Prinz Asfa-Wossen Asserate Autor und Afrikaspezialist

Prinz Asfa-Wossen Asserate: „Afrika hat viel zu bieten"

„Die große Entdeckung von Afrika als ein deutsches Investitionsgebiet ist noch nicht vollzogen“.  Das sagt einer, der weiß wovon er spricht.  Der Schriftsteller, Publizist und Afrikaspezialist  Prinz Asfa-Wossen Asserate ist seit 1983 als Unternehmensberater tätig und sieht sich dabei in erster Linie als Türöffner zwischen Deutschland und Afrika.

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Die Idee kam ihm, als er zu Beginn der 1980er Jahre, damals noch Pressesprecher der Düsseldorfer Messe, feststellen musste, wie schwierig es für deutsche Mittelständler war, neue Märkte auf dem schwarzen Kontinent zu erschließen.  Schon zu diesem Zeitpunkt dominierten die Horrormeldungen.  Afrika wurde in erster Linie mit Armut, Hunger und Bürgerkrieg in Verbindung gebracht.

Zeit der Diktatoren

Innerhalb weniger Jahrzehnte hatte sich die Lage dramatisch verschlechtert.  „Wer glaubt mir, dass im Jahre 1967 das Bruttonationalprodukt des Staates Ghana genauso hoch war, wie das des Staates Südkorea?“ fragt Asserate.  Doch gerade in den letzten Jahren sieht er wieder positive Entwicklungen.  Ghana und Botswana beispielsweise sind aufstrebende Demokratien und auch das bis ins 21. Jahrhundert hinein vom Krieg zerrüttete Angola entwickelt sich immer besser.  

Was aber war vorher passiert?  Wie war es dazu gekommen, dass der – gemessen an seinen Bodenschätzen – reichste aller Kontinente zu einem Synonym für Armut geworden war?  Asfa-Wossen Asserate sieht die Hauptschuld bei den Diktatoren, die lange Zeit die afrikanische Politik dominierten:  Mengistu Haile Mariam in Äthiopien, Samuel Doe in Liberia, Idi Amin in Uganda und so viele mehr, deren Regierungen nichts als Unheil anrichteten.  „Afrika hat sich bis zum heutigen Tage nicht davon erholt“, betont er.  

Blick nach vorn

Jetzt aber will Dr. Asserate vorwärts blicken.  „Afrika hat viel zu bieten“.  Seine Heimat Äthiopien  zum Beispiel wäre theoretisch in der Lage nicht nur sich selbst, sondern den ganzen afrikanischen Kontinent zu ernähren.  Die Reserven sind immens:  Nur 22 Prozent der potentiell landwirtschaftlich nutzbaren Fläche von Äthiopien stehen unter dem Pflug. Wieso aber bleibt dieses gewaltige Potenzial ungenutzt?

„Wir brauchen eine Politik, in der der Bauer das Land, das er bebaut, auch besitzt“, so Asserate, „Solange der afrikanische Bauer nicht im Stande ist, Landbesitz zu haben, wird es an Initiative fehlen.  Derzeit besitzt in Äthiopien noch der Staat das Land und die Bauern haben keinen Grund, mehr als eine Subsistenzwirtschaft zu betreiben“.  Die Angst vieler afrikanischer Regierungen, landbesitzende Bauern könnten nach einer schlechten Ernte massenweise ihr Land verkaufen und in die Städte einziehen, hält er für unberechtigt.  „Wir sind alle vergängliche Wesen, doch das Land ist ewig.  Auch der Bauer möchte ein Teil dieser Unvergänglichkeit sein und davon etwas an seine Kinder weitergeben“.

