Interview Dirk Candidus

Wildtiere im Circus: »Zelte voll wie lange nicht«

Kinder sind begeistert, Mütter und Väter begleiten ihren Nachwuchs gern, und auch in der älteren Generation hat er zahllose Fans: Wenn sich ein Circus ankündigt, ist der Aufruhr groß. In letzter Zeit jedoch nicht immer nur im positiven Sinne – Tierrechtsorganisationen wie »Vier Pfoten« und »Peta« haben sich die Befreiung von Elefant, Tiger & Co. auf ihre Fahnen geschrieben. Freiewelt.net sprach mit Dirk Candidus vom Aktionsbündnis »Tiere gehören zum Circus« über die Hintergründe.

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Freiewelt.net: In der Politik wird seit einigen Jahren vermehrt über ein Verbot von Wildtieren in Circussen diskutiert. Wie ist die Situation zurzeit? Ist der Circus ein rechtsfreier Raum, was den Tierschutz betrifft?

Dirk Candidus: Keineswegs! Die Tierhaltung im Circus wird durch das Tierschutzgesetz vorbildlich geregelt. Halter dürfen ihrem Beruf nur dann nachgehen, wenn sie vorher eine Erlaubnis eingeholt haben. Über deren Erteilung entscheidet die Heimatbehörde unter Hinzuziehung des Amtstierarztes. Und auch in jeder Gastspielstadt überprüft der zuständige Amtstierarzt die Circusse. Dabei werden alle Faktoren, die das Wohlergehen der Tiere betreffen, genau untersucht: Die Größe von Gehegen und Transportfahrzeugen, der Gesundheits- und Ernährungszustand der Tiere, die Futtermittelvorräte und vieles mehr. Diese Kontrollen dauern oft einige Stunden und können auch unangekündigt stattfinden. Dabei orientieren sich die Veterinärämter an den „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben“. In diesem umfangreichen Regelwerk wird für jede relevante Tierart detailliert beschrieben, was „verhaltensgerechte Unterbringung“ unter den besonderen Bedingungen des Circus bedeutet. Die Ergebnisse der Kontrollen werden von den Amtstierärzten im „Zirkuszentralregister“ dokumentiert, einem umfangreichen Online-Verzeichnis, das von allen Amtstierärzten eingesehen werden kann. Außerdem müssen Circusunternehmen Tierbestandsbücher führen. Stellt der Amtstierarzt bei seiner Überprüfung Mängel fest, kann er im Extremfall sogar anordnen, dem Halter bestimmte Tiere wegzunehmen. Von einer Gesetzeslücke kann also überhaupt keine Rede sein!

Freiewelt.net: Aktivisten von Tierrechtsorganisation behaupten, Tiere würden im Circus zu artwidrigem Verhalten gezwungen.

Dirk Candidus: Alle Dressurübungen gründen sich auf dem natürlichen Verhalten der Tiere. Der Sprung der Raubtiere von Podest zu Podest basiert auf dem Beutefang, das Aufrichten der Elefanten auf der Futtersuche, das Ballbalancieren der Seelöwen auf dem Spiel. Artfremde Tricks, zum Beispiel der Sprung eines Tigers durch einen Feuerreifen, werden in westeuropäischen Circussen so gut wie nicht mehr gezeigt.

Freiewelt.net: Ein Circus ist immer nur für ein paar Tage in derselben Stadt und zieht dann weiter. Stellt das viele Reisen für die Tiere nicht eine große Belastung dar?

Dirk Candidus: Nein! Circustiere nehmen den Transport von Stadt zu Stadt ohne jedes Anzeichen von Unbehagen auf. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Tiere von klein auf an die Transporte gewöhnt sind. Ein Circus-Elefant steigt so selbstverständlich in seinen Transportwagen wie ein Hund in das Auto seines Herrchens. Wissenschaftliche Studien zur Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel von Circustieren haben das bestätigt. Zudem sind die Circusunternehmen aus Kostengründen bestrebt, ihre Tourneen so zu planen, dass die Gastspielstädte nicht zu weit auseinander liegen. Deshalb dauern die Tiertransporte in der Regel nicht länger als zwei Stunden. Die Bewegungsfreiheit der Tiere wird also durch die Transporte bei weitem nicht so stark eingeschränkt, wie die Tierrechtler behaupten.

