ZdK-Erklärung: Alle nach Passau?

Das ZdK begnügt sich nicht mit einer Neuinterpretation der Kirchenlehre über Ehe und Familie, die sich über die Jahrhunderte weiterentwickelt hat, sondern fordert unverblümt ihre Anpassung an die sogenannte Lebenswirklichkeit der Mehrheit der Gläubigen: Nicht Kontinuität, sondern Bruch wäre die Folge.

Veröffentlicht:
von

Die meisten interessierten Leser werden schon von der Erklärung “Zwischen Lehre und Lebenswelt Brücken bauen – Familie und Kirche in der Welt von heute“, die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in seiner Vollversammlung am 09.05.2015 zur Vorbereitung der Familienynode im Oktober verabschiedet hat, gehört haben. Was dabei herausgekommen ist, liest sich wie das Kleine Handbuch des Kirchenverweltlichers. Die Erklärung beinhaltet vier “zentrale Botschaften”, deren Sprengkraft sich oft nur in Nebensätzen offenbart.

So startet die erste Botschaft “Gelebte Werte in der Ehe und in anderen Lebensgemeinschaften” mit einer zunächst mal positiven Würdigung der “sakramentalen Ehe”. Den Begriff verwende ich auch ab und zu, mehr oder weniger unbedarft, die Bedeutung wird aber klar, wenn man wie das ZdK dazu verwässernd schreibt: “Zugleich achten wir die Lebensgemeinschaften, in denen für uns wichtige Werte verwirklicht werden: verlässliche Verantwortung füreinander, Treue in der Beziehung, Weggemeinschaft in Verbindlichkeit.” Um das noch klarer zu machen, beinhaltet die zweite Botschaft “Familien politisch stärken und unterstützen” eine Ausweitung des Familienbegriffs hin zu allem, was irgendwie Verantwortung füreinander übernimmt: “Unter Familie verstehen wir auch nichteheliche Formen von verbindlich gelebter Partnerschaft und von Generationenverantwortung, die einen großen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten und gerecht zu behandeln sind.”

So vorbereitet geht man dann mit der dritten Botschaft (“Brücken zur Lebenswelt der Gläubigen bauen”), eigentlich ist es eine Liste von Forderungen, die den Kern der ganzen Erklärung bildet, in die Vollen und fordert das, was bereits Bischof Franz-Josef Bode vorbereitet hat, nämlich die Orientierung der Kirchenlehre an der “Realität von Menschen und der Welt”: “Die kirchliche Lehre muss im Dialog mit den Gläubigen unter Einbeziehung ihrer jeweiligen Lebenswelt weiterentwickelt werden. Als den Menschen, ihren Sorgen und Hoffnungen zugewandte Kirche sind wir beauftragt, uns mit Zuversicht auf die Gegenwartsgesellschaft mit vielfältigen sozial anerkannten Lebensformen einzulassen und selbst zu Brückenbauerinnen und Brückenbauern zwischen Praxis und Lehre zu werden.”

Die vierte Botschaft “Für ein starkes personales Angebot in der Ehe- und Familienpastoral” ist dann nur noch eine kleine Konkretisierung, die in der anschließenden Vertiefung den Bruch des ZdK mit dem Lehramt deutlich macht, wenn man von einer “Spannung zwischen dem päpstlichen Lehramt und der Lebenswelt der Katholiken” spricht, als ob Kirchenlehre nur eine Meinungsäußerung von Päpsten oder Bischöfen wäre.

Was das Papier in meinen Augen so problematisch macht, sind nicht die Forderungen an sich – die auch, ich komme gleich noch darauf zurück – sondern die scheinbare Unbekümmertheit, mit der sie aufgestellt werden. Man kann auch als katholisches Gremium, kirchensteuerfinanziert und von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) – wohl nicht ganz ohne Wohlwollen – als Laienvertretung der Katholiken in Deutschland betrachtet, unterschiedliche Ansichten haben. Sie aber einfach plakativ in den Raum zu stellen, als seien diese Forderungen Teil des “Glaubenssinns des ganzen Gottesvolkes” zeugt entweder von Naivität oder – wohl wahrscheinlicher – von einer reichlichen Chuzpe. Das Problem daran ist, dass das ZdK in Medien und eben von der DBK als Laienvertretung der Katholiken wahrgenommen werden. Dabei fehlt ihnen abgesehen von der Anerkennung durch die kirchlichen Gremien in Deutschland jegliche Legitimation, für die Laien – also auch für Sie und mich – zu sprechen.

Natürlich steht man immer in der Gefahr, seinen Blick ein bisschen zu sehr einzuschränken auf die selbst vertretenen Positionen (siehe dazu mein Beitrag von gestern), aber das heißt umgekehrt nicht, dass diese Positionen nicht auch vorzufinden sind. Ob also die Positionen des ZdK, die des eher konservativen Forums Deutscher Katholiken oder meine eigene eine Mehrheitsmeinung unter deutschen Katholiken abbilden? Keine Ahnung, aber wer sich zumindest am Rande mit dem auseinandersetzt, was Theologie und Kirchenlehre bedeuten, der kommt auch nicht auf den Gedanken einer demokratisch legitimierten und damit notwendigerweise weltlichen Anpassung dieser Lehre.

