Wie viele Engel passen auf eine Nadelspitze?

Nun auch öffentlich werden Fragen zur Sinnhaftigkeit, besser Unsinigkeit der deutschen Klimaschutzpolitik diskutiert. Dabei läuft der Potsdamer Klimafolgenforscher Stefan Rahmstorf in die Falle. Er gibt die zusätzliche Erwärmung bei ungebremster deutsche Emission bis zum Jahr 2100 mit unmessbaren, wie völlig unwirksamen 0,05 K an. Wie kam es dazu?

Veröffentlicht:
von

Diese berühmte Frage[1]nach der Zahl der Engel, die auf eine Nadelspitze passen, soll im Mittelalter die Gemüter der Gelehrten schwer erhitzt haben. Andere halten diese überaus spitzfindige Frage für nicht belegt und vermuten eine „böswillige Erfindung des Humanismus“.

Sei es wie es sei.

Die Engel der Gegenwart sind jedenfalls die Nullen hinter dem Komma, den Deutschlands Beitrag zum Klimaschutz bei völliger Dekarbonisierung  liefern könnte. Und um ihre Zahl wird ähnlich erhitzt gestritten wie es der Überlieferung nach die Scholastiker des Mittelalters getan haben.

 

Was ist geschehen?

Im Juni 2018 brachte die AfD im Deutschen Bundestag den umfangreich begründeten Antrag ein, der Bundestag möge beschließen, dass die Bunderegierung alle „Klimaschutz“-bemühungen einstellen möge, wegen erwiesener Nutz- und Wirkungslosigkeit. Unter Punkt 6 wurde darin auch – unter bestimmten Annahmen, und unter genauer Angabe des Rechenweges- hergeleitet, dass nach Deutschlands völligem Verzicht auf seine technischen CO2 Emissionen, dies, unter den schlechtmöglichsten  Annahmen des IPCC und seiner Zuarbeiter, nur zu einer Verminderung der Erwärmung von 0,000.653 ° C irgendwann – nämlich bei Erreichung des Gleichgewichtes, also irgendwann in ferner unbestimmter Zukunft, führen würde. Und wenn man statt des vom IPCC verwendeten längst wissenschaftlich widerlegten Wertes für die Klimasensitivität von 3,2 die lange etablierten Werte von max dies  0,3 bis 1 ° C zugrunde, verminderte sich die Erwärmungsminderung auf ein ∆ T von 0,000.065°C bis 0,000.20 °C.

Um dann mit der Schlussfolgerung zu schließen:

Damit reduziert sich jegliches Klimawandelproblem weltweit, also auch in Deutschland, bei Anwendung der aktuellen Größe des ECS-Wertes – auch bei seinem höchsten Wert von ca. 1 °C – nicht zum Nicht-Problem.

Danach geschah etwas Merkwürdiges, nämlich Nichts! Es gab keine parlamentarische und auch keine öffentliche Diskussion, kein Aufschrei, einfach nichts. Niemand nahm öffentlich Anstoß, bezweifelte oder bejahte diese Zahlen. Niemand forderte sie zu überprüfen, wie es allein schon die Fürsorge- Sorgfaltspflicht jedes Abgeordneten, wegen des ungeheuerlichen Missverhältnisses zwischen  Aufwand und Ertrag, gebieten würde. Nichts! Man ging weiter zu den UN Klimakonferenzen, zog die Fesseln des „Klimaschutzes“ enger und enger. Machte einfach weiter wie bisher.

Und so oft z.B. der Abgeordnete Karsten Hilse in seinen Reden diese Zahl mit der Verminderung der Erwärmung von 0,000.653 ° C auch nannte, niemand der reputierlichen Abgeordneten nahm davon Notiz. Man überging diese Zahl – ob sie richtig oder falsch ist, sei erstmal dahingestellt – einfach mit Schweigen. Und das dauerte an, bis … ja bis die heilige Greta kam. Genauer, bis der Abgeordnete Hilse einen einfachen Quiz entwarf, mit dem er die Frontkinder der Friday for Future Demo am 15.3.19 in Bautzen konfrontierte. Diese vergnügliche Aktion hielt man in einem kurzen Video hier fest.

