Professor Friedrich Hofmann Professor für Infektionsschutz

"So gut wie kein Schutz" - Interview Prof. Hofmann

Professor Friedrich Hofmann ist Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz an der Bergischen Universität Wuppertal.  Hofmann ist seit 1995 Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) und seit 2007 ihr Vorsitzender.  FreieWelt.net sprach mit Professor Hofmann über das derzeit vieldiskutierte Thema Schweinegrippeimpfung.

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FreieWelt.net: Der Verlauf der Schweinegrippe wird in der Regel als „mild“ charakterisiert.  Wieso sollte sich jemand gegen eine milde Grippe impfen lassen?

Friedrich Hofmann: Weil uns der Erreger vermutlich während der nächsten Jahre begleiten wird und die Bevölkerung im Augenblick über so gut wie keinen Schutz gegen das Virus verfügt. Influenzaviren sind ungeheuer wandlungsfähig, und so ist es auch in diesem Fall nicht auszuschließen, dass mit der Zeit bösartigere Varianten entstehen. Im Jahre 1918 lag die Sterberate bis weit in den Herbst hinein bei weniger als 0,5 % - um dann plötzlich zu explodieren und bis zu 50 Millionen Opfer zu fordern.  

FreieWelt.net: Die Verwendung von zwei verschiedenen Impfstoffen, von denen einer vor allem bei Politkern und Beamten angewendet werden soll, hat zu großer Verunsicherung und viel Kritik geführt.  Wie unterscheiden sich die beiden Impfstoffe und wieso werden zwei unterschiedliche Stoffe verwendet?

Friedrich Hofmann: Angewendet werden ein Ganzkeimimpfstoff („Baxter“) und. ein Spaltimpfstoff („GSK“). Der Spaltimpfstoff enthält Adjuvanzien, die die Wirkung nicht nur verstärken, sondern wahrscheinlich verbreitern, d.h. auch die Abwehr von Viren, die nicht mehr ganz den heute zirkulierenden (sondern sich in Zukunft bildenden) entsprechen, wird möglich sein (ähnlich wie bei einem der Gebärmutterhalskrebsimpfstoffe, wo eine Immunantwort nicht nur in Bezug auf die im Impfstoff enthaltenen Virustypen erfolgt, sondern auch in Bezug auf ähnliche Viren). Über den Spaltimpfstoff liegen deutlich mehr Daten vor als über den Ganzkeimimpfstoff, der keine Adjuvanzien enthält. In der Vergangenheit hat sich übrigens gezeigt, dass Ganzkeimimpfstoffe häufig nebenwirkungsreicher sind als Spaltimpfstoffe. Im vorliegenden Fall geht es aber ohnehin nicht um Nebenwirkungen, sondern um Wirkungen.

Dass zwei verschiedene Impfstoffe eingesetzt werden, ist sicher eine Kuriosität, die damit zu tun haben könnte, dass der Bund zwar Gesetze (z.B. auch das Infektionsschutzgesetz) erlässt, die Ausführung des Infektionsschutzes jedoch Sache der Länder ist. Offensichtlich hatten Bund und Länder mit verschiedenen Herstellern verhandelt.

FreieWelt.net: Ist das Ausmaß der medialen Aufmerksamkeit, das die Schweinegrippe bekommt, berechtigt?

Friedrich Hofmann: Wäre das, was von Politikern und Ärzten zum Thema gesagt wird, im Durchschnitt vom Niveau her akzeptabel, wäre die Aufmerksamkeit berechtigt. So aber habe ich den Eindruck, dass mancher in die Debatte eingegriffen hat, einfach so dahergeredet hat, ohne sich zuvor eingehend über die Materie informiert zu haben – und bisweilen auch ohne darüber nachzudenken, was seine Worte (oder Wörter) für Konsequenzen nach sich ziehen können.

Über Prof. Hofmann beim Informationsdienst Wissenschaft

Prof. Friedrich Hofmanns Internetseite

Das Interview führte Fabian Heinzel

(Foto: Dieter Schütz/pixelio)

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