Genau das, eine Anpassung der Kirchenlehre an ihre Vorstellungen, fordert aber das ZdK. Es begnügt sich nicht mit einer Neuinterpretation – in der Tat hat sich die Kirchenlehre über die Jahrhunderte weiterentwickelt und die Erkenntnisse aus dem Heiligen Geist aufgenommen – sondern fordert unverblümt die Anpassung der Kirchenlehre zu Ehe und Familie an die sogenannte Lebenswirklichkeit der Mehrheit der Gläubigen: Nicht Kontinuität sondern Bruch wäre die Folge, nicht Orientierung an Wahrheit sondern an Gelegenheit. Besonders deutlich wird das bei den folgenden Beispielen, bei denen nach Ansicht des ZdK “Brücken zwischen der Lehre der Kirche zu Ehe und Familie und der heutigen Lebenswelt der Gläubigen gebaut werden [müssen] durch”

     

  • das Wiedergewinnen von kirchlicher Sprachfähigkeit durch einen unbefangenen Zugang zur menschlichen Sexualität und die Anerkennung, dass diese – im Respekt vor der Selbstbestimmung und Würde des und der Einzelnen – ihren Ort im geschützten und verbindlichen Raum einer Partnerschaft hat;
  • eine Neubewertung der Methoden der künstlichen Empfängnisregelung, da in keinem anderen Lebensbereich eine vergleichbar große Differenz zwischen dem päpstlichen Lehramt und den persönlichen Gewissensentscheidungen im Alltag auch der meisten gläubigen Katholikinnen und Katholiken zu konstatieren ist;
  • eine Weiterentwicklung von liturgischen Formen, insbesondere Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, neuer Partnerschaften Geschiedener und für wichtige Weichenstellungen im Familienleben;
  • eine Einbindung von Ehepartnern, die nach einer Scheidung in einer zweiten Zivilehe leben, in das kirchliche Leben sowie auf der Grundlage einer fundierten Gewissensentscheidung auch ihre Zulassung zu den Sakramenten;
  • die vorbehaltlose Akzeptanz [mehr als Toleranz, Anm. PTB] des Zusammenlebens in festen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und eine klare Positionierung gegen noch bestehende Ausgrenzungen und Abwertungen homosexueller Menschen
  •  

Bei den anderen dort aufgeführten Forderungen (z.B. hinsichtlich der Angebote für junge unverheiratete Paare) kann man sich über das Gemeinte und die Ausgestaltung streiten. In den obigen fordert man aber – und um es noch mal zu sagen, von einer nicht in irgendeiner Form legitimierten Stelle – eine Abkehr von bisherigen Vorstellungen und kirchlicher, auf der Bibel basierenden Lehre zu Ehe und Familie.

Von deutschen Bischöfen hört man in dieser Hinsicht, mit Ausnahme einer harschen Kritik von Stefan Oster, Bischof von Passau, wenig bis gar nichts, was nach den bisherigen Anwandlungen (Stichwort: “Wir sind keine Filiale Roms”) auch kaum verwundert. ZdK und DBK spielen gemeinsam, und das ZdK gibt in diesem Team offenbar die Rampensau, die erst mal testet, wie die Reaktionen ausfallen, während die DBK ihrer Forderungen in der Rückmeldung zur Familiensynode hinter Umfrageergebnissen versteckt.

Dass man Positionen wie die oben seitens progressiver Gruppen wie “Wir sind Kirche” gerne hört, wundert einen nicht. Was jetzt aber notwendig ist, ist ein deutlicher Widerspruch aller derjenigen, die christlichen Glauben nicht von der Akzeptanz der Masse der Kirchenmitglieder abhängig machen möchte. Was notwendig ist, ist sich Gehör zu verschaffen … nicht weil ich vermuten würde, dass sich solche Vorstellungen im Herbst bei der Synode durchsetzen könnten – da baue ich doch sehr auf den Glaubenssinn anderer Bischöfe und Bischofskonferenzen bis hin zum Papst – sondern weil sich hier eine faktische Spaltung der Kirche in Deutschland abzeichnet. Oder wie Bischof Oster schreibt: “Wenn heute in der Kirche Tendenzen zur Lagerbildung beklagt werden, werden sie aus meiner Sicht durch solche Entschließungen wie die vorgelegte erst recht forciert.”

Spätestens wenn im Nachgang der Familiensynode, bei der die Forderungen der deutschen Beteiligten sich vermutlich und hoffentlich nicht durchsetzen werden, die DBK auf nationale Alleingänge setzen, und Papiere wie die der ZdK als Argumentationsgrundlage benutzen sollte, stellt sich nämlich die Frage nach der Treue und dem Gehorsam zum Ortsbischof … und wir können ja nicht alle nach Passau umziehen!


 

Nachtrag: Zu dem Thema hat der Bloggerkollege EchoRomeo, nebenher oder hauptsächlich auch Grafiker, eine feine Aktion “Gänsefüßchen für das ZdK” gestartet, der man sich nur anschließen kann:

gaensefuesschen_banner02

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang