Wirklich sparsam und edel?

In der aktuellen Wochenendausgabe des Tagesspiegels präsentierte der Verbraucherschutzteil ein begeistertes Testurteil einer LED-Energiesparlampe. Das Topmodell eines bekannten Glühlampenherstellers erhielt aufgrund einer Kostenersparnis für den Verbraucher von 145 Euro über eine Lebensdauer von 25 Jahren eine begeisterte Kaufempfehlung.

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Nicht zum ersten Mal wird den Konsumenten unter Vernachlässigung elementarer Regeln der Finanzmathematik ein wirtschaftlicher Vorteil suggeriert, der bei Lichte betrachtet zu viel des Guten verspricht.

Ob sich die 40 Euro teure LED-Lampe, die nach Herstellerangaben bei einer täglichen Brenndauer von 2,7 Stunden 25 Jahre halten soll, tatsächlich für den Geldbeutel lohnt, setzt voraus, dass man diese Investition mit einer gleichriskanten alternativen Kapitalanlage über 25 Jahre vergleicht. Geht man davon aus, dass eine herkömmliche Glühlampe pro Jahr nicht 8 kWh wie die LED-Leuchte, sondern knapp 40 kWh verbraucht und über die 25-jährige Lebensdauer der LED-Lampe tatsächlich 25 mal ausgetauscht werden müsste, so ergibt sich bei einem Strompreis von durchschnittlich 0,13 Euro/kWh pro Jahr eine Ersparnis von 4,16 Euro (40 kWh – 8 kWh) x 0,13 Euro/kWh) Stromkosten plus 1 Euro vermiedene Beschaffungskosten, also 5,16 Euro pro Jahr. Ob diese Investition vorteilhaft ist oder nicht lässt sich durch die Berechnung des Kapitalwerts, also der Summe der Barwerte aller durch die Investition verursachten Zahlungen, ermitteln.

Da es sich bei 25 Jahren um eine sehr langfristige Investition handelt ist, kann als Alternativanlage eine Investition in eine renditestarke Kapitalanlage angenommen werden. Über so lange Zeiträume lassen sich durchaus Kapitalverzinsungen von nominal acht Prozent und mehr erzielen. Unter dieser Annahme steht der Investition von 40 Euro immer noch ein Barwert der (Brutto-)Ersparnis für Strom und Glühlampenkauf von rund 55 Euro (5,16 Euro x 10,68 Rentenbarwertfaktor für acht Prozent Jahreszins über 25 Jahre) gegenüber. Tatsächlich hat sich die Investition in die sparsame LED-Lampe gelohnt. Nur spart man über die Lebensdauer der LED-Lampe aber nicht 145 Euro, wie die Tagespiegel-Tester versprechen, sondern lediglich 15 Euro. Bei einer Kapitalverzinsung von 10 Prozent sind es nur noch gut sechs Euro. Aber auch bei niedrigerer Kapitalverzinsung oder steigenden Strompreisen werden die von den Testern angegebenen wirtschaftlichen Vorteile der LED-Lampe bei weitem nicht erreicht. Erzielt man über 25 Jahre etwa nur vier Prozent auf das alternativ eingesetzte Kapital, erhöht sich die Ersparnis aufgrund der LED-Lampe auf rund 80 Euro, ein stattlicher Reingewinn in Höhe der Investitionskosten. Bei einem Durchschnittsstrompreis von 0,14 Euro pro kWh liegt der Barwert der Minderausgaben bei 58 Euro, die Ersparnis durch die Investition in eine LED-Leuchte also bei 18 Euro. Andersherum reduziert sich die Vorteilhaftigkeit der Energiesparlampe bei einer achtprozentigen Verzinsung auf nur 10 Euro, sollte man bei der Beschaffung von Ersatzglühlampe auf preisgünstige Modelle zurück greifen, die beim Discounter bereits für 50 Eurocent zu haben sind. Auf jeden Fall ist man von der versprochenen Ersparnis der Tagesspiegel-Tester weit entfernt.

Doch ganz so klar geht die Rechnung für die LED-Lampe trotzdem nicht aus. Schließlich gibt es noch weitere Faktoren bei der Kaufentscheidung zu berücksichtigen. So zeigt uns die Erfahrung, dass sich die Anschaffungskosten neuer Produkte im Zuge ihrer Marktausbreitung häufig deutlich reduzieren. Waren vor einem Jahrzehnt noch mindestens 10 Euro für eine Energiesparlampe zu berappen, erhält man vergleichbare Modelle inzwischen für weniger als die Hälfte dieses Preises. Wer in dieser Situation die Investition abwartet und erst ein oder zwei Jahre später zur Energiesparlampe greift, wenn diese deutlich billiger geworden ist, der kann die Wirtschaftlichkeit des Wechsels in die technische Zukunft der Wohnraumbeleuchtung noch deutlich steigern.

Oder was ist, wenn die LED-Lampe doch nicht 25 Jahre sondern nur 20 Jahre hält oder durch ein Malheur Schaden nimmt? Dann sinkt ihre Vorteilhaftigkeit bei einer achtprozentigen Verzinsung auf 10 Euro. Immer noch eine lohnenswerte Investition, aber dennoch ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Versprechungen der neuen Technik mit Vorsicht zu behandeln sind. Außerdem sollte als relevante Vergleichslampe nicht unbedingt die klassische Glühlampe herangezogen werden, sondern eine der preislich deutlich günstigeren Energiesparlampen. In Relation hierzu dürfte sich der Kostenvorteil der LED-Leuchte sehr schnell erledigt haben.

Was viele nicht als Entscheidungskriterium berücksichtigen, ist die Tatsache, dass eine Glühlampe rund 95 Prozent der elektrischen Energie in Wärme umwandelt. Bei einer LED-Lampe ist die Wärmeproduktion dagegen vernachlässigbar gering. Anders als häufig behauptet, geht diese Wärme aber in den heimischen vier Wänden, zumindest in der Heizungsperiode, nicht verloren, sondern entlastet die Heizung und damit unser Gas- oder Ölrechnung. Hier sind also von der Stromkostenersparnis der Energiesparlampe die zusätzlichen Heizkosten abzuziehen, die ein Verzicht auf herkömmliche Glühlampen mit sich bringt. Angenommen von einer Glühlampe mit einer Nennleistung von 40 W fallen 38 W (95 Prozent) als Wärmeleistung an. Das bedeutet: In der betrachteten Anwendung trägt die Glühlampe in den rund 230 Tagen, an denen in Deutschland im Durchschnitt geheizt werden muss, knapp 24 kWh (2,7h x 230 Tage x 0,038 kW) zur Raumheizung bei. Bei einem Gaspreis von knapp 0,08 Euro pro kWh bedeutet das eine Heizkostenersparnis von 1,92 Euro pro Jahr. Diese ist in der Ausgangsrechnung von der jährlichen Ersparnis von 5,16 Euro abzuziehen. Der Ersatz einer Glühlampe gegen eine LED-Leuchte gleicher Lichtausbeute bringt daher statt jährlich 5,16 Euro nur noch eine effektive Ersparnis von 3,24 Euro pro Jahr. Bei einem Kapitalzins von acht Prozent lohnt sich die Investition in eine LED-Lampe unter Berücksichtigung der Heizkostenersparnis nicht mehr, eine alternative Kapitalanlage des Kaufpreises der LED-Lampe würde einen Reingewinn von gut 5 Euro bringen. Erst bei einer Kapitalverzinsung von weniger als 7 Prozent würde sich die LED-Lampe wieder lohnen.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass viele private Haushalte die Erträge von Energiesparinvestitionen deutlich vorsichtiger bewerten, als beispielsweise Geldanlagen am Kapitalmarkt. Das liegt vor allem an der hohen Kapitalbindung von Energiesparinvestitionen. Während sich die meisten Sparanlagen vergleichsweise schnell liquidieren lassen, die finanziellen Mittel also für wichtige unvorhersehbare oder besonders ertragsstarke Investitionen sehr schnell zur Verfügung stehen, ist diese Option bei Energiesparausrüstungen in dem Maße nicht vorhanden. So berechnen die amerikanischen Ökonomen Kevin Hassett und Gilbert Metcalf, dass sich dieses Liquiditätsproblem nur durch ein  vierfaches der üblichen Verzinsung kompensieren lässt. Legt man der Kalkulation aber einen Zinssatz in Höhe von beispielsweise 20 Prozent zugrunde, hätte man sich mit der Investition in eine LED-Lampe einen finanziellen Verlust von gut 24 Euro eingehandelt. Hier zeigt sich deutlich, dass Unsicherheiten über die Zukunft und die finanziellen Restriktion gerade einkommensschwacher Haushalte einen erheblichen Einfluss auf die Vorteilhaftigkeit von Energiesparinvestitionen haben können.