Freiewelt.net: Wie reagieren die Circusunternehmen auf Kritik an den Haltungsbedingungen? Hat es da nach Ihrer Einschätzung in den vergangenen Jahren Verbesserungen gegeben?

Dirk Candidus:  Ja, natürlich! In den letzten Jahrzehnten hat eine Revolution in der Circustierhaltung stattgefunden. Die Unterbringung der Tiere zwischen den Vorstellungen unterscheidet sich heute kaum noch von den Verhältnissen in einem zoologischen Garten. Die Verwendung von großen Freigehegen mit tiergerechter Strukturierung hat sich mittlerweile in allen deutschen Circussen durchgesetzt. Dabei müssen die Gehege im Circus nicht so groß sein wie im Zoo, weil Circustiere, bedingt durch die Ausbildung in der Manege und den engen Kontakt zum Menschen, ohnehin ein abwechslungsreicheres Leben führen. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Tiere, auch Wildtiere, im Circus so gehalten werden können, dass sie sich wohlfühlen.

Freiewelt.net: Wie muss man sich das eigentlich vorstellen, werden Tiere in der freien Wildbahn eingefangen und dann für den Circus dressiert?

Dirk Candidus:  Fast alle im Circus lebenden Wildtiere sind in Circussen, Zoos oder Safariparks geboren. Einige leben schon seit vielen Generationen in Menschenobhut. Lediglich die Elefanten, insgesamt circa vierzig Tiere in Deutschland, stammen aus ihren Herkunftsländern. Das bedeutet aber nicht, dass es sich bei allen Circuselefanten um Wildfänge handelt. Die meisten Asiatischen Elefanten sind in Camps zur Welt gekommen. In den afrikanischen Nationalparks hat man vor dreißig Jahren ganze Herden abgeschossen, um eine Überbevölkerung zu verhindern. Hätte man die Jungtiere nicht eingefangen und an europäische Zoos und Circusse verkauft, wären sie ebenfalls getötet worden. Seither sind keine Wildfänge mehr in deutsche Circusse gelangt, und das wird mit Sicherheit auch in Zukunft so bleiben. Man muss aber auch bedenken, dass Wildtiere, die in Menschenobhut aufgewachsen sind, andere Prägungen erfahren haben als Artgenossen, die nur die freie Wildbahn kennen. Das wirkt sich auf ihre Bedürfnisse und auf ihr Verhalten aus. Leider wird das von den Tierrechtlern überhaupt nicht berücksichtigt.

Freiewelt.net:  Was passiert nach Ihrer Erfahrung mit Circustieren, wenn sie alt oder krank werden? Und wie sieht es überhaupt mit der Lebenserwartung dieser Tiere aus?

Dirk Candidus:  Die meisten Circustiere genießen eine erstklassige tiermedizinische Versorgung. Viele Circusunternehmen rufen immer wieder dieselben Tierärzte zur Hilfe, so dass diese ihre Schützlinge bestens kennen. Circustiere, die aus Altersgründen nicht mehr mitreisen können, werden entweder im Winterquartier des Circus gepflegt oder an Zoos oder Safari-Parks abgegeben. Circustiere werden bei guter Pflege sehr alt. So erreichen zum Beispiel die Löwen des Circus Krone fast regelmäßig ein Alter von mehr als zwanzig Jahren. Frei lebende Löwen sterben im Durchschnitt deutlich früher. Bei Asiatischen Elefanten sind die Verhältnisse ähnlich. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele alte und sehr alte Wildtiere man im Circus antrifft. Die hohe Lebenserwartung von Circustieren ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Tiere mit den Lebensbedingungen im Circus sehr gut zurechtkommen.

