Die Macht hinter den Linken in Latein-Amerika

Interview mit Fernando Saieh: Wie das »Foro de Sao Paulo« die internationale Politik beeinflusst

Die »Foro de Sao Paulo« ist eine Organisation und Konferenz von linken politischen Parteien und vergleichbaren Organisationen in Latein-Amerika. Sie beeinflusst seit drei Jahrzehnten massiv die politischen Entwicklungen.

Foto: Lula da Silva, Screeshot YouTube
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Freie Welt: Herr Saieh, die »Foro de Sao Paulo« ist eine Organisation und Konferenz von linken politischen Parteien und vergleichbaren Organisationen in Latein-Amerika und der Karibik. Wer hat sie gegründet und was war ihre ursprüngliche Aufgabe? Was ist deren Weltsicht?


Saieh: Die »Foro of Sao Paulo (FSP)« ist eine supranationale Organisation, die hauptsächlich von dem kubanischen Regime Ende der 1980er Jahre auf den Weg gebracht wurde – als alternative Überlebensstrategie, über den Weg in das demokratische System, nachdem in Berlin die Mauer gefallen war. Besonders in den frühen 1990er Jahren, als die Sowjetunion in sich zusammenfiel, hat sie ihre Bestimmung gefunden.


Offiziell gegründet wurde sie in Brasilien von der »Partido de los Trabajadores« (Arbeiterpartei). Ihr Hauptanführer war – und ist immer noch – Lula Da Silva, der ehemalige Präsident Brasiliens. Dieser hat sich vorgenommen, wieder für das Präsidentenamt zu kandidieren. Aber weil er juristisch bereits wegen Korruption verurteilt war, werden wir in den nächsten Wochen erfahren, ob er tatsächlich Kandidat sein wird oder ob er vielmehr nach dem Urteil des höchsten Gerichtes eine Strafe antreten muss.

 

Also für die letzten Jahrzehnte kann mit Sicherheit gesagt werden, dass die FSP als kontinental übergreifende Organisation die wichtigen politischen Parteien und Organisationen der Linken in dieser Region vereint. Ihr Hauptziel ist es, sowohl geopolitischen als auch regionalen Einfluss zu gewinnen. Die Demokratie wird quasi als Mittel zum Zweck der Revolution benutzt. Sie operieren, indem sie die politische Architektur dieser Länder ausnutzen, seien es institutionelle oder nicht-institutionelle, wie die NGOs, um ihre Agenda umzusetzen, die unabhängig von den speziellen Interessen der jeweiligen Länder verwirklicht wird.


Freie Welt: Und was für Einfluss hatte sie bereits auf die Politik in Latein-Amerika?


Saieh: Der Haupteinfluss kann über all diese Jahre zurückverfolgt werden, wann immer eine Agenda umzusetzen versucht wurde – an der jeweiligen Spitze durch politische Anführer wie

Lula Da Silva (Brasilien), Evo Morales (Bolivien), Nestor Kirchner und seine Witwe Cristina Fernandez de Kirchner (Argentinien), Rafael Correa (Equador), Hugo Chavez und Nicolas Maduro (Venezuela), Dilma Rousseff (Brasilien), Fernando Lugo (Paraguay), Jose Mujica (Uruguay) und viele andere Spitzenpolitiker. Sie alle haben die Institutionen und die politische Architektur ihrer Länder ausgenutzt, um eine »Revolution im Sinne einer grundlegenden Transformation der Gesellschaft, die erreicht werden soll, indem die Demokratie neu erschaffen wird« durchzusetzen. So ist es beispielsweise kein Zufall, dass die meisten dieser Staaten ihre politischen Institutionen verändert haben (siehe zum Beispiel Venezuela, 1999 – Ecuador, 2008 – Bolivia, 2009 – Nicaragua, 2014).


In einer Art und Weise des politischen Umgangstons hört man sehr oft vorgefertigte Phrasen, die darauf abzielen, eine neue Art des politischen Diskurses zu formen, wie zum Beispiel das Ersetzen des bekannten Begriffes »Klassenkampf«( »class struggle«) durch den neuen Begriff »Sozialkämpfe« (»social struggles«). Und dies nicht nur in den Medien, sondern auch durch die Einflussnahme auf und Kontrolle der Bürgerbewegungen, die für sich in Anspruch nehmen, für »soziale Rechte« (»social rights«) zu kämpfen. Das ist die fundamentale Rolle der NGOs als politisches Instrument an der Frontlinie. Eine »soft power«-Maschine von ausländischen Interessen, geschaffen und kreiert von einer kleinen Minderheit, um politische Unruhe zu stiften und zu lobbyieren, unterwandert formelle demokratische Prinzipien.


Freie Welt: Ist die »Foro de Sao Paulo« nur in Süd- und Mittelamerika aktiv, oder auch in anderen Regionen der Welt? Wie steht es mit ihrem Einfluss in Europa?


Saieh: So wie es aussieht hat die FSO sehr gute Beziehungen zur Linken in Europa. Nur ein Beispiel: Jean-Luc Mélenchon, der ehemalige linke Präsidentschaftskandidat bei den vergangenen Wahlen in Frankreich, erklärte in seinem Präsidentschaftsprogramm, dass er Frankreich in kooperative Allianzen einbetten wolle, wie die ALBA (Venezuela, Kuba, Bolivien, Nicaragua and andere Staaten der Karibik), um eine Art »alliance bolivarienne« zu schaffen.

 

Freie Welt: Was denken Sie: Hat der »Foro de Sao Paolo« Einfluss auf die aktuelle Politik von Papst Franziskus? War er in einige Aktivitäten der »Foro de Sao Paolo« involviert? Gibt es dort Verbindungen?


Saieh: Ich weiß es wirklich nicht, ob der FSP Papst Franziskus beeinflusst hat. Im Gegenteil: Es kann sogar angenommen werden, dass es gewisse Unterschiede zwischen ihm und der lateinamerikanischen Linken gibt. In der Vergangenheit, bevor er Papst wurde, hatte er als Kardinal keine guten Beziehungen mit der ehemaligen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner gehabt. Nichtsdestotrotz gibt es eine deutliche Neigung des Papstes zur globalistischen Agenda. Hier könnte eine Erklärung dafür gefunden werden, warum es so wenige Bürger gab, die bei seinen Massenversammlungen während seines Besuches in Chile geholfen haben.


Freie Welt: Vielen Dank für das Interview, Herr Saieh.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Wenn man sich den Großgrundbesitz aus der Kolonialzeit anschaut und den schamlosen Reichtum der südamerikanischen Nomenklaturen dann kommt man schnell zum Ergebnis dass diese Systeme den Kapitalismus stark gefährden. Privatflugzeuge statt Schulen mit der Folge von Überbevölkerung führt ins Chaos.

Gravatar: Thomas Waibel

Noch eine NGO, die sich für den Sieg des Kommunismus in Lateinamerika starkt macht, ist die Truppe von Bergoglio.

Bergoglio hatte Streit mit der sozialistischen Präsidentin Argentiniens, weil für ihn ihre Politik nicht links genug war.

Gravatar: Bergmann

Interessantes Interview. Danke!

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