All diese Wenn und Aber dürften eines klar gemacht haben: Energiesparinvestitionen sollten wohl überlegt werden und vor allem vorhandene Alternativen berücksichtigen. Nur rationales Abwägen führt zu echten finanziellen Vorteilen, auch wenn der eine oder andere sich von purer technischer Begeisterung beim Kauf leiten lässt. Hier versagt der Verbraucherschutz in aller Regel gewaltig. Statt objektiv auf die Gegebenheiten der privaten Haushalte einzugehen und methodisch vernünftigen Rat zu geben, wird der Verbraucher mit grell leuchtender Reklame im Dunkeln stehen gelassen.

 

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: ab007

Ich fand den Artikel aus mehrerlei Gründen interessant.
Erstens zeigt er die in Deutschland doch sehr mangelhafte Schulbildung auf. Ich denke es wäre doch sinnvoll, wenn jeder in der 10 Klasse oder so mal lernt, wie man Zinsen und Inflation zusammenrechnet, vielleicht am Besten an so einem Praktischen Bsp wie dem Kapitalbedarf/Kapitalkosten für eine Glühbirne.
Das Risiko eines vorzeitigen Ausfalls halte ich für bedeutender als zB die Wärmenebenbilanz, aber das dürfte dann den normalen Schüler/Bürger überfordern dies mit ein zu berechnen und zu verstehen. Zinseszins kombiniert mit Wahrscheinlichkeitsrechnung, naja. Wobei die Haltbarkeit von Energiesparlampen ja doch erheblich von den Herstellerangaben abweichen, wie ja seit Jahren bekannt ist.

Ich möchte noch zu bedenken geben, dass über 50% der Bevölkerung nicht in der Lage sind das Geld alternativ vernünftig anzulegen, da geht es wohl eher um die vermiedenen Dispokreditzinsen von 14% oder die des laufenden Kredites.
Und last but not least, für mich ist das Äpfel mit Birnen vergleichen, oder öffentliche Verkehrsmittel versus eigenes Auto, den die Qualität einer Glühbirne oder einer Halogenbirne mit einem warmen vollständigen Lichtspektrum ist ja wohl kaum mit dem Licht einer Röhre oder LED vergleichbar.

Gravatar: Steffen Hentrich

Lieber John Dean,

ich gehe tolerant über ihren unangemessenen Tonfall hinweg, geschenkt.

Realzinsen müssen nur angesetzt werden, wenn auch die jährlichen Zahlungsströme inflationsbereinigt sind. Da sich trotz Inflation in den letzten 12 Jahren die Strompreise nominal nicht erhöht haben, ist es zwar nicht ganz korrekt mit einem konstanten nominalen Strompreis zu rechnen, aber auch nicht völlig absurd. Aber gut an dieser Stelle haben sie einen Punkt. Angenommen man rechnet mit konstanten Strompreisen und einem Realzins von 4 Prozent (Ich bleibe dabei, dass eine kluge Kapitalanlage über 25 Jahre bei einer Inflationsrate von 3 % diese Größenordnung erreichen kann.), dann kommen sie auf den von mir ermittelten positiven Kapitalwert. Das habe ich nicht abgestritten, also sollte die Investion in die LED-Lampe getätigt werden. Die Vorgehensweise der Verbraucherschützer ist im Vergleich zu meinen Berechnungen noch wesentlich realitätsferner.

Was den Liquiditätseffekt betrifft, verweise ich Sie an den zitierten Beitrag. Ich halte die Analyse für seriös. Wenn Ihnen das nicht so geht, dann sollten Sie es hier ordentlich begründen.

Eine große Zahl von Haushalten in Deutschland heizt mit Erdgas, insbesondere in Städten. Also ist die Wahl dieses Energieträgers auch sinnvoll. Wer mit einem anderen Energieträger heizt, sollte dies in seiner persönlichen Rechnung berücksichtigen.

Was die Ineffizienz einer Deckenheizung betrifft, fragt sich, wie stark sich dies auf die Bilanz im Haushalt auswirkt. Sicherlich entsteht die Wärme nicht dort wo sie entstehen soll, aber sie entsteht. Bitte berechnen Sie doch für mich, wie dieser Effekt das Ergebnis verändert.