Freiewelt.net: Tierrechtsaktivisten beschuldigen Circusse immer häufiger angeblicher Rechtsverstöße und überziehen sie mit Klagen. Besteht die Gefahr, dass dies die wirtschaftliche Existenz der Circusbetreiber bedroht?

Candidus: Das ist in der Tat eine Gefahr! Es ist ja das erklärte Ziel der Tierrechtler, unliebsame Tierhalter so lange zu mobben, bis diese völlig entnervt aufgeben. Dazu muss man wissen, dass die Tierrechtsorganisationen langfristig jede Form von Tierhaltung abschaffen wollen. „Kein Tier in Menschenhand“ lautet das oberste Credo der Tierrechtler.

Freiewelt.net: In der öffentlichen Debatte erfährt ein Wildtierverbot in Circussen sehr viel Zuspruch. Doch vor Ort sagen einem Circusleute, dass sie gar nicht erst anreisen bräuchten, wenn sie keine Tiere dabei hätten. Woher kommt dieser Gegensatz?

Dirk Candidus:  Das ist auf die ausgeklügelte Propaganda der Tierrechtsorganisationen zurückzuführen. Diese haben nämlich eine große Meisterschaft darin entwickelt, falsche Eindrücke zu erwecken. Die Circuszelte vor Ort sind so voll wie schon lange nicht mehr. Man kann geradezu von einer Renaissance des Klassischen Circus mit Tieren sprechen.

Freiewelt.net: Ist der Circus nicht gerade für Kinder eine gute Gelegenheit, positive Erfahrungen mit Tieren zu machen?

Dirk Candidus:  Natürlich! Auf einem Elefanten zu reiten, mit Seelöwen zu schwimmen oder ein Nashorn zu streicheln, das sind für Kinder unvergessliche Erlebnisse. Nirgendwo sonst können Kinder Tiere so nah und so unmittelbar erleben wie im Circus. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn man feststellt, dass der Circus gerade bei Kindern sehr viel Interesse und Sympathie für Tiere schaffen kann. Damit leistet der Circus einen indirekten Beitrag zum Natur- und Artenschutz: Denn wer sich für Tiere interessiert, wird auch eher bereit sein, sich für ihre Erhaltung in freier Wildbahn einzusetzen. Das Engagement für die Erhaltung der Arten war noch nie so wichtig wie heute – führen doch Lebensraumzerstörung und Wilderei dazu, dass jeden Tag viele Tierarten für immer aussterben.

Freiewelt.net: „Vier Pfoten“ hat eine Umfrage in Auftrag gegeben, nach der mittlerweile zwei Drittel der Deutschen ein striktes Wildtierverbot im Circus befürworten. Stehen Sie mit Ihren Anliegen auf verlorenem Posten?

Dirk Candidus:  Meiner Ansicht nach sind solche Umfrageergebnisse die Folge einer suggestiven Fragestellung! Die langen Schlangen vor den Circuskassen und die vollen Sitzränge sprechen eine andere Sprache.

Freiewelt.net: Was können Zirkusfreunde aktiv tun, damit sie auch künftig Tiere im Zirkus erleben können?

Dirk Candidus:  Sie können sich dem Aktionsbündnis „Tiere gehören zum Circus“ anschließen. Das Aktionsbündnis schreibt die Bürgermeister von Städten an, in denen Circusse gastieren, und auch die lokalen Medien. Außerdem organisieren wir Demonstrationen an Circuseingängen und unterhalten eine Facebook-Seite. Das Aktionsbündnis gehört zur "Gesellschaft der Circusfreunde e. V.", die mittlerweile mehr als zweitausend Mitglieder in ganz Deutschland umfasst und jeden Monat eine weltweit anerkannte Fachzeitschrift herausgibt. Die Gesellschaft pflegt einen guten Kontakt zu renommierten Wissenschaftlern, die sich mit dem Thema „Tiere im Circus“ ausführlich beschäftigt haben. Neue Mitstreiter sind uns sehr willkommen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Doerte Roehl

Dieses Interview macht einfach nur sprachlos. Soviel Unwissen bzw. Ignoranz ist ja kaum mehr zu ertargen. Respekt für soviel Schwachsinn. Anders vermag ich es leider nicht auszudrücken.
Die langen Schlangen an den Kassen müssen es ja wissen - oder eben nicht! Tiere gehören NICHT in den Zirkus. Eine absolute Frechheit zu behaupten, dass ihnen genügend "Rechte" durch das Tierschutzgesetz zu Teil würden - einfach schlichtweg falsch. Schade, dass hier Raum für soviel Unsinn ermöglicht wurde. Mein absolutes Unverständnis.

Gravatar: MicroHirn

Das Prädikat der gesetzlichen Legalität befreit so schön vom eigenen Gewissen.
Man muß nur fest daran glauben, dass das, was man den Tieren antut, auch tiergerecht sei.

Gravatar: Veganista

Tierquälerei für Menschenbelustigung, NO GO

Gravatar: Uschi Klein

Unfassbar! Verkehrte Welt!
Lebenslange Freiheitstrafe ist die höchste Strafe, die unsere Gesellschaft für schwerste Verbrechen vorsieht. Was haben diese Tiere getan, dass man sie dermaßen behandelt? Mörder im Gefängnis werden zudem nicht misshandelt. Wie kann eine Zeitung so einen Schwachsinn drucken? Damit machen Sie sich mitschuldig am unsäglichem Tierleid. Ganz schlimm!

Gravatar: Daniel

Ein Tier hat ein Recht auf Freiheit und artgerechtes Leben in ihrer Heimat und dienen nicht zur Unterhaltung von Menschen. Dass Circusstiere es nicht anders kennen, als den gesamten Tag in einem kleinen Gehäge zu verbringen ist kein Argument. Es ist traurig, dass die Tiere nie ihre natürlichen Triebe ausleben können und stattdessen bei Lärm vor einer Menge Menschen Tricks vorzuführen.

Gravatar: Ein Gast

Seltsame Verdrehung der Tatsachen von Herrn Candidus.
Die Regierung nimmt in dieser Frage bislang eine leider sehr zurückhaltende Haltung ein.
Die Bundestierärztekammer (!) fordert seit über zehn Jahren schon ein Verbot von Wildtieren im Circus. Der saarländische Landtag hat letztes Jahr EINSTIMMIG für ein Verbot gestimmt.
In 16 EU Ländern sind Wildtiere schon verboten.
Die Mehrheit der Deutschen lehnt den CIrcus mit Wildtieren ab. Repräsentative Umfragen ergeben einen Wert von 62-75%.
Doch das logischste aller Argumente bleibt der gesunde Menschenverstand.
Eine Gesellschaft entwickelt sich kontinuierlich weiter - leider scheinen das einige Menschen zu verschlafen.
Das Verbot ist längst überfällig und wird auch kommen.
Freundlcihe Grüße
Ein GAst

Gravatar: Sabine Crook

Tut mir leid. Es ist mehr als rückständig heutzutage Wildtiere im Zirkus vorzuführen. Die armen Viecher werden alle paar Tage beengt in Lkws quer durch die Lande gekarrt um dann vor Ort irgend einen schwachhsinn vorzuführen. Was ist daran artgerecht zb Elefanten auf einen Hocker sich setzen zu zwingen? Oder nieder zu knieen? Das ist schlicht und einfach Tierqualerei! Nichts anderes! Und was für Elefanten zutrifft ist für Seelöwen genauso. Ein Elefant rennt zig km am Tag, ein Seelöwe schwimmt zig km tgl. Durchs Meer. Hier vegetieren die Tiere in winzigen Gehegen ihr Dasein.

Gravatar: Andreas Hoffmann

Ne das "Interview" ist ja jetzt nicht euer Ernst oder? Warum schenkt ihr den Zirkusleuten stattdessen nicht gleich ein paar Freianzeigen?! Was für eine lächerliche Propaganda, um die Tierquälerei im Zirkus zu übertünchen. Kritik der Bundestierärztekammer, tote Elefanten, Peitschen und Elefantenhaken, stundenlange Standzeiten auf den Transportern, all das wird totgeschwiegen.

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