„Wir reduzieren niemanden auf seine Sexualität“

Homosexuelle gehören zur Kirche“! Diesen Satz hat Woelki offenbar in einem Interview mit dem WDR2 getätigt und damit gleich für ein kleines Rauschen im Blätterwald gesorgt.

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Am kommenden Samstag kommt er … nein, eigentlich ist er schon da: der neue Kölner Erzbischof Rainer Kardinal Woelki. Und während sich manche Medien wie die Kölnische Rundschau noch investigativ hinsichtlich seines Umzugs geben (warum es wichtig ist, dass der Erzbischof einen Ficus Benjamini sein eigen nennt, wird wohl das Geheimnis des Redakteurs bleiben) hat der Neue bereits für Aufsehen gesorgt mit einer Aussage, die jedem Christen und Katholiken unmittelbar einleuchtet, für „die Welt da draußen“ aber tatsächlich eine Schlagzeile wert ist: „Homosexuelle gehören zur Kirche“!

Diesen Satz hat Woelki offenbar in einem Interview mit dem WDR2 getätigt und damit gleich für ein kleines Rauschen im Blätterwald gesorgt. Ist Woelki nicht der Hardliner von der Opus-Dei-Universität, der Zögling des früheren Kölner Erzbischofs Kardinal Meisner? Manche weisen dabei darauf hin, dass Woelki bereits in Berlin auf die Lesben- und Schwulenverbände zugegangen sei und das Gespräch nicht abgelehnt, sogar gesucht habe.

Die BILD-Zeitung zitiert Woelki nun so und bescheinigt ihm damit „Toleranz“:

„Schwule, Lesben, Homosexuelle gehören natürlich genauso zur Kirche wie alle anderen auch. Wir reduzieren niemanden auf seine Sexualität,“ sagte Kardinal Woelki zum Radiosenders WDR2.

Er betonte weiter: „Das sind Christen, die ebenfalls ihren Glauben leben und praktizieren. Die gehören natürlich selbstverständlich zu uns!“

Das sozialistische Neue Deutschland äußert sogar, der Kardinal rudere gegenüber den Homosexuellen zurück.

Man könnte meinen, hier würde seitens der Medien eine Art „Papst Franziskus vom Rhein“ installiert, denn hier wie beim Papst sind es eigentlich keine Neuigkeiten, die Kardinal Woelki verbreitet. Wer den Katechismus liest, der wird an vielen Stellen über etwas lesen, was ganz offenbar den gebrochenen Menschen ausmacht, seinen Hang zur Sünde.

Von dieser sogenannten Konkupiszenz weiß natürlich auch Gott, und es ist gerade der „christliche Gott“ der durch seine Barmherzigkeit gegenüber den Menschen hervorsticht. Und so sieht es auch die Kirche, wenn sie jeden Sünder auch als Mitglied der Kirche betrachtet, ungeachtet möglicher anderer Konsequenzen. Jeder, der regelmäßig sein Gewissen erforscht und zur Beichte geht, weiß, dass sein Leben alles andere als fehler- oder sündenfrei verläuft. Das wäre eine kleine Kirche, wenn jeder, der sündigt, nicht mehr Teil dieser Kirche sein könnte. Und so sind wir alle eben als Sünder – wenn wir es denn noch wollen – Teil der Kirche. An dieser Stelle ist es also kein Zurückrudern, was man aus den Worten des Kardinals herauslesen kann. Im Gegenteil könnten auch ausgewiesen konservative Vertreter der Kirche diesen Satz „“Homosexuelle gehören zur Kirche“ unterschreiben.

Jemand wie Kardinal Meisner, der von den Medien immer wieder in dieser Frage ins Spiel gebracht wird, würde diesen Satz umgekehrt nicht einfach unkommentiert stehen lassen. Denn Teil der Kirche zu sein, bedeutet auch, sich der Konsequenzen der Sünde bewusst zu sein, was wiederum bedeutet, sich der eigenen Sünden bewusst zu werden. Und hierzu hat Kardinal Woelki in dem Interview offanber (das ich selbst nicht gehört habe, ich stütze mich also nur auf Medienberichte) nichts gesagt. Es ist denn auch ein einschlägiges Homosexuellen-Magazin, das auf den – aus ihrer Sicht – Pferdefuß hinweist und so aus der Reihe derjenigen ausschert, die Neues bei Woelki entdeckt haben wollen:

Zwar hat Woelki seine Rhetorik gegenüber Homosexuellen gemildert, allerdings hat er immer wieder klargestellt, dass er sexuell aktive Schwule und Lesben weiterhin als Sünder verurteilt. So erklärte er etwa, dass diese Homosexuellen "gegen das natürliche Gesetz verstoßen und deshalb von unserer Glaubensüberzeugung her nicht gebilligt werden können". Allerdings erkannte er an, dass es positiv sei, wenn Menschen "dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen" würden.

Diese Sicht stößt dort wiederum auf Kritik, wenn auch die Formulierung „als Sünder verurteilt“ kaum der Sachlage entspricht. Denn sie stellt klar, was auch im Katechismus der katholischen Kirche nachzulesen ist, dass Homosexuellen „mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen“ sei, homosexuelle Handlungen aber „gegen das natürliche Gesetz (verstoßen), denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. […] Sie sind in keinem Fall zu billigen.“ (KKK Nrn. 2357 f.)

Kardinal Woelki hat in seiner Zeit in Berlin und jetzt eben auch im Interview mit dem WDR immer wieder deutlich gemacht, dass er sich nicht gegen die Lehre der katholischen Kirche wendet, sie aber auch im Sinne der Barmherzigkeit anwendet. Jeder Sünder kann Mitglied der Kirche sein, was einerseits nichts an dem Tatbestand der Sünde ändert, andererseits aber eine besondere barmherzige Hinwendung erfordert. Und es ist auch richtig, dass es durchaus graduelle Unterschiede gibt, auf die auch Woelki benennt, wenn er auf diejenigen Homosexuellen hinweist, die in einer stabilen Beziehung Verantwortung füreinander übernehmen. Das alles – also die Hinwendung zu den Sündern – ist Kernbestandteil der Kirche mit dem Ziel jeden Menschen, egal wie sündig, zu Christus zu führen.

Die Neuigkeit, wenn man denn eine sehen will, besteht also nicht darin, dass Homosexuelle zur Kirche gehören. Sie besteht in einem anderen Satz und bezieht sich nicht auf eine Neuigkeit in der Kirche sondern auf eine andere, wenn man so will, neue Sicht der Gesellschaft auf den Menschen: „Wir reduzieren niemanden auf seine Sexualität“. Zugegeben: Nicht wenige auch in der Kirche fokussieren oft auf diesen Bereich der Sünde, und da er seitens der Lobbyvertreter immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird, hat er womöglich auch in diesem Blog einen zu hohen Stellenwert. Für die Kirche an sich gilt das aber nicht, und jeder, auch Kritiker der Homosexuellenlobby, sollte sich diesen Satz des Kardinals zu Herzen nehmen.

Diese Schwerpunktsetzung ist aber in vielen Fällen auch nur eine Reaktion auf Medienberichte. Solange ein Satz wie „Homosexuelle gehören zur Kirche“ trotz mangelnden Neuigkeitscharakter noch eine Schlagzeile darstellt, ist das ein Zeichen dafür, dass in der Welt generell die Menschen eben doch zu sehr auf ihre Sexualität reduziert werden. Da kann man was von der Kirche lernen!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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