Zwischen Drama und Drachme

Athen braucht nun vorerst nicht auf die Drachme zurückgreifen als Parallelwährung. Aber es ist nur Zeit gewonnen – wie immer. Auf die Erleichterung von Brüssel wird die Ernüchterung bald folgen. Das Drama ist noch nicht vorbei.

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Das Kalkül des Kommunisten Alexis Tsipras geht vorerst auf. Die Europäer streiten sich. Die Finnen und Balten wollten unter keinen Umständen weiteres Geld in die Strudel und Schlünde des Peleponnes werfen, die Franzosen wollten ihre linken griechischen Freunde retten und die Deutschen hängen dazwischen, mit der Vernunft auf Seiten der Nordeuropäer, mit den Gefühlen (der Angst) auf Seiten des Südens. Am Montagmorgen knickte Merkel ein, Tsipras kann mit weiteren Milliarden rechnen. Man wird verhandeln und sehen, ob die Griechen nach etlichen Vertrags-und Vertrauensbrüchen diesmal Wort halten. Und selbst wenn sie es im ersten Zug tun und die ersten Gesetze zur Rentenreform und Privatisierungen das Parlament in Athen passieren, damit die Milliarden wieder reichlich fließen, alle Beteiligten wissen, daß Griechenland dieses Geld nie wird zurückzahlen können. Irgendwann wird Tsipras dann vorschlagen, nachdem er auch Neuwahlen gewonnen hat, weil es keinen ernst zu nehmenden Gegner in der politischen Klasse in Hellas gibt, daß Griechenland freiwillig aus der Euro-Zone ausscheidet, falls die Europäer die Schulden Griechenlands neu strukturieren, im Klartext: einen großen Teil erlassen.

Das nennt man einen Schuldenschnitt, ein böses Wort, das die politisch Korrekten vermeiden und stattdessen lieber von strecken, erleichtern, verschieben reden. Ob man die Schulden über Jahrzehnte streckt und dadurch in Zeitlupe über die Inflation kürzt oder gleich teilweise erlässt – das Ergebnis ist das Gleiche. Und genau das ist das Ziel des Alexis Tsipras, Brüssel war nur ein Zwischenakt im Drama. Eigentlich verständlich, denn ohne einen solchen Schnitt kann das Land nicht auf die Beine kommen, bleibt es permanent am Tropf Europas, mithin am Tropf der Steuerzahler in Deutschland, Frankreich, Finnland und ärmerer Staaten als Griechenland hängen. Ob das gerecht ist, werden die Wähler entscheiden – mit einem Votum für rechte Parteien. Schon jetzt hat Athen  über die Europäische Zentralbank Notkredite in Höhe von 90 Milliarden Euro erhalten. Diese Kredite dürften de facto verloren sein. Es ist der heimliche Teil des Schuldenschnitts.

Athen braucht nun vorerst nicht auf die Drachme zurückgreifen als Parallelwährung. Aber es ist nur Zeit gewonnen – wie immer. Auf die Erleichterung von Brüssel wird die Ernüchterung bald folgen. Das Drama ist noch  nicht vorbei. Ein zeitweiliger Austritt mit einer Abwertung der Drachme um vierzig Prozent plus Schuldenschnitt wäre schmerzhaft aber eine reale Chance gewesen. Das ist so wie Entzug und Heilung, die Alternative ist  Ersatzdroge wie Methadon und weiter süchtig. Wie man es auch dreht und wendet. An einem Grexit kommt keiner mehr vorbei. Wirtschaftliche Fakten lassen sich  durch Illusionen nur eine Zeitlang verdrängen und die Angst vor den Folgen in Europa, die die rotgrünen Zaungäste des Dramas an die Wand malten, gehört auch zu diesen Illusionen. Es verlängert nur den Akt zwischen Drama und Drachme. Irgendwann aber muß der Vorhang fallen.

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