Hedwig von Beverfoerde Sprecherin Initiative Familienschutz

Hedwig Beverfoerde: Familienfaires Sozial-Bewußtsein deutlich gestärkt

Hedwig Freifrau von Beverfoerde ist Sprecherin der Initiative Familienschutz. Im Gespräch mit FreieWelt.net zieht sie eine Zwischen-Bilanz der Aktion "Familienfaire Sozialreform anpacken“ auf AbgeordnetenCheck.de

Veröffentlicht:
von

FreieWelt.net: Die Initiative Familienschutz hat vor zwei Monaten die große Aktion „Familienfaire Sozialreform anpacken“ auf AbgeordnetenCheck.de gestartet. Welche Zwischenbilanz können Sie ziehen?

Hedwig von Beverfoerde: Die Aktion ist sehr erfolgreich. Die Beteiligung der Bürger auf AbgeordnetenCheck.de ist so hoch wie nie zuvor. Über 30 000 Emails wurden bisher an die Bundestags-Abgeordneten versendet. Tausende von Bürgern haben bereits mitgemacht. Über zwei Monate hinweg wurden die Volksvertreter massiv mit dem Willen der Bürger konfrontiert. Das hat seine Wirkung nicht verfehlt. Bis zum heutigen Tag haben sich bereits 70 Abgeordnete im Sinne unserer Initiativen-Forderung ausgesprochen.

FreieWelt.net: Was genau sind die Forderungen der Initiative?

Hedwig von Beverfoerde: Die Initiative fordert ein Sozialsystem, das erziehenden Eltern weniger Mittel entzieht als bisher und gleichzeitig mehr für diese leistet, vor allem in der Rente. Dies haben wir so formuliert: "eine deutlich stärkere Anerkennung von Erziehungsleistung (generativer Beitrag) bei der Höhe der Auszahlung der Renten sowie eine an der Zahl der Kinder orientierte Entlastung der Eltern bei der Höhe der Einzahlungen in die sozialen Sicherungssysteme". Diese Formulierung ist bewußt offen gewählt. Wie die Regelungen im Detail ausgestaltet werden, können und wollen wir natürlich nicht vorgeben. Allerdings präsentieren wir durchaus auch konkrete Vorschläge und lassen eine Reihe von Sozialrechts-Experten zu diesem Thema zu Wort kommen.

FreieWelt.net: Wie reagieren die Abgeordneten auf die Forderungen?

Hedwig von Beverfoerde: Das ist sehr spannend. Wir haben zuerst alle Bundestags-Abgeordneten schriftlich zur familienfairen Sozialreform befragt. Der Rücklauf war zunächst bescheiden. Dies änderte sich allerdings rasch, nachdem wir die Initiative im Internet auf AbgeordnetenCheck.de geschaltet hatten und Tausende Bürger damit begannen, sich per E-Mail unserer Initiativen-Forderung anzuschließen. Nach knapp zwei Wochen hatte die Initiativen-Forderung aus allen im Bundestag vertretenen Parteien außer der FDP Unterstützer gefunden.

FreieWelt.net: Aus welchen Parteien bekommen Sie besonders viel Zustimmung?

Hedwig von Beverfoerde: Anfangs war die Zustimmung aus der CDU besonders stark, während sich die CSU auffallend zurückhielt. Dabei war es gerade die CSU mit der bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer, die die Forderung nach einer familiengerechten Sozialreform und einem „doppelten Rentenbonus“ für Eltern ursprünglich in die öffentliche Debatte gebracht hatte. Haderthauer hatte auch angekündigt, daß die CSU diesen Vorschlag von Bayern aus im Bund einbringen wolle. Deshalb haben wir mit einer gezielten E-Mail-Welle die CSU „aufgeweckt“. Tatsächlich brachten Tausende Emailanfragen aus ganz Deutschland die CSU-Meinungsführer nach langem Zögern dazu, ihren Einsatz für eine familienfaire Sozialreform öffentlich noch einmal deutlich zu bekräftigen.

FreieWelt.net: Für Familienfragen ist Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zuständig. Wie hat die Ministerin auf die Initiative reagiert?

Hedwig von Beverfoerde: Der massive Ansturm von Bürgeranfragen veranlaßte Familienministerin Schröder diesmal schneller als bei früheren Initiativen zu einer Reaktion. Über eine Mitarbeiterin ließ sie ausrichten, daß die bestehenden Nachteile von Eltern gegenüber Kinderlosen nach dem Willen der Bundesregierung auf der Leistungsseite ausgeglichen werden sollen, also bei der Auszahlung der Renten. Die Bundesregierung prüfe entsprechend des Koalitionsvertrages, wie Erziehungsleistungen dort „im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten“ noch besser berücksichtigt werden können. Mit dieser – allerdings sehr zurückhaltenden - Erklärung entsprach Frau Schröder zumindest einer Teilforderung unserer Initiative.

FreieWelt.net: Und wie sieht es mit der geforderten Beitragsentlastung für Familien aus?

