Interview Jacob Rees-Mogg

»Es passt einfach nicht zu unserer Geschichte«

Im Freiewelt.net-Interview spricht Jacob Rees-Mogg über seine Conservative Party, die UKIP, die EU und die größten Unterschiede zwischen dem Vereinigten Königreich und Kontinentaleuropa.

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Jacob Rees-Mogg ist Abgeordneter der Conservative Party im britischen Unterhaus. Kürzlich hielt er dort eine Rede, in der er die EU-Politik seiner eigenen Regierung angriff. FreieWelt.net sprach mit ihm über Die EU-Wahl und über die englische Sicht Europas.

FreieWelt.net: Sie sind dafür bekannt, Euroskeptiker zu sein. Ist die Konservative Partei für Sie wirklich die richtige Partei?

Jacob Rees-Mogg: Ja, ich denke, das ist sie. Die Konservative Partei wurde in den letzten zwanzig Jahren immer euroskeptische. Und hier geht es ja um eine grundlegende Frage der Demokratie. Wenn einer wählen geht, muss er die Möglichkeit haben, mit seiner Stimme Dinge zu verändern. Mit Gesetzen, Regulierungen und Anweisungen aus Brüssel verhält es sich aber so, dass es eigentlich gleich ist, wofür jemand stimmt, es ändert nichts. Das allerdings nimmt den Briten ein fundamentales, demokratisches Recht. Die Konservative Partei bietet ein Referendum für das Jahr 2017 an (Anm.: In dem über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU abgestimmt wird.) und sonst gibt es keine Partei, die gewillt ist, das zu machen und auch Chancen hat, die Wahlen zu gewinnen. Außerdem ist die Konservative Partei eine große Partei, die mehr Themen, als nur das der EU behandelt. Genau hier liegt nämlich das Problem bei UKIP. Ich hatte viel Zeit, mir UKIP näher anzusehen und bewundere viel von dem, was sie machen. Aber sie sind eine Ein-Thema-Partei. Es gibt weder ein Wirtschaftsprogramm, noch ein Gesundheits- oder Sozialprogramm. Die Konservativen haben das alles und deshalb bin mir ich sicher, dass sie das natürliche Zuhause für jemanden wie mich ist.

FreieWelt.net: Wie glauben Sie, werden die EU-Wahlen ausgehen?

Jacob Rees-Mogg: Sie werden aus gesamteuropäischer Sicht sehr interessant sein. Ich mache mir Sorgen wegen der Rechtsextremen, sie werden gut abschneiden. In Frankreich wird wahrscheinlich Frau Le Pen siegen und in Griechenland gibt es ebenfalls eine weit rechts stehende Partei, die gute Ergebnisse erreichen könnte. Damit verglichen, ist UKIP eher gemäßigt und ich glaube das UKIP hier gut abschneiden wird. Die Meinungsumfragen sehen UKIP an erstem Platz. Ich glaube, dass das ein guter Indikator dafür ist, wie sehr die Politiker den Bürgern missfallen. Es handelt sich hier um ein gesamteuropäisches Problem, das mit der demokratischen Unzuverlässigkeit des ganzen europäischen Systems zusammenhängt. Die EU betreibt Politik, die den Bürgern der Mitgliedsstaaten nicht das gibt, was sie wollen.

FreieWelt.net: Kommen wir zu einem anderen Thema. Wie sehen Sie die Situation in Russland und wie bewerten Sie das Verhalten der EU in dieser Krise?

Jacob Rees-Mogg: Die EU hat sich meiner Ansicht nach eine Dummheit begangen. Hier zu intrigieren, um den demokratisch gewählten Präsidenten zu stürzen, war ein Fehler. Sich in russische Angelegenheiten einzumischen ebenfalls. Ein hochsensibles Russland zu reizen, war diplomatisches Missgeschick. Allerdings war die Antwort Russlands viel zu extrem und außerhalb jeglicher internationalen Regeln und Gesetze. Ich bin kein Unterstützer dessen, was Russland hier getan hat, bin aber der Meinung, dass die EU diplomatisch leichtsinnig gehandelt hat. Denn eigentlich sollte gerade sie ein tieferes Verständnis für Russland haben und so solche Provokationen verhindern. Russland verhält sich so ja nicht aus Stärke, sondern aus Schwäche. Die Wirtschaft ist schwach, es gibt viel Korruption. Putin ist eine wirklich starke Persönlichkeit, aber in einem immer schwächer werdenden Land. Und gerade das kann oft der Grund sein, weshalb sich Länder gefährlich und irrational verhalten. Da hätte die EU einfach vorsichtiger handel müssen, um solche Probleme schon von vornherein zu verhindern.

FreieWelt.net: Wie sehen Sie die Rolle Deutschlands in der EU?

Jacob Rees-Mogg: Ich denke, das Deutschland der EU gut tut. Eure Kanzlerin ist sehr fähig und kompetent und ich habe lieber ein Europa, das von Frau Merkel geführt wird, als von Herrn Holland. Ich habe vor ihr großen Respekt und bin der Meinung, dass sie der EU die nötige Führung gibt, was der Union hoffentlich helfen kann, ihre Ziele besser zu erreichen. Aber nichtsdestotrotz sollte das Vereinigte Königreich nicht Teil dieser EU sein. Denn auch wenn ich mir sicher bin, dass Deutschland, besonders Frau Merkel, eine große Rolle spielen wird, wenn das Vereinigte Königreich seine Beziehungen zur EU neu verhandelt, ist das alles vor allem für das kontinentale Europa wichtig, nicht für mein Land.

FreieWelt.net: Glauben Sie, dass es große Unterschiede zwischen Britannien und dem kontinentalen Europa gibt?

Und was ist der größte Unterschied?

Jacob Rees-Mogg: Der größte Unterschied ist wahrscheinlich ein konstitutioneller und ein rechtlicher. Im Vereinigten Königreich arbeiten wir ja mit dem Common-Law und am Kontinent mit römischem Recht und dem deutschen sowie französischen Zivilrecht. Das macht besonders dann einen Unterschied, wenn es darum geht, zu verstehen, wie der Staat funktioniert und wie das Recht in euren Ländern arbeitet.  Wenn wir also Teil eines großen europäischen Staates sind, ist das für uns sehr unangenehm. Es passt einfach nicht zu unserer Geschichte und Entwicklung, es passt nicht zu unseren Erfahrungen und Traditionen. Und das unterstreicht eigentlich noch einmal, all die Probleme, die das Vereinigte Königreich mit seiner Mitgliedschaft in der EU hat.

Jacob Rees-Mogg, Jg. 1969, ist Abgeordneter für North East Somerset im britischen Unterhaus. Sein Vater, William Rees-Mogg, war lange Herausgeber der Tageszeitung »The Times« und Mitglied des Oberhauses. Seine Schwester, Annunziata Rees-Mogg, kandidierte ebenfalls für die Konservativen, allerdings erfolglos.

Rees-Mogg, der in Eton zur Schule ging und danach Geschichte in Oxford studierte, erreichte vor allem dadurch Bekanntheit, dass er in seinen Reden ausgefallene Wörter oder Phrasen verwendet. Unter anderem hat er das längste je im Parlament benutzte Wort verwendet, Floccinaucihihilipilification. Sein Spitzname ist dort außerdem: »The Honorable Member for the 18th century«, was wohl damit zusammenhängt, dass er oft alte Texte oder auch die Bibel zum Abschluss seiner Reden zitiert. 

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Die britische Geschichte ist großteils die eines Kolonialstaates, das andere Nationen versklavt hat. Aber auch die Aufklärung mit gestartet hat.

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