Offenbar war so ungeheuerlich, dass jemand die Stirn hatte, den Kindern auch mal ganz einfache Fragen zum Klimathema zu stellen, dass sich nun Stefan Rahmstorf, Klimafolgenforscher aus Potsdam, dazu Gretaversteher – und  Friday for Future Unterstützer-  gemüßigt sah, die Fragen aus seiner Sicht zu beantworten. Er nutzte dazu seinen Blog Scilog und nahm in bisher zwei Blogbeiträgen „Das Schüler-Klimaquiz der AfD: die Auflösung“ (hier) und „Herr Hilse von der AfD beantwortet die Fragen der KlimaLoungehier. Das Stefan Rahmstorf sich beim zweiten Mal „KlimaLounge“ nennt, geschenkt. Zumindest der erste Beitrag wurde nach eigenen Angaben über 100.000 x aufgerufen.

Denn nun kam Leben in die Bude.

Es wurde öffentlich gefragt und es wurde öffentlich geantwortet.  Wenn auch über Bande. Denn Hilse blieb die Antworten nicht schuldig, auch nicht auf die Frage nach der Herkunft der im Quiz genannten Minderung der globalen Mitteltemperatur dank Deutschlands Beitrag um satte 0,000.653 °C.

Den nahm sich Herr Rahmstorf besonders auf Korn, übersah zwar in der Hitze des Gefechts einige kleinere Details, und lief aber voll in die Falle. Denn er berechnete die,  zusätzliche Erwärmung nach der nicht gefragt war, (allerdings ohne Angabe des Rechenweges und der gewählten Parameter bspw. der Höhe des ECS Wertes),  die Deutschland, bei ungeminderter Emission des jetzige jährlichen Volumens, bis 2100 bewirke.

Die betrüge, so Rahmstorf, sage und schreibe 0,05 °C.

Unterstellt man als von ihm gewählten ECS Wert die berühmten 3,2 °C des IPCC, würde aber den kleineren, wesentlich wahrscheinlicheren Wert von 1 °C wählen, dann würde die durch Deutschland verursachte  zusätzliche Erwärmung sogar auf noch schlappere 0,0152 °C sinken.

Rahmstorf kommt auf 0,05 ° bis 0,0152 °; Hilse hingegen auf 0,000.653 °C bis 0,000.20 °C.

Rechnerisch ist das sicher ein Riesenunterschied, aber nur wenn man auf der Nadelspitze tanzen will und dort nach Platz sucht.

Aber Null Unterschied in der Realität, wie der geneigte Leser zugeben wird.

Es ist und bleibt praktisch ein Nichts!

Und allein das zu zeigen, darauf wird es der AfD und Hilse angekommen sein. Nicht mehr und nicht weniger! 

Denn die Frage muss erlaubt sein, sollte die Politik sich nicht an der Realität orientieren und ist die Wissenschaft nicht gefordert allein für eine realistische Politik, die entsprechenden realistischen Grundlagen zu liefern?

Der Fürst der Mathematiker Carl Friedrich Gauss mahnte genau dies an, wenn er urteilte:

„Übertrieben genaue Rechnung ist das Kennzeichen schlechter Mathematiker“

Wenn ich also, als unverbesserlicher Optimist, der ich bin,  unterstelle, dass irgendwann mal wieder die Vernunft auch bei unseren Regierenden einzieht, kann der Schluss nur lauten:

Weder 0,05 ° C, noch 0,0152 °C mehr, noch 0,000653 ° weniger, können jemals eine große Transformation dieses Landes rechtfertigen, auf keinen Fall, um damit das „Klima“ zu schützen.Wer das in Abrede stellt, hat ganz andere Ziele. Ziele, die mit dem Klima und seinem „Schutz“ nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.

Bleibt nachzutragen, dass sich insbesondere unser Leser Peter Dietze über die genannten 0,000.653 ° C in vielen Mails und Kommentaren echauffiert. Er berechnet stattdessen (satte) 0,053 ° bei einer ECS von 3,2 ° und 0,01 ° (manchmal auch 0,007 °) bei Verwendung des von ihm bestimmten geringeren ECS Wertes von 0,6 °.  Unter den von ihm gemachten Prämissen mag er sogar recht habe.