Hedwig von Beverfoerde: Eine Entlastung von Eltern bei den Beiträgen zur Rente hält Frau Schröder nicht für angezeigt, obwohl dies „grundsätzlich möglich“ wäre. Zu Entlastungen bei Kranken- und Pflegeversicherung äußerte sie sich überhaupt nicht. Dabei kommt es doch gerade darauf an, Eltern in der familienaktiven Phase von überhöhten Sozialabgaben zu entlasten, wo sie jeden Cent für ihre Familie brauchen.

FreieWelt.net: Die Union befindet sich in einer Koalition mit der FDP. Wie stehen die Liberalen zur Beitrags-Entlastung?

Hedwig von Beverfoerde: Die Liberalen haben sehr lange gebraucht, bis sie sich überhaupt zur Initiativen-Forderung geäußert haben. Nach Auskunft ihrer familienpolitischen Sprecherin Miriam Gruß will die FDP, daß "die Anerkennung von Familienarbeit zunehmend der Erwerbsarbeit angeglichen“ wird. Frauen und Männer dürften wegen ihrer Erziehungs- und Familienarbeit "nicht diskriminiert" werden. Konkreter wurden die Liberalen nicht.

FreieWelt.net: Bereits jetzt werden Erziehungszeiten in der Rente anerkannt. Reicht das nicht aus?

Hedwig von Beverfoerde: Von vielen Politikern wird das so dargestellt, insbesondere von Politikern der SPD, der Grünen und der Linken. Die SPD erklärte in einer von der Fraktion vorgegebenen Standard-Antwort wörtlich: „Kindererziehende erhalten also bereits ein "Mehr" an Leistungen gegenüber Kinderlosen, was wir befürworten.“ Dies klingt tatsächlich so, als hielte die SPD die bestehenden Regelungen für ausreichend. Die Grünen erklären die bestehende Anerkennung der Kindererziehungszeiten in der Rente für „schon recht ausgeprägt“. Damit signalisieren die Grünen deutlich, daß die Bereitschaft zur familienfairen Sozialreform bei ihnen insgesamt am schwächsten ausgeprägt ist. Bei den Grünen finden sich deshalb auch die meisten Blockierer der Initiativen-Forderung.

In Wahrheit reichen die bestehenden Regelungen bei weitem nicht aus. Eine Mutter müßte mindestens 21 Kinder bekommen und aufziehen, um daraus eine Rente zu erhalten, von der sie menschenwürdig leben könnte. Von einer auch nur annähernd gleichwertigen Anerkennung des sogenannten „generativen Beitrags“ der Kindererziehung sind wir noch sehr weit entfernt. Zudem gibt es weder in der Pflege- noch in der Krankenversicherung, geschweige denn in der Rente eine Beitragsreduzierung nach Kinderzahl. Deshalb werden gerade kinderreiche Familien in unserem Sozialsystem zu Verlierern.

FreieWelt.net: Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem bisherigen Verlauf der Aktion „Familienfaire Sozialreform anpacken“?

Hedwig von Beverfoerde: Durch unsere Initiative wird das familienfaire Sozial-Bewußtsein in Gesellschaft und Politik deutlich gestärkt. Die Erklärung der Bundesfamilienministerin und die Stellungnahme der CSU-Landesgruppe im Bundestag sind wichtige Teilerfolge unserer Initiative. Auf dem Karlsruher Parteitag der CDU hat die rheinland-pfälzische CDU-Spitze einen Initiativ-Antrag eingebracht, der die Staffelung der Beitragssätze in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung nach der Anzahl der Kinder fordert. Wir verfolgen all diese Ansätze sehr aufmerksam, werden uns damit aber nicht zufrieden geben. Denn dies ist erst der Anfang. Wir werden die Aktion auf AbgeordnetenCheck.de fortführen und mit weiteren Aktionen vertiefen, so lange, bis konkrete Schritte zur Umsetzung eines familiengerechteren Sozialsystems erfolgen.

Das Interview führte Christoph Kramer

Foto: FreieWelt.net

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Kiebitz

Eine bessere Anerkennung der Erziehungsleistung bei der Rente ist sicher wichtig. Es reicht aber nicht, da Eltern vor allem während der Kindererziehug finanziell belastet sind. Eine Minderung bei den Sozialbeiträgen wäre ein Weg. Aber das würde kinderreichen Familien Alleinerziehenden, studentischen Eltern, Geringverdienern und Arbeitslosen wenig oder gar nichts nutzen. Wäre es nicht besser, die Erziehungsleistung direkt zu honorieren und ein bedingungsloses Grundeinkommen für Kinder einzuführen? Das würde dann der Arbeitsleistung der Eltern und den Sachkosten der Kinder besser gerecht.

Gravatar: Susanne

Wenn ich mir die Antworten der etwa 30 Abgeordneten für eine familienfaire Sozialreform so anschaue, liegt noch ein langer und steiniger Weg vor Familienschutz. Da kommt die Halbtagskrippe und Ganztagsschule schon eher. Dort geht das Geld hin. Dies zu verhinder, wäre eine Initiative wert.

Gravatar: Freigeist

Dann kommt endlich die flächendeckende Ganztagsschule. Ja, Familien entlasten vom Schulstress der Kinder.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang