 bis 2007 um 27 Prozent gestiegen, besonders stark die (weil hochsubventionierten) „erneuerbaren Energien“, ferner die Güter der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie Elektronikprodukte. Rund 4,5 Prozent oder 1,8 Millionen aller Beschäftigten verdankten 2006 dem Umweltschutz ihren Arbeitsplatz. Zwei Jahre davor waren es noch keine 4 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs von 300 000 Arbeitsplätzen. In den Unternehmen an den „grünen Leitmärkten“ ist die Beschäftigtenzahl zwischen 2004 und 2006 jährlich um 15 Prozent gestiegen.

Zwischen 2007 und 2009 rechnen die Unternehmen mit jeweils 13 Prozent. Fast 80 Prozent der Produktionsbereiche in der Umweltbranche sind besonders forschungsintensiv. Der Akademikeranteil liegt hier bei 30 Prozent, woanders durchschnittlich bei 20 Prozent. Für den Arbeitsmarkt  wird die Rolle der Umwelttechnik als „Jobmotor in Deutschland“  immer bedeutsamer. Umweltschutz ist ein globaler Wachstumsmarkt und Deutschland mit seinen Umweltschutzgütern Exportweltmeister.

Arbeitsplätze, die durch fehlgeleiteten Umweltschutz verloren gehen

Ungenügend behandelt werden allerdings Arbeitsplätze, die durch unverhältnismäßigen, falschverstandenen oder fehlgeleiteten Umweltschutz verloren gehen, weil er die Produktions- und Bürokratiekosten hochtreibt. Das gilt vor allem für die hochumstrittene Klimaschutzpolitik gegen menschenverursachtes CO2, für das Durchdrücken von Wind- und Solarkraft zur Stromerzeugung mittels staatlichen Zwanges durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und für den verordneten Ausstieg aus der Kernkraft. Diese Politik treibt unnötig die Stromkosten hoch, zwingt energieintensive Unternehmen zur Aufgabe oder
Abwanderung ins Ausland und macht Deutschland von direkten Stromlieferungen immer importabhängiger, wenn die Stromversorgung nicht zusammenbrechen soll. Das kann sogar zu einer Desindustrialisierung Deutschlands führen. Und wer den Bericht liest, sollte auch an solche Arbeitsplätze denken, die durch miserable Wirtschaftsordnungspolitik und Steuerpolitik von CDU/CSU und SPD verloren gehen oder gar nicht erst entstehen können, so dass immer mehr Menschen in die Verarmung getrieben werden. Das kann diese Umweltpolitik schon gar nicht wettmachen.

Nicht der Staat zahlt, wir Bürger zahlen

Staatliche Selbstherrlichkeit verrät die Feststellung, dass „den größten Anteil der fast 35 Milliarden Euro für den Umweltschutz der Staat und privatisierte öffentliche Unternehmen der Wasser- und Abfallentsorgung“ zahlen und auf das produzierende Gewerbe nur knapp 20 Prozent entfallen. In Wirklichkeit zahlen alles wir Bürger mit unseren Steuern, ihren Abgaben und über die Preise der von ihnen gekauften Produkte, denn als Kosten gehen alle Umweltschutzauflagen und -kosten in die Preise ein. Der Staat gibt das Geld der Bürger nur aus.

Wie es einleitend in dem Bericht heißt, gibt er einen Überblick über die Struktur und Bedeutung der Umweltwirtschaft und „die vielfältigen Dimensionen, die das Zusammenspiel von Umwelt, Umweltpolitik und Wirtschaft kennzeichnen“. Er stütze sich auf zahlreiche Forschungsprojekte der vergangenen Jahre und greife auf Daten und Zahlenmaterial statistischer Ämter und Forschungseinrichtungen zurück. Damit werde die Informationsvielfalt erstmals zusammengeführt und verknüpft.

Der Bericht erleichtert den kritischen Umgang mit der amtlichen Politik

Ein solcher Überblick ist in der Tat hilfreich. Hier ist (auf 153 Seiten) endlich einmal zusammengefasst, was alles so gewollt ist und geschieht. Das erleichtert auch den kritischen Umgang mit der regierungsamtlichen Politik. Teil 1 des Berichts liefert Daten, Fakten und Trends, darunter
Beschäftigungswirkungen sowie Kosten und Nutzen des Umweltschutzes. In Teil 2 geht es um nachhaltiges Wirtschaften (die Ansatzpunkte und Ziele), um nachhaltiges Produzieren, die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (im Einklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem) und um Umweltpolitik als Wirtschaftspolitik. Teil 3 („Die Märkte der Zukunft sind grün“) befasst sich mit den „Leitmärkten“ nachhaltige Energieerzeugung, Energie-Effizienz, Rohstoff- und Materialeffizienz, nachhaltige Mobilität, Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie nachhaltige Wasserwirtschaft. Schwerpunkt  von Teil 4 ist der Klimaschutz.  Hier beschreibt die Bundesregierung ihre Ziele, den ökologischen Umbau des Kapitalstocks, die Wirkungen einer ambitionierten Klimapolitik und die Innovationen für den Klimaschutz mit dem „Blick über 2020 hinaus“. Ein Ausblick mit der „Agenda für Umwelt, Innovation, Wachstum und Beschäftigung“ schließt den Bericht ab.

Gaukelei und Glaubenssache

Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Ökonomie sind kein Gegensatz. Aber Verbohrte und Fanatiker können es sehr wohl dahin bringen (Beispiel CO2-Wahn, Klimaschutz, Subvention von Wind- und Solarstrom). Vieles in dem Bericht ist unstrittig, und Umweltschutz wie nachhaltiges Wirtschaften sind notwendig. Aber Augenmaß dabei ist es ebenfalls. Wirtschaftlich sinnvoller wäre es, Umweltschutz um seiner selbst willen zu betreiben, ohne ihn als „Job-Motor“ und Fiskalobjekt (CO2-Zertifikate-Verkauf) zu missbrauchen, nicht als verkapptes Anti-Krisenprogramm  zur Konjunkturstützung oder für eine „ökologische Industriepolitik“ (Gabriel). Die Heilsbotschaft des Berichts ist auch ein Programm,

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