Der den Lesern sicher schon bekannte Physiker Horst Lüdecke berechnete für seine Anhörung im NRW Landtag bei unterstellten 4,5 °C  (IPCC im Sachstandsbericht AR5 (2015)) unter etwas anderen Prämissen  0,009 °C , also ebenfalls so gut wie nichts.

Es kommt also alles auf´s selbe hinaus. Dieses Nichts kostet aber Deutschland letztendlich seine Existenz

 

[1]Diese Frage ist lt. einigen Quellen nicht belegt. Mittelalterlich (belegt) ist dagegen die Aussage, dass tausend Seelen im Himmel auf eine Nadelspitze passen. Sie erscheint in dem mystischen Traktat Schwester Katrei

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Ulli

Um es vorweg zu sagen, damit keine Missverständnisse auftreten. Nach meinen Kenntnissen als Physiker sind die IPCC Erkenntnisse der soldide Stand des Wissens bezüglich des Klimawandels und was der Herr Rahmstorf ausgerechnet hat, dürfte soweit korrekt sein.

Das Problem liegt ganz woanders, nämlich in dem, was wissenschaftlich ist und was nicht. Wissenschaft hat i. d. R. zwei Aspekte, einen deskriptiven und einen normativen. Nur der deskriptive ist wirklich Wissenschaft, denn er muss sich an der Realität messen lassen; im Falle des Kliamawandels also an der Übereinstimmung mit den Theorien und Messungen der Laborphysik, den Messungen in der Realität und der an den Vergangenheitsdaten geprüften Simulationen. Zu all diesen Daten gehören Fehlergrenzen - ohne sie haben sie keinen wissenschaftlichen Wert. Wie bei allen menschlichen Tätigkeiten können dabei Fehler auftreten, die nach den Regeln guter Wissenschaft durch Überprüfung der Messungen und Diskussion unter den Spezialisten gefunden und beseitigt werden.

Ganz anders mit den normativen Aussagen, also mit den Vorschlägen, was macht man mit den Ergebnissen des deskriptiven Teils. Hier gibt es keine Wissenschaftlichkeit. Wissenschaft kann dabei nur dafür Autorität beanspruchen, dass sie die Konsequenzen unterschiedlichen Vorgehens korrekt ermittelt. Um den Unterschied etwas plastischer zu machen: Sie gehen zu Arzt, der untersucht Sie mit den angemessenen Methoden und er sagt Ihnen: Sie haben Krebs. Das ist der deskriptive Teil. Dann wird er Ihnen verschiede Therapien mit ihren Vor- und Nachteilen vorstellen und auch die Alternative, sich nur palliativ behandeln zu lassen. Es ist nun an Ihnen, im Rahmen Ihrer Wertvorstellungen zu entscheiden, was getan werden soll, der Arzt hat dazu keine Kompetenz.

Zurück zum Klima: Der normative Teil des Klimawandels ist politisch zu diskutieren. Hier geht es um die Abwägung zwischen verschiedenen Pfaden, zwischen Nutzen und Kosten usw.. Da sich aber, wie man an der Vereinnahmung des Themas Klimawandel durch die Demokraten in den USA am besten sehen kann, das Klima als global wirkendes Phänomen am besten dazu eignet, die Notwendigkeit eines globalen Regimes zu begründen, will man genau diese Diskussion verhindern. Die Strategie dabei ist, den normativen Teil mit dem "wissenschaftlichen Heiligenschein" des Deskriptiven zu versehen und damit unanfechtbar zu machen, um damit auch die politischen Maßnahmen als wissenschaftlich "alternativlos" zu behaupten. Leider sind die Kritiker der politischen Folgerungen zu großen Teilen auf diesen Trick hereingefallen und meinen, sie müssten auch den deskriptiven Teil in Frage stellen. Aus dieser Falle können sie nur entkommen, wenn man die o. g. Unterscheidung in den Mittelpunkt stellt. Dann fällt sofort auf, dass bei dem menschengemachten Klimawandel die Zahl der Menschen überhaupt nicht auftritt. Die exponentiell steigende Weltbevölkerung und deren Ansprüche an Nahrung (Dünger, Maschineneinsatz), Mobilität, Kommunikation usw. ist natürlich der Haupttreiber des CO2-Anstiegs und diesen völlig aus der Diskussion auszublenden, zeigt bereits die Ideologie der "Klimapropheten". Angewandt auf Deutschland zeigt sich dieser absurde Widerspruch darin, dass sich der CO2-Abdruck unseres Landes ganz natürlich und sogar exponentiell verringern würde, da die Zahl der Kinder bei den "schon länger hier lebenden" Frauen bei ca. 1,4 Kinder pro Frau liegt.

