Interview mit dem Lateinamerikaexperten René Fuchslocher

Destabilisierung des Westens: Wie organisieren sich die Proteste in Chile?

Die großen Maintream-Medien reden von Protesten unzufriedener Bürger. Doch viele Chilenen erkennen hier vor allem ausländische Einflussnahme zur Destabilisierung des Landes.

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Freie Welt: Wir haben in der Mainstream-Presse gelesen, dass die Proteste, die in Chile seit zwei Monate stattfinden, aus dem spontanen Handeln verärgerter gesellschaftlicher Gruppen herrühren. Was denken Sie darüber?

René Fuchslocher: In Chile geht es nicht nur um eine Gruppe von unzufriedenen Leuten. Wir sprechen nicht von einer spontanen Bewegung von Menschen, die ein besseres Land wollen und deshalb auf die Straße gingen, um nach besseren Bedingungen zu rufen. Chile steht einem mächtigen Feind gegenüber: dem internationalen Kommunismus. Präsident Sebastián Piñera erklärte: »Wir führen Krieg gegen einen mächtigen und unerbittlichen Feind, der nichts oder niemanden respektiert und gewalttätig ist - grenzenlos.«

Kann sich ein normaler Mensch eines Tages plötzlich so aufregen, weil der Preis der U-Bahn-Ticket um 30 chilenische Pesos (0,037 Euro) erhöht wird, dass er deswegen Gebäude mit Menschen drin anzündet? Glaubt jemand, dass in dem wohlhabendsten Land der Region, das weltweit zu den führenden Ländern bei der Armutsbekämpfung gehört, Menschen spontan zum Stehlen ausziehen? Natürlich ist nichts davon spontan!

Freie Welt: Haben Sie konkrete Beweise dafür, dass dies keine spontanen Demonstrationen waren?

René Fuchslocher: Ja. Vor ein paar Wochen, während des internationalen Kommunikationskongresses »Ahora hablan los pueblos« (»jetzt sprechen die Völker«), der in Venezuela abgehalten und von seiner Regierung organisiert wurde, hat die chilenische Aktivistin Florencia Lagos Neumann dies in ihrer Rede offenbart: »Das chilenische Volk hat ‚genug‘ gesagt, wir sind Millionen auf der Straße, und es ist nicht wahr, was die hegemonialen Medien sagen, dass wir nicht organisiert sind oder dass dies eine spontane Demonstration sei. Wir sind organisiert, und sind mehr als 100 soziale Bewegungen, die in einer Allianz namens ‚Mesa de Unidad Social‘ (‚Tisch der sozialen Einheit‘) organisiert sind, an dem Führer sitzen, mit denen der Tyrann Piñera nicht reden will und nicht gerufen hat, um zu reden«. Das sagte sie während des Treffens, und das Publikum applaudierte ihren Worten.

Seinerseits äußerte Außenminister Teodoro Ribera seine Besorgnis über die mögliche Einmischung anderer Länder in die inneren Angelegenheiten der Demokratie in Chile und erklärte, es gab einen anormalen Internetverkehr nach dem sozialen Ausbrüchen, und zwar von »einem Land in Osteuropa« ausgehend nach Chile. »Es wurde evaluiert und wird von den chilenischen und internationalen Organisationen untersucht, ob es direkte internationale Einmischung gibt oder nicht«, sagte der Außenminister bei der Beantwortung der Frage, ob er glaubt, dass zu den sozialen Portesten eine internationale Beziehung besteht. Er fügte hinzu, dass »wir wissen, dass in den Tagen nach dem 18. Oktober eine wichtiger Anteil der Internetnutzung von einem osteuropäischen Land nach Chile kam« und dass »es einen übermäßigen Internetverkehr gibt. Es werden unter anderem gefälschte Profile erstellt.«

Freie Welt: Glauben Sie, dass es einen Ausweg aus dieser Situation gibt?

René Fuchslocher: Ja, aber zunächst muss der lächerliche Diskurs der großen Medien, der diesen Terrorismus »Protest« nennt, enden. Wir sprechen über kommunistische Zellen, die aus dem Ausland organisiert und geleitet werden und die von chilenischen Parteien und Bewegungen mitgetragen werden. Diese haben sich von jeglichen Gesprächen mit der Regierung zurückgezogen, während sie versuchen, die Bemühungen des Parlaments um eine Normalisierung des Landes zu behindern.

Der strukturelle Nachteil dee weltweiten liberalen Rechten ist, dass sie befürchtet, linke Terroristen zu bekämpfen. Diese absurde Angst offenbart ein Infantilismus, der der marxistischen Strategie nachgibt, die Vergangenheit zu instrumentalisieren, um ihren Gegner zu stigmatisieren, und ihnen eine moralische Zwangsjacke anzuziehen, die es in Wirklichkeit nicht gibt.

Das »São Paulo Forum« hat alle Absichten, alle Ressourcen und alle Kapazitäten, um die demokratischen Kanäle lahmzulegen und sich auf eine Strategie der Ausbreitung von Gruppen zu konzentrieren, die in Destabilisierung, Terrorismus und Infiltration der Streitkräfte ausgebildet sind (wie in Katalonien mit den Mossos zu sehen), unterstützt durch die Passivität und Ineffizienz der Regierungen. Und dies geschieht nicht nur in Chile.

