Wien verludert sein Kulturerbe

Jetzt ist es gleichsam weltweit amtlich: Das Wiener Rathaus verludert das Kulturerbe dieser Stadt. Das macht die Unesco, die weltweite Kulturorganisation, unmissverständlich klar. Eigentlich müsste diese Tatsache in den nächsten Wochen zu einem der zentralen Wahlkampfslogans der Oppositionsparteien werden.

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Auch viele bürgerliche kultur- und wertorientierte Bürger ebenso wie frühere Grünwähler sind ebenso empört wie die Unesco. Aber dennoch greift seltsamerweise niemand das Thema wirklich mit der notwendigen Deutlichkeit auf.

Die Unesco hat Wien jedenfalls offiziell verwarnt, die Hochhauspläne neben dem Konzerthaus zu verwirklichen. Wien würde damit die sowohl in der kulturellen als  auch in der touristischen Welt weitaus wichtigste internationale Qualifikation verlieren: nämlich die als „Weltkulturerbe“. Die Hochhauspläne seien nicht mit dem Welterbeprädikat für das historische Zentrum kompatibel.

Auch das neue, mit viel PR-Geld den Medien verkaufte Wiener Hochhauskonzept wird von der Unesco als jener Betrug entlarvt, der es ist: Die Hochhausbau im Welterbegebiet – also Ringstraßenzone und Innenstadt – werde dadurch nicht verhindert, sondern gefördert!

Klarer kann man es nicht sagen. Aber offenbar sind da rundum zu viele Profiteure am Werk, sonst würde da ein lauter Aufschrei durch Wien gehen. Wegen des Entzugs des Weltkulturerbes. Wegen der  bösen Folgen für den Tourismus, da ja viele asiatische Touristen bei ihren Europaplanungen nur Weltkulturerbe-Ziele aufsuchen. Und wegen des schon fertigen Projekts, neben dem Konzerthaus einen Turm hochzuziehen, der fast doppelt so hoch ist wie daneben das (auch schon ziemlich hässliche und überdimensionierte) Hotel Intercontinental, weil dieser Wien so verschandeln wird wie keine einziges Projekt der letzten Jahrzehnte.

Über dem Schweigen hängt dick und verlockend ein großer Geldbeutel, der mit den Einnahmen aus diesem Hochhaus und dem Verkauf von Appartements in allerteuerster Lage – gespeist werden soll.

  • Das Konzerthaus als unmittelbar betroffener und geschädigter Nachbar schweigt – es sitzt auf so hohen Schulden für die (extrem gut gelungene) Renovierung des Jugendstiljuwels, dass es dringend Finanzhilfe benötigt, die ihm die Gemeinde Wien bisher verweigert hat. Um an Geld heranzukommen nimmt die Geschäftsführung lieber den Vorwurf auf sich, seine kulturellen Pflichten durch Verschweigen zu verletzen.
  • Der Eislaufverein schweigt – der SPÖ-nahe Verein bekommt ja Ersatzflächen einfach zu Lasten des öffentlichen Grundes und darf sich weit auf die jetzige Straße hinaus ausdehnen (ein absolut einmaliger Vorgang).
  • Die ÖVP schweigt – viele Informationen deuten an, dass da eine große nahestehende Bank die Finger im Spiel hat.
  • Einzig die Bezirksvorsteherin des angrenzenden ersten Bezirks, Ursula Stenzel, wagt es, da öffentlich dagegen zu sein – wurde sie am Ende deshalb von der ÖVP abgeschossen?
  • Die Neos sind überhaupt für das Hochhaus – einerseits fehlt ihnen jedes kulturelle Gespür, andererseits wollen sie unbedingt als Koalitionspartner ins weiche Rathausbett, wobei ja jede mutige Positionierung schaden würde.
  • Die FPÖ ist auf der Ebene der Bezirksvertretung im dritten Bezirk als einzige Partei zwar dagegen, zeigt sich aber sonst in keiner Weise engagiert – sie sieht ihre Zielgruppen nicht in den kultur- und wertebewussten Wienern.
  • Die grüne Rathausmannschaft unterstützt das Projekt – seit ihrem Einzug in den Wiener Machtfilz hat sie bis auf die Radfahrer alle Anliegen vergessen, die sie früher intensiv vertreten hat.
  • Fast alle Medien schweigen – die einen haben (noch?) nicht begriffen, was da droht; die anderen haben über ihre Eigentümer direkte finanzielle Interessen an dem Spekulationsobjekt; die dritten springen prinzipiell nur auf ein Thema auf, wenn eine der Linksparteien dahinter steht; und die vierten schreiben nur das, was ihre SPÖ-Financiers aus dem Rathaus lesen wollen.
  • Die Hauptverantwortung an diesem kulturellen Mega-Verbrechen liegt aber natürlich bei der SPÖ. Es ist nur noch lächerlich, wenn sie dieses Luxusobjekt als Beitrag zum sozialen Wohnbau in Wien deklariert; können sich doch nur wenige ausländische Oligarchen eine Wohnung dort leisten.

Weiterlesen auf: andreas-unterberger.at 

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