Herr Limburg hat mit seiner Kritik völlig recht, aber man sollte nicht darum streiten, ob es nun 0,05°C oder 0,000.625°C sein würden, denn diesen Streit kann man mangels hinreichenden wissenschaftlichen Kenntnissen und dem nötigen Apparat nur verlieren. Diese 0,05°C ließen sich sicher durch andere, kostengünstigere und vernünftigere Maßnahmen erreichen. Stattdessen wäre es zielführender, den wirklichen Motiven der "Klimapropheten" in den etablierten Parteien insbesondere den "Zeugen Morgenthaus", den GRÜNEN nachzuspüren. Noch ein Wort zur AfD in dieser Frage: Auch denen wäre anzuraten, ihre Position dahingehend zu modifizieren, dass sie den deskriptiven Teil den Wissenschaftlern überlässt und mit aller Deutlichkeit herausarbeitet, wozu die Vermengung beider Teil von den Etablierten politisch genutzt wird.

Gravatar: Unmensch

Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Kopf noch Zahlen auf.

Gravatar: a

Carl Friedrich Gauss sagte mit anderen Worten, daß man die Größenordnung eines Effekts richtig erfassen muß. Ich hatte noch Lehrmeister, die das konnten. Michael Limburg kann das auch. Der Nanozwerg von heute hält aber einen Stecknadelkopf für die Weltkugel. Ich fürchte, da ist Hopfen und Malz verloren. In Wirklichkeit ist alles so wie zu der Zeit, als wir Kinder waren und der 68er noch in die Hosen machte. Mit Augenmaß und einem einfachen Leben kommt der Westen ganz schnell wieder in Ordnung

Gravatar: Otto Weber

@Hans-Peter Klein 25.03.2019 - 12:44

Wieso ein Zurück nach Öl, Kohle und Uran??????????

Diese Energieträger sind gottseidank die gesicherte Gegenwart.

Ohne diese wäre es Ihnen u. a. nicht möglich Ihre unbedarften Kommentare zu publizieren.

Die EE-Stromerzeugung bedeutet BLACKOUT, das ist das Chaos!!

Wieso schließen Sie scheinheilig Erdgas aus??
Erdgas in der Stromerzeugung hat unter Berücksichtigung des Transportaufwandes und der Methanverluste ähnlich hohe CO2-äquivalente Emissionen wie Braunkohle, muss aber von Hn. Putin importiert werden!!

So, aus Ihrer Traumtänzer-Wunschwelt „bleibt praktisch ein Nichts“.

- - - - - - - - - - - -

"Dieses Nichts kostet aber Deutschland letztendlich seine Existenz"

Dies ist keine klimawissenschaftliche Aussage, sondern eine realistische mit ideologiefreiem, gesundem Menschenverstand. Da Ihnen selbiger fehlt, können Sie die Aussage natürlich nicht nachvollziehen!!

Gravatar: Tom der Erste

HPK, können Sie auch zur Abwechslung mal was anderes als ständig ihren Müll absondern ? Sie sind wohl schlauer als gelernte und studierte Forscher und Wissenschaftler , was ? Ihre Überheblichkeit kann einen nur noch ankotzen !

Gravatar: Hans-Peter Klein

"Es ist und bleibt praktisch ein Nichts!"
und
"Dieses Nichts kostet aber Deutschland letztendlich seine Existenz"

Aha, das also ist EIKE's letzter Schuss, äh Stuss, nein Schluss.

Was qualifiziert einen Herrn Limburg und einen Herrn Hilse für derart weitgehende