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René Fuchslocher wuchs in Osorno auf, wo er auch die Deutsche Schule besuchte. Anschließend studierte er an der Universidad Católica de Chile Jura und machte sein Magister in Steuerecht an der Universidad Adolfo Ibáñez. Seit dreizehn Jahren wohnt er in Puerto Montt, wo er mit seinen Geschäftspartnern die Kanzlei Fuchslocher, Bogdanic & Asociados und die Immobilienentwicklungsfirma Alpina gegründet hat. Dazu ist der 41-Jährige Mitglied in verschiedenen Institutionen der deutsch-chilenischen Gemeinschaft: des Deutschen Vereins zu Puerto Montt, der Corporación de Beneficencia Osorno (Deutsche Klinik in Osorno), des Deutschen Turnvereins zu Llanquihue, der Deutschen Schule zu Puerto Montt sowie Vorstandsmitglied von Agrollanquihue A.G. (Verband der Landwirte der Provinz Llanquihue).

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: José Toribio Merino

Zu "Radovic 29.12.2019 - 19:26": Aus marxistischer Sicht ist der Artikel richtig. Glücklicherweise hatten Marxisten in der Realität nie recht.

Gravatar: Gerhard Fenner

"Wir wissen, dass in den Tagen nach dem 18. Oktober ein wichtiger Anteil der Internetnutzung von einem osteuropäischen Land nach Chile kam!" äusserte Aussenminister Teodoro Ribera seine Besorgnis über die mögliche Einmischung anderer Länder in die inneren Angelegenheiten der Demokratie in Chile.

Soll es sich bei dem osteuropäischen Land um Putins Russland, Belorus oder gar Polen handeln? Ich denke, wenn sich die Internetaktivitäten aus Osteuropa bestätigen sollten, dann dürfte es sich um ein Tarnmanöver der chinesichen Kommunisten und von Georg Soros handeln. Die wollen die USA mit kommunistischen Aufständen von Kuba über Venezuela, Bolivien bis nach Chile aufmischen.

Gravatar: Anonym

Ach ach, ich dachte doch Putin kann nichts falsch machen :)

Aber stellen wir mal die ganzen Putinfanatiker im Westen beiseite: Die Situation in Chile kann sehr gut durch eine Kombination von auslandischem anstacheln und dann zusatzlichem Anstacheln der Medien hervorgekommen sein.
Hier kommt die Frage hervor, ob die Pressefreiheit, so wie sie ist, tatsachlich gut fur die Volker ist. Ein Dilemma, denn naturlich mochte man Freiheit haben, gleichzeitig jedoch, wenn man keine gesunde und kohasive Gesellschaft hat, kann dies sehr schnell zu sowas wie in Chile oder der Clownwelt im Westen fuhren.

Eines ist aber aufjedenfall klar, Kommunisten muss man mit voller Dedikation bekampfen.

Noch ein frohes neues Jahr.

Gravatar: Bertl

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt in Südamerika auch der IWF.
Hinter den Preiserhöhungen steckt dieser sog. Geldgeber, der in Hinblick auf die von ihm erhobenen Zinsen eigentlich ein Geldnehmer ist!

Gravatar: Gerstenmeyer

Die Katholische Kirche gibt es seit 2000 Jahren. Warum? Frauen haben da nichts zu melden!
Der Iran, Saudi-Arabien, Bahrain, die Golfemirate, Brunei, Oman - zwar Moslem-Staaten, aber stabile Staaten! Warum? Frauen habe da nichts zu melden!

Gravatar: …und überhaupt…

Ergänzung zu meinem Kommentar: am 21.10.2019 soll es heißen. So viel Zeit muss sein!

Gravatar: …und überhaupt…

Am 21.9.2019 hatten wir auf unserem Flug von Frankfurt nach Hamburg einen deutsch-chilenischen Sitznachbarn, der sich genau im Sinne von Herrn Fuchslöcher geäußert hat. Er berichtete, dass er aufgrund der sozialen Unruhen um den 18. Oktober herum eine etwas verzögerte bzw. beeinträchtigte Reise von seinem Wohnort in Chile nach Deutschland gehabt hätte. Die geringfügige Erhöhung der U-Bahn Tickets hielt auch er für ein vorgeschobenes Argument, dass die wahren Hintergründe verschleiern sollte.

Gravatar: Gerhard G

Nach Pinochet das stabilste Land in Südamerika...Wem das wohl ein Dorn im Auge ist ? Die Veranlagung einiger Leute auf dieser Welt...Unfrieden zu stiften...ist eher als geisteskrank einzuordnen.

Gravatar: Dr. Michael Holz

" ... die chilenische Aktivistin Florencia Lagos Neumann ..."

Entweder trübt sich meine Erinnerung oder die Frauen in der Politik hatten schon immer eine große Klappe gehabt. Der kleine schwedische Thunfisch, die GröKaZ, Florencia, die Neubauer und die neue SPD-Führerin, ach so, ich habe noch AKK vergessen. Eigentlich hatte ich ja in meinem Leben nichts gegen Frauen - aber - das hat sich gewaltig geändert. Zumindest in der Politik und beim Militär gibt es zu viele. Meine Mutter und Großmutter im Himmel mögen mir verzeihen, sie gehören nicht dazu!

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