Wirtschaftskrise: Was wäre, wenn...

Die Regierung wirft derzeit mit den Milliarden nur so um sich. Wie die Narren mit Kamellen. Mit dem Geld soll verhindert werden, dass sich Brände in diversen Banken zum Flächenbrand ausweiten. Eine Krise - zu Anfang als Negativgeschwätz kleingeredet - nimmt von Tag zu Tag konkreter Gestalt an.

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Wurde anfangs noch versucht, die Dimension der finanziellen und wirtschaftlichen Verwerfungen unter den Teppich zu kehren, so quillt der Schmutz indessen eruptiv unter der sorgsam verlegten Auslegware hervor. Ungehemmt. Die Akteure agieren im-mer hektischer, derweil die Beträge immer monströser werden. Die Nullen vor dem Komma steigen parallel mit den identifizierten Nullen auf vielen Chefetagen. Dem Bürger schwirrt der Kopf angesichts der täglichen Horrormeldungen über das stetig steigende Potential der Krise.

Was wäre, so fragt sich der Bürger bang, wenn sich herausstellen sollte, dass wir das Ausmaß der Finanzblase noch gar nicht kennen? Dabei stehen bisher schon Riesensummen im Raum. Die Vorstellungskraft von Otto Normalverbraucher stößt an ihre Grenzen. Ging es anfangs noch um Millionen und Milliarden, so sind wir bei der Hypo-Real-Estate erstmals bei der Billion angelangt. Dabei ist durchaus nicht einmal jedem Politiker klar, wie viele Millionen eine Milliarde hat. Auf meine Frage, ob eine Milliarde aus 10 oder 100 Millionen bestehe, bekam ich bis-weilen die tollsten Antworten. Die meisten der befragten Abgeordneten wuss-ten zwar, dass 1000 die richtige Antwort ist. Ein Teil rätselte indes  - vor dem Hintergrunde offen eingestandener Mathe-Probleme -, ob 10 oder 100 die richtige Lösung sei. Die Milliarde - eine etwas größere Million. Dabei hat die Regierung die freizügig verteilten Milli-arden nicht etwa auf der hohen Kante. Auch kein Problem. Geld kann man ja drucken. Dazu braucht es lediglich Papier und eine Notenpresse. Ob die auf diese Weise produzierten bunten Scheine letztlich noch einen realen Wert repräsentieren, scheint ohne Belang. Welchen Wert der Markt diesem Papiergeld beimisst, kann man am stetig steigenden Goldpreis ablesen.

Denn die Turbulenzen auf dem Finanzsektor ziehen längst die Realwirtschaft in den Strudel Viele Unternehmen - nicht nur der Grundstoffindustrie - arbeiten nur mit halber Leistung. Wirtschaftsweise ergehen sich derweil in Durchhalteparolen. Der Tenor: „Alles halb so schlimm.“  Die Politik geht die Krise aktiv an: Der Müllermeister aus Franken - bis dato für unsere Wirtschaft zuständig - lässt sich auswechseln. Wird ersetzt durch einen fränkischen Nachbarn. Mit Fremdsprachenkenntnissen! Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Andere Maßnahmen zur Krisenbewältigung wirken ähnlich professionell.

Hat nicht erst im Jahre 2006 das Finanzministerium den Import von Sub-Prime-Krediten dras-tisch erleichtert? Danach überschwemmte eine Flut fauler Finanzprodukte auch den deutschen Markt. Finanz-Ministerialdirektor Asmussen sorgte für die Reduzierung „unnöti-ger Prüf- und Dokumentationspflichten.“ Warum zieht man die Verursacher der Krise nicht zur Verantwor-tung? Wann beginnt die Bundesanstalt für Finanzdienst-leistungs-aufsicht BaFin damit, ihre Aufsichtspflicht zu erfüllen? Das Wall Street Journal hat beispielsweise eine 103.000-Dollar-Hütte in Avondale, Arizona, auf ihre Wert-haltigkeit hin un-tersucht. Das Ergebnis verblüfft nicht nur Experten. Warum haben unsere staatlichen Kontrollorgane die Kreditpakete nicht ähnlich akribisch untersucht? Derweil bringen die Strippenzieher ihre Beute in Sicherheit. Lehmann-Brothers-Chef Richard Fuld verwan-delte seine 14-Milli-onen-Dollar-Villa - quasi über Nacht - in eine 100-Doller-Hütte. Die überschrieb er sodann seiner Frau. Vielleicht gibt es in der einen oder anderen Kre-dit-Wundertüte ja ähnlich werthaltige 100-Dollar-Hütten. Die Finanzkrise wäre dann - eben-falls über Nacht - nur noch halb so schlimm (siehe dazu Selenz´ Kommentar „Wundertüten“).

Unterdessen sehen Experten erste Lichtreflexe am Ende des Tunnels. Der verunsicherte Bürger fragt sich indes, was wäre, wenn es sich bei diesem Licht um die Frontscheinwerfer des Inflationsexpress´ handelt, der durch den Krisentunnel beschleunigt auf ihn zu rauscht?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: kerstin maier

Sehr geehrter Herr Selenz,
Sie, ich und noch viele Andere wissen, das man marode Unternehmen nicht rettet, in dem ohne Strukturveränderungen Geld hineingepumpt wird.
Das gilt für Wirtschaftsunternehmen, die ihre jahrelangen Überproduktionen jetzt verändern müssen, genauso wie für Banken, die ihr Mißmanagement zwingend ändern müßten.
Warum unternimmt dies niemand? Warum sehen wir alle zu, wie sofort jedem der aufschreit Geld in den Rachen geschmissen wird?
Was können wir tuen um dies zu verändern?
Wie wäre es mit Freitagsdemos, die an den schwarzen Freitag 1929 angelehnt, den Druck der Straße als Mittel zur Abkehr von diesen teuflischen Handlungsweisen deutlich machen könnten.Wenn wir uns weiter die Finger wund schreiben, oder in Talkshows den Mund fusselig....verpassen wir womöglich die Möglichkeit zur Wende. Aus der Systemkrise darf kein Staatsbankrott werden.
Fehler der Vergangheit und Erfahrungen aus der Vergangnheit mit untergehenden Systemen
sollten uns doch jetzt den richtigen Weg zeigen!

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