Interview mit dem Finanzexperten Bruno Bandulet über die Folgen der Corona-Krise

»Rückgang des Welthandels wird Deutschland hart treffen«

Die »Freie Welt« sprach mit dem Finanzexperten Bruno Bandulet über die Folgen der Corona-Krise. Er sieht Schwierigkeiten auf Deutschland zukommen. Angela Merkel habe die Krise unterschätzt.

Fotos: Bruno Bandulet und Pixabay
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Freie Welt: Haben Sie in Ihrer jahrzehntelangen Erfahrung als politischer Beobachter und Publizist schon einmal etwas mit der Corona-Krise Vergleichbares erlebt?

Bruno Bandulet:
Vergleichen kann man ja nur Dinge und Ereignisse, die nicht identisch sind. Anderenfalls sind Vergleiche sinnlos. Zum Beispiel kann man den gegenwärtigen Schock für die Weltwirtschaft mit der Ölkrise der siebziger Jahre vergleichen, als man auf deutschen Autobahnen spazierengehen konnte – nur ist der Ölpreis damals nicht zusammengebrochen, sondern explodiert. Den Aktiencrash 2020 kann man mit 2000 vergleichen oder auch mit 2008 – aber diesmal ging der Crash nicht vom Finanzmarkt aus. Epidemien gab es in den letzten Jahren mehrere – aber keine mit derartigen Auswirkungen. Nein, die Corona-Krise ist einmalig. Historisch einmalig sind auch die Maßnahmen der Regierungen und Notenbanken. Früher sind die Schulden nur in Kriegszeiten so massiv in so kurzer Zeit angestiegen.

Freie Welt:
Der große Gewinner der Corona-Krise in Deutschland ist die CDU/CSU. Vor dem Beginn der Krise befand sie sich im Stimmungstief und im Führungsstreit, jetzt klettert sie in Umfragen auf 38%. Wie erklären Sie diesen Zuspruch für die Union? Denken Sie, daß diese andauert?

Bruno Bandulet:
Die Zustimmung zur CSU in Bayern ist zuletzt sogar auf sensationelle 49% gestiegen. Ein Notstand ist immer die Stunde der Exekutive, nicht der Opposition. Und bei der CSU kommt hinzu, daß Söder ähnlich wie Kurz in Österreich Führungsstärke zeigt. Das imponiert den Leuten. Nach der Krise werden wieder andere Themen in den Fokus rücken.

Freie Welt:
Wie beurteilen Sie die Rolle von Angela Merkel? Sie scheint als Person zu den Hauptprofiteuren der Corona-Krise zu gehören.

Bruno Bandulet:
Sie hat die Risiken wochenlang ignoriert und wohl auch unterschätzt. Sie ist eine Meisterin des späten Reagierens und eher eine Wohlfühl-Kanzlerin. Das mögen die in der Mehrheit unpolitischen Deutschen. In der Krise hat sie bisher keine herausragende Rolle gespielt.

Freie Welt:
Ebenso in bundesweiten Umfragen sehen wir Spitzenwerte von über 90% für die Politik der Bundesregierung. Gibt das aus ihrer Sicht die Stimmung im Lande realistisch wieder? Halten Sie einen Stimmungsumschwung für wahrscheinlich?

Bruno Bandulet: Auch das ist natürlich nur eine Momentaufnahme. Es hängt davon ab, ob die Regierung erkennbare schwere Fehler macht. Die Spitzenwerte der Zustimmung werden aber so oder so wieder zurückgehen. Abgesehen davon müssen die Versäumnisse, die der Bundesregierung anzulasten sind, erst noch aufs Tapet kommen. Wenn Sie bedenken, daß schon 2012 in Berlin eine Risikoanalyse vorlag, die den Ablauf der jetzigen Krise mit unheimlicher Genauigkeit vorhersagte, dann stellt sich die Frage, warum keinerlei Konsequenzen daraus gezogen wurden. Deutschland war in keiner Weise vorbereitet. Wir hatten einfach Glück, daß die Epidemie glimpflicher verlief als in Italien und Spanien, bisher jedenfalls.

Freie Welt: Unterscheidet sich aus Ihrer Sicht die Reaktion der Deutschen auf Corona von der in anderen Länder, oder ist die Reaktion typisch für das, was wir auch in anderen Ländern sehen?

Bruno Bandulet:
Wenn Sie die Bevölkerung meinen, sehe ich keinen großen Unterschied. Was die Regierungen angeht, hat Wien entschlossener und kompetenter gehandelt als Berlin – wie übrigens schon in der Flüchtlingskrise 2015. Die Italiener haben einen hohen Preis dafür zahlen müssen, daß die Regierung das Gesundheitssystem heruntergewirtschaftet hat. Abgesehen davon denke ich schon, daß die Behörden in Deutschland auf der Ebene der Bundesländer effizienter arbeiten als die in Südeuropa.

Freie Welt:
Die Angst vor Corona überdeckt die bis dahin vorherrschende Klimahysterie. Sind Greta Thunberg und Fridays for Future jetzt Geschichte?

Bruno Bandulet: Das wäre zu wünschen, denn nichts ist lehrreicher als die Konfrontation mit echten Krisen und Gefahren. Der Greta-Komplex war nur möglich in einer saturierten, verwöhnten Gesellschaft, genauer in einem urbanen Milieu, das naturfern lebt und sich gleichzeitig umweltbewußt gibt. Selbstverständlich ist die Natur schützenswert. Das war schon immer ein konservatives Anliegen. Zum Beispiel hätte die Verschmutzung der Ozeane durch Plastik schon viel früher unterbunden werden müssen. Ja, die Pseudoprobleme werden an Bedeutung verlieren. Hinter der Klimapropaganda stehen gleichwohl mächtige Lobbys und Interessen. Die werden nicht locker lassen. Sie werden nach der Krise versuchen, die Hysterie wieder anzuheizen. Es geht schließlich um sehr viel Geld.

Freie Welt: Zur internationalen Politik: Hat die Corona-Krise einen Einfluß auf die Geopolitik und die internationalen Machtgewichte?

Bruno Bandulet: Ich denke, daß die Krise, die schon vorher bestehenden geopolitischen Trends bestätigt und verstärkt, nämlich den Aufstieg Chinas, den relativen Abstieg der USA als Weltmacht und die Ohnmacht der EU, deren Kommission ja nicht viel mehr ist als eine omnipotente Regulierungsbehörde. Übrigens fällt die Gesundheitspolitik nicht in die Zuständigkeit derEU-Kommission.

Freie Welt: Manche sehen in Donald Trump den Verlierer und in den Chinesen die großen Gewinner der Pandemie. Teilen Sie diese Einschätzung?

Bruno Bandulet: Naja, die Machthaber in Peking pflegen sehr geschickt das Narrativ, daß sie mit solchen Krisen besser fertig werden als die Demokratien. Das muß aber nicht so sein, vielleicht brauchen wir nur kompetentere Politiker. Donald Trump zählt nicht zu dieser seltenen Spezies. Er entscheidet aus dem Bauch, nicht mit dem Kopf. Seine Zustimmungswerte sind zuletzt wieder gesunken. Wenn die Demokraten einen starken Kandidaten präsentieren würden, und damit meine ich nicht Joe Biden, könnte er die Wahlen verlieren.

Freie Welt: Was ist mit der EU? Verschwindet sie als Akteur in der Krise in der Versenkung, oder kann sie noch mehr Macht an sich ziehen?

Bruno Bandulet:
Sie hat in der Krise an Legitimität verloren, ohne vorher viel davon besessen zu haben. Die maßgeblichen Akteure in Europa sind und bleiben die Nationalstaaten. In der Versenkung wird die EU deswegen nicht verschwinden. Dafür ist der Machtwille der europäischen Eliten zu groß. Sie haben ja schon begonnen, sehr viel Geld zu verteilen – ohne Rücksicht auf Streuverluste. Einen Diktator kann man stürzen, eine Bürokratie ist resistent. Man kann eigentlich nur austreten, wie es die Engländer getan haben.  Per saldo wird die EU nach der Krise schlechter dastehen als vor der Krise. Schon deswegen, weil mit Ursula von der Leyen eine schwache Figur an der Spitze steht. Die Spaltung zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West hat sich vertieft. Ich sehe keinen Grund, für die EU optimistisch zu sein.

Freie Welt: Zum Schluß: Wo wird Deutschland am Ende der Corona-Krise stehen?

Bruno Bandulet:
Der Rückgang des Welthandels wird den Exportweltmeister Deutschland hart treffen. Und die Vergemeinschaftung der Staatsschulden in der Eurozone wird durch das Gelddrucken der EZB, durch Target 2 und durch die Umwidmung des Stabilitätsmechanismus ESM Ausmaße annehmen wie nicht einmal am Höhepunkt der Eurokrise. Die Eurozone marschiert auf Kosten ihrer nördlichen Mitglieder in Richtung einer gigantischen Transferunion. Sie verabschiedet sich von der in den Verträgen begründeten Rechtsgemeinschaft. Was soll das Gerede von einem Marshallplan für Europa? Es gab keinen Krieg, nichts ist zerstört. Schulden allein garantieren keinen wirtschaftlichen Wiederaufstieg. In Deutschland sollte die Krise als Chance verstanden werden, Bürokratie abzubauen, die Steuern zu vereinfachen und zu senken, Wachstumskräfte freizusetzen. Die Politiker sollten einmal das Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre und seine Voraussetzungen studieren. Nur Marktwirtschaft bringt Wohlstand. Staatswirtschaft führt immer in die Stagnation, und eine europäische Schulden- und Transferunion zementiert den langfristigen Abstieg der EU.

Jüngste Buchveröffentlichung von Bruno Bandulet: „Dexit – Warum der Ausstieg Deutschlands aus dem Euro zwar schwierig, aber dennoch machbar und notwendig ist“, Rottenburg 2018.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hajo

Wer so kopflastig ist wie die Deutschen in Bezug auf ihre Ausfuhren und das schon seit Jahrzehnten muß sich nicht wundern wenn sie selbst das große Globalistendenken in sich tragen und dabei die eigene Heimat übersehen, die für sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr allzuviel bedeuted und allenfalls noch Erinnerungen an die Gründer weckt.

Wanderer zwischen den Welten fühlen sich in der Regel dort wohl, wo sie Gewinne machen können, während der Rest die Inländer abzockt und damit hat der Normalbürger keine Chance mehr sich dazwischen zu behaupten, denn seine Interessen werden nicht mehr abgedeckt und so verkommt er zur willfährigen Masse, was man ja an unserer schrumpfenden Erwerbs- Bürgerschaft erkennt, die noch bereit ist zu arbeiten und trotzdem immer kleiner wird und die Faulenzer und Staatsalimentäre im Amt und ohne tragen müssen, bis zum bitteren Ende.

Gravatar: asisi1

66% der Deutschen werden vom Staat, also von den Steuerzahlern, alimentiert. So lange hier das Geld noch aufs Konto kommt, ist denen alles egal. Kenne aus dem Sport-und Golfverein viele Lehrer und Beamte. Fragt man mal diese Leute über den Zustand, dann zucken sie nur mit den Schultern. Sie regen sich nur darüber auf, das ihre Pensionen auf 72% runter gegangen sind!
Diese Leute werden nie jemanden wählen, der auch nur ein paar Dinge verändern wollte!

Gravatar: Karl Napp

Es wäre nicht das erste Mal, daß sich ein "Experte" und "Publizist", der noch nie in der freien Wirtschaft gearbeitet hat, hinsichtlich der Weiterentwicklung der Wirtschaft irrt. Gottseidank!

Gravatar: Alfred

Der Welthandel birgt ein großes Umweltrisiko. Deutschland als Exportweltmeister wird dabei die größten Probleme bekommen.
Der Rückgang des WH schadet den Großinvestoren und der deutschen "Überbevölkerung". Daraus kann ein gewaltiges soziales Problem erwachsen.
Lt. der STASI-Oma schaffen wir das und sind gut aufgestellt. Na, da sind wir aber gespannt.

Gravatar: Schnully

Der Rückgang wird ALLE treffen nicht nur Deutschland
Mir sind das langsam zu viele Spezialisten .Ich denke dabei auch an unsere Gesundheitsexperten ,andere Finanzexperten ,sich wiedersprechende Virologen und natürlich die Bild dir unser Meinung .
Rückgang des Welthandels bedeutet nichts anderes das wir wieder viel in Eigenregie herstellen sollten und jetzt endlich Arbeit für die vielen Flüchtlinge haben , wenn nicht wieder die ROT- Grünen querschießen . Als (Finanzexperte ) sehe ich Ihn eher nicht , sondern als Politiloge, der bekanntes in seinem Sinne weitererzählt und denkt was sich ändern könnte,es aber natürlich nicht wissen kann .
Der Billiglohnsektor lebt in Deutschland schon viele Jahre ,statt Maschinen zu Exportieren aus China zu importieren und deren Erzeugnisse durch Billiglohnarbeiter abzunehmen , sollten diese Erzeunisse bei uns hergestellt werden, vielleicht halten sie dann auch etwas länger

Gravatar: Magnus

Ex STASI -

Diese unsägliche Frau und ihre nützlichen Idioten schaffen uns und unser ganzes Land. Sie werden ein Schlachtfeld hinterlassen!
Der Wahnsinn hat Methode!

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... »Rückgang des Welthandels wird Deutschland hart treffen« ...

Liegt das nicht schon deshalb im absoluten Interesse unser(?) aller(?) Heißgeliebten(?), weil sie damit die Politik begründen kann
https://www.youtube.com/watch?v=Vy-VuSRoNPQ&feature=youtu.be,
für welche sie einst als Kanzlerin antrat
https://antaios.de/antaios-liefert-jedes-buch/35884/geplanter-untergang-wie-merkel-und-ihre-macher-deutschland-zerstoeren
- wobei das drohende Aus von ca. 70.000 deutschen Gastronomiebetrieben eine willkommene Begleiterscheinung sind???

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