Georg Schmid CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag

Interview: Georg Schmid (CSU) zum Länderfinanzausgleich

Wie Freiewelt.net berichtete, zahlen nur noch drei Länder in den Länderfinanzausgleich ein, während 13 Länder von dem Umverteilungsmechanismus profitieren. Die Geberländer Bayern und Hessen wollen dieses Missverhältnis nicht länger hinnehmen und ziehen vor das Verfassungsgericht. Freiewelt.net spricht mit dem CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag, Georg Schmid, über Inhalt und Erfolgsaussichten der Klage.

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Freiewelt.net Bayern und Hessen wollen gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Was wird der Inhalt der Klage sein?

Schmid: Bayern und Hessen sind nicht mehr bereit, die Zeche für eine falsche Politik in anderen Ländern zu zahlen. Es kann nicht sein, dass Länder wie Berlin oder Nordrhein-Westfalen Schulden machen, um Wohltaten zu verteilen, weil sie von uns das Geld dafür bekommen. Dieses System ist ungerecht und unserer Meinung nach verfassungswidrig. Wir sind bereit, den Schwächeren zu helfen, aber unsere Schmerzgrenze ist jetzt erreicht. In den letzten Jahren sind unsere Zahlungen an den Länderfinanzausgleich ständig gestiegen. Wir haben mal bei 33 Millionen angefangen. Jetzt zahlen wir fast vier Milliarden. So kann es nicht weitergehen.

Freiewelt.net: Wie begründen die Länder ihre Forderung?

Schmid: Das System setzt die falschen Anreize. Warum sollte sich ein Land anstrengen, wenn jährliche Zahlungen garantiert sind? Warum sollte sich ein Land um mehr Einnahmen bemühen, wenn es dadurch aus dem Länderfinanzausgleich weniger Geld bekommt? Kein Land verzichtet freiwillig auf finanzielle Hilfen. In diesem System wird Faulheit belohnt und Anstrengung bestraft. Das ist mit uns nicht mehr zu machen.

Freiewelt.net: Der Länderfinanzausgleich ist fast so alt wie die Bundesrepublik. Warum klagt Bayern erst jetzt?

Schmid: Bayern klagt nicht zum ersten Mal. Auch auf unsere Initiative hin hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung Ende 1999 Änderungen zu Gunsten Bayerns ermöglicht. Die nach intensiven Verhandlungen als Kompromiss beschlossenen Neuregelungen sind 2005 in Kraft getreten. Damals hatten fünf Zahlerländer mit etwa 50 Mio. Einwohnern Ausgleichsleistungen an elf Empfänger mit rund 30 Mio. Einwohnern zu erbringen.

Wir haben jetzt eine andere Situation. Bayern zahlt inzwischen die Hälfte des Länderfinanzausgleichs. 13 Bundesländer empfangen finanzielle Hilfen. Ca. 3,3 Milliarden gehen davon an Berlin. Wir können der bayerischen Bevölkerung nicht mehr vermitteln, dass wir solidarisch sein müssen mit Ländern, die Wohltaten verteilen und bei einem Großprojekt wie dem Berliner Flughafen aus Unfähigkeit Milliarden versenken. Gleichzeitig verlangen wir von unserer Bevölkerung, dass sie sich anstrengt und müssen erklären, dass wir gewisse Wünsche nicht erfüllen können. Das passt nicht mehr zusammen.

Freiewelt.net: Bayern war selbst Nehmerland. Ist die Klage undankbar?

Schmid: Das Argument, Bayern habe jahrelang Hilfen empfangen und ist jetzt nicht bereit, solidarisch zu sein, ist falsch. Richtig ist: Bayern hat seit 1950 bis Anfang der 90er Jahre insgesamt 3,4 Milliarden Euro erhalten. Dafür sind wir natürlich dankbar. Wir haben diese finanziellen Hilfen aber im Gegensatz zu allen anderen Nehmerländern so eingesetzt, dass wir heute besser dastehen. Bayern und seine leistungsfähigen Bürgerinnen und Bürger haben sich hochgearbeitet. Wir sind vom Nehmer- zum Geberland geworden. Inzwischen hat Bayern seit den 90er Jahren über 42 Milliarden in den Länderfinanzausgleich einbezahlt. Ich finde, so sieht echte Dankbarkeit aus.

Freiewelt.net: Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Klage?

Schmid: Unsere Chancen auf einen Erfolg der Klage sind sehr gut. Sonst würden wir das Bundesverfassungsgericht nicht anrufen. Entscheidend ist die Frage: Warum soll ein Bremer oder ein Berliner mehr wert sein als ein Bayer? Die Bürgerinnen und Bürger der Stadtstaaten werden höher gewichtet als die der Flächenstaaten. Deshalb bekommen sie mehr Geld. Das ist eine Ungerechtigkeit, die wir nicht länger hinnehmen und die das Bundesverfassungsgericht erkennen wird.

Freiewelt.net: Was werden die nächsten Schritte Bayerns sein, falls die Klage nicht zu Erfolg führt?

Schmid: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Klage erfolgreich sein wird. Bis 2014 wird das Urteil erwartet. Dann wird neu verhandelt. Bayern wird sich dabei nicht verschaukeln lassen. Wir sind weiterhin solidarisch, aber die anderen Länder müssen ihre Hausaufgaben machen.

Freiewelt.net: Wir danken Ihnen herzlich für das Interview.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Robin Hood

Nein Herr Schmid, Sie können das wirklich nicht mehr vermitteln, Sie hätten nicht im Glaskasten sitzen dürfen.
Kleiner Mann was nun ?

Gravatar: Knurrhahn

"Wir können der bayerischen Bevölkerung nicht mehr vermitteln,dass wir solidarisch sein müssen mit Ländern......., die aus Unfähigkeit Milliarden versenken."
Er hat ja vollkommen Recht.
Nur dass gerade er so etwas nicht so vollmundig verkünden sollte. Einer der beteiligt war am Desaster der BayernLB, wobei ebenfalls Milliarden versenkt wurden, sollte nicht so nassforsch von Unfähigkeit bei anderen reden. Das sollte er lieber Parteifreunden überlassen, die nicht derart belastet sind. Aber er hat eben wenig politisches Gespür und Talent, oder ist einfach unverschämt und meint, der Wähler hat sowieso alles schon wieder vergessen.

Gravatar: H.v.Tronje

Wann kommt die Klage denn nun endlich? Und was machen die Bayern und Hessen, wenn das BVerfG die Klagen noch vor der Landtagswahl für unzulässig erklärt? (S. NPD)

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