Eine andere Entwicklungshilfe

Um diese Ziele zu erreichen, ist Asfa-Wossen Asserate auch die Hilfe der Industriestaaten willkommen.  Allerdings möchte er eine andere Entwicklungshilfe:  „Keine Budgethilfe, nur zielgerichtete Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen und einzelne Projekte, bei denen sich der Geldfluss bis zum letzten Cent zurück verfolgen lässt.“  Auch müsse die so genannte Realpolitik gegenüber Afrika ein Ende haben.  Gemeinsam müssten die europäischen Staaten eine Politik betreiben, in deren Rahmen sie keine Gewaltherrscher mehr tolerieren.  „Was nützt es, wenn Deutschland mit einem Diktator keine Geschäfte mehr macht, nur damit Frankreich die Lücke füllt?  Das Vorgehen muss gemeinsam sein.“  Asfa-Wossen Asserate will, dass es nie wieder eine Afrikapolitik wie zu Zeiten des Kalten Krieges mehr geben kann, die Henry Kissinger bezüglich der damaligen Diktatoren noch mit dem Satz „Ich weiß, das sind alles Hurensöhne, aber es sind unsere Hurensöhne“, kommentieren konnte. „Es gibt so etwas wie universale Werte, die eingehalten werden müssen“, stellt Asfa Wossen Asserate klar.

Öffnung der Märkte

Doch nicht nur die Situation der Menschenrechte, auch die wirtschaftliche Lage macht ihm nach wie vor Sorgen.  Er hofft auf eine gegenseitige Öffnung der Märkte.  „Wenn die Afrikaner ihre Märkte öffnen und die Europäer ihrerseits ihre Märkte für afrikanische Produkte öffnen, würde allein dadurch eine Summe, die der aktuellen Entwicklungshilfe entspricht, nach Afrika fließen.  Für eine neue Form des Wirtschaftens in Afrika hat er ein besonderes Vorbild im Auge:  „Vielleicht ist das größte Geschenk, das die Bundesrepublik Deutschland der Menschheit gegeben hat, die Idee der Sozialen Marktwirtschaft.“ Er weiß, dass nicht alle so denken wie er.  „Wir müssen uns hüten vor den falschen Propheten, die wieder anfangen, Marx zu predigen“.  

Nicht nur für eine deutsche Idee, auch für deutsche Firmen sieht Asserate in Afrika viel Potenzial.  Viele Afrikaner würden gerne die französischen und britischen Monopole brechen und mit Deutschland Geschäfte machen.  Zudem könnte Deutschland als wichtiges Geberland den Demokratiesierungsprozess unterstützen.

Rolle der Medien

Verantwortung für die Zukunft Afrikas sieht Asfa-Wossen Asserate darüber hinaus bei den Medien.  „Man muss auch über die guten Nachrichten, über die Erfolge sprechen, auch Länder wie Botswana und Ghana zeigen“.  Einen weiteren wichtigen Schritt sieht er darin, dass die Afrikaner das Konzept des Wortes Gegner, das in afrikanischen Sprachen nicht existiert, verstehen lernen.  In Afrika wird nach wie vor zwischen Freund und Feind, aber nicht zwischen Feind und Gegner unterschieden.  „Wir müssen lernen, den Gegner als Mensch zu respektieren“.  In Asserates Augen ist die Gegnerschaft eine der großen Errungenschaften der europäischen Zivilisation.

Sie ist einer jener Aspekte, mit denen er sich auch in seinem Buch „Manieren“ auseinander gesetzt hat.  Es geht ihm dabei nicht um die Aufstellung von Verhaltensbefehlen, sondern um die Verehrung zivilisatorischer Werte und Tugenden.  „Ich bin der Meinung, dass sie Deutschland gut getan haben“.  Er wünscht sich daher, einige dieser Tugenden, wie der Respekt, vor allem gegenüber anderen und der Versuch, nicht selbst, sondern den anderen in den Vordergrund zu stellen, wieder stärker Beachtung finden würden.  In dem christlichen Grundsatz „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ und dem Grundgesetzartikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ sieht er diese Werte gut ausgedrückt.

Das Gespräch mit Dr. Asfa-Wossen Asserate führte Fabian Heinzel

(Foto: Asfa-Wossen Asserate/Quelle: Gaby Gerster)

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