Bernd Richter Landesvorsitzender der ÖDP Baden-Württemberg

"Wirkliche Wahlfreiheit für Eltern" - Interview mit Bernd Richter

Der pensionierte Oberstudienrat Bernd Richter war von 1993 bis 1995  Bundesvorsitzender der  Ökologisch-Demokratische Partei – Familie und Umwelt (ÖDP); seit 2002 ist er deren Landesvorsitzender in Baden-Württemberg. Im Interview mit FreieWelt.net sprach Bernd Richter über die familienpolitischen Vorstellungen und Ziele seiner Partei.

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FreieWelt.net: Neben Ihrem ökologischen Schwerpunkt will sich die Ökologisch-Demokratische Partei – Familie und Umwelt (ÖDP); vor allem für die Belange der Familien einsetzen. Warum haben Sie gerade das Thema Familie in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit gestellt?

Bernd Richter: Die Familie steht seit Anfang im Mittelpunkt des ÖDP-Programms. Diese christlich fundierte Einstellung im Gesellschaftsprogramm der ÖDP brachte auch mich 1988 nach langer und gründlicher Prüfung dazu, nicht der CDU, aber auch nicht den Grünen beizutreten, sondern der ÖDP, als für mich meine alte Partei, die FDP, in ihrer Programmatik uninteressant geworden war.

FreieWelt.net: Sie fordern u.a. die Gleichwertigkeit elterlicher Erziehungsarbeit und außerhäuslicher Erwerbsarbeit. Inwiefern wird die Erziehungsleistung der Eltern zu wenig gewürdigt?

Bernd Richter:
Das Elterngeld der Bundesregierung zeigt ganz deutlich, dass nicht die Erziehungsleistung von Kindern gewürdigt wird, sondern die außerhäusliche Erwerbsarbeit. Das „Elterngeld“ der Bundesregierung kann nur als eine minderwertige Ersatzlösung für den Lohnausfall gesehen werden, der durch eine Schwangerschaft hervorgerufen wird. Deswegen bekommt eine Frau, die vor der Schwangerschaft schon ein Kind zu Hause erzogen hat, also arbeitslos ist, oder eine Studentin ohne Job nur 300.- € pro Monat als Elterngeld, während eine vor der Geburt gutverdienende Frau bis zum Sechsfachen, nämlich rund 1800.- € pro Monat ausgezahlt bekommt. Auch die Tatsache, dass es nur 12 Monate lang bezahlt wird, zeigt dies. Der Partner kann dann noch weiter 2 Monate erhalten, so ihn sein Betrieb frei stellt.

FreieWelt.net: Wie kann eine bessere Anerkennung der elterlichen Erziehungsleistung konkret erreicht werden?

Bernd Richter:
Es gibt seit 1998 die Studie „Erziehungsgehalt 2000“ Wir fordern daher, dass Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen möchten und es auch tun, für das erste Kind rund 1250.- € und für das zweite und dritte Kinde jeweils rund 625.- € erhalten. Eltern mit drei Kindern bekommen also für die Erziehung der drei Kinder rund 2500.- €, gerechtfertigt dadurch, dass das locker einer 40 Stundenwoche an Arbeit entspricht. Erziehung geht 7 Tage die Woche, bei Krankheit fast rund um die Uhr. Wir begrenzen dieses Brutto- Gehalt auf drei Kinder, denn Eltern sollen nicht Kinder bekommen wollen, um davon leben zu können. Eltern haben damit eine echte Entscheidungsfreiheit, ob sie zu Hause bleiben und ihre Kinder selbst erziehen oder in ihrem Beruf arbeiten gehen und dann allerdings die Kindertagesstätte oder die Tagesmutter/den Tagesvater selbst bezahlen. Es handelt sich um ein zu versteuerndes Bruttogehalt mit allen Sozialabgaben, inklusive der Rentenversorgung. Gemäß der Studie „Erziehungsgehalt 2000“ vom „Deutschen Arbeitskreis für Familienhilfe e.V., Freiburg“ ist es umsetzbar, so es politisch gewollt wird. Durchgerechnet wurde die Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem DIW in Berlin, einem der 5 weisen Institute, die seit Jahrzehnten auch die Bundesregierung beraten. Eltern sind einkommensmäßig abgesichert und erleben auch später keinen Einbruch bei der Rente, wie es heute im Vergleich zu einer außerhäuslich erwerbstätigen Person der Fall ist. Alleinerziehende beziehen es voll, sind Hartz-IV los, im Falle von beiden Elternteilen können sich die Partner es auch nach Belieben teilen. Das schafft soziale Gerechtigkeit und wirkliche Wahlfreiheit für Eltern in der Frage, ob sie ihre Kinder selbst erziehen oder die Erziehung mit Hilfe des Erziehungsgehalts von außen einkaufen wollen.

FreieWelt.net: Verschiedene Sozialrechts- und Familienexperten fordern eine familiengerechte und verfassungskonforme Reform unserer Sozialversicherungssysteme, beispielsweise durch eine Beitragsstaffelung der Kranken-, Pflege- und Rentenbeiträge nach Anzahl der Kinder. Unterstützen Sie diese Forderung?

Bernd Richter:
Ja, natürlich unterstützen wir diese Forderung, denn sie ist in der Ausgestaltung unseres Erziehungsgehalts, bestätigt durch diese Studie, voll enthalten.

FreieWelt.net: Welche familienpolitischen Anliegen verfolgen Sie und Ihre Partei darüber hinaus?

Bernd Richter:
Im Grunde genommen sind mit unserer Forderung eines Brutto-Erziehungsgehalts die meisten familienpolitischen Fragen abgearbeitet. Dazu kommt natürlich noch, dass der gesamte Bildungsbereich finanziell freigestellt werden muss bis hin zur Abschaffung der Studiengebühren in Höhe von 500.- € pro Semester.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Kerstin Schneider

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jürgen Koll

@BW-Landtagswähler

Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. :-)

Hoffen wir mal, dass immer mehr Menschen einfach mal nach Alternativen suchen. Denn davon gibt es einige. und die ÖDP ist definitv eine gute Alternative zur CDU oder den Grünen! Allerdings ist hier auch eine gewisse Durchhaltequalität als Wähler gefragt. Heute wird es wohl noch nicht klappen...

Gravatar: BW-Landtagswähler

Eine konkrete, sauber finanzierte Alternative zum marktorientierten Vereinbarkeitsgefasel unserer Regierung.
Danke für den Wahltipp!

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