Auf jeden Fall vielen Dank für Ihre hilfreichen Hinweise, auch wenn ihr Ton für diese wichtige Debatte keines wegs angemessen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Hentrich

Gravatar: Steffen Hentrich

Lieber Oberdörffer,

vielen Dank für diese nützliche Information. Das würde bedeuten man müsse letztlich 100 Prozent als Wärmeleistung anrechnen, was die ökonische Bilanz der Energiesparlampen noch ein klein wenig verschlechtert.

Mit bestem Gruß

Steffen hentrich

Gravatar: John Dean

Sowohl die Idee, dass man von einer sicheren 8-prozentigen Verzinsung ausgehen könne, als auch die Idee, dass man die Verzinsung "wegen der Liquiditätsbindung" vervierfachen müsse, um einen seriösen Vergleich anzustellen, ist:

Hochgradig unseriös.

Auch ist es unseriös, bei der Bewertung der Heizleistung ausgerechnet mit dem teuersten zu vergleichen, nämlich Gas, während man im Gegenzug nicht berücksichtigt, dass eine "Heizung" direkt unter der Decke einen außerordentlich schlechten Wirkungsgrad hat. Auch wird die Investitionsrechnung auf eine falsche Weise vorgenommen.

Wie kann man nur so einen, pardon, Mist schreiben, ohne sich selbst gegenüber zu schämen: für die sehr offen zutage liegende Unredlichkeit? Ist es wirklich so geil, wenn man irgendwelche Abwägungen (gegen die doofen Ökos und die doofen Linken) nur noch einseitig und mit der Absicht unternimmt, die Wahrheit zu verdrehen, jedenfalls, wenn das gewünschte Ergebnis dann dabei heraus kommmt?

Steffen? Gefällt dir das?

Die laufende Umlaufrendite (1 Jahr) liegt bei 3 Prozent, die 10-Jahres-Rendite z.Zt. bei ebenfalls (!) 3 Prozent. Ich persönlich halte es für angemessen, bei derart langfristigen und in privaten Umfeld vorgenommenen Investitionen statt mit der aktuellen Umlaufrendite mit dem Realzins zu rechnen - dieser liegt stabil bei ca. 3 bis 3,5 Prozent.

Wollte man der Sache einen Öko-Dreh verleihen, könnte man noch annehmen, dass das Verzinsen von Geld (als Alternativanlage) keine reine Rendite bringt, wie diese Beleuchtungsmittel, sondern nur Rendite nach (!) Steuern. Die Quellensteuer ist aus dem Zins also heraus zu rechnen.

Und so ganz unrealistisch ist diese Perspektive nicht...

Steffen: Wenn du dir selbst gegenüber einen gewissen Stolz hast, dann versuche doch, deinen offenkundig schlampigen und verdrehten Artikel auf eine seriösere Grundlage zu stellen.

Ein paar Hinweise hast du bekommen. Nun liegt es an dir.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Zur Wärmeleistung der Beleuchtungskörper: die gesamte elektrische Leistung eines beliebigen Leuchtmittels wird letztlich in Wärme umgewandelt und heizt den Raum, in dem sich das Leuchtmittel befindet. Auch das ausgestrahlte sichtbare Licht, der eigentliche Zweck des Leuchtmittels, verwandelt sich nach Absorption durch beliebige Körper, also Zimmerwände, Möbel, Teppiche, Menschen etc. in Wärme. Auch Energiesparlampen und LEDs heizen das Zimmer, wenn auch nicht so stark wie Glühlampen.

Gravatar: Steffen Hentrich

Lieber Gast,

die Wärmeentwicklung wird nicht als Vorteil, sondern als Nebeneffekt herausgestellt, der die ökonomische Bilanz der Glühlampe beeinflusst.

Das entscheidende Manko bisheriger Berechnungen war immer, dass die Wärmegewinne als Verluste berechnet wurden, obwohl sie als Wärmegewinne zu Buche schlagen. Natürlich ist die Glühlampe, ebensowenig wie eine Elektroheizung, keine besonders kostengünstige Heizung, aber sie heizt. Also müssen ihre Wärmegewinne von der Heizkostenrechnung abgezogen werden, was ihren wirtschaftlichen Vorteil als Leuchtmittel gegenüber einer klassischen Glühlampe reduziert.

Nicht alles, was man noch nicht verstanden hat, sollte man als "totalen Humbug" bezeichnen. Diese Erkenntnis sollte sich ein wacher Geist stets zu eigen machen.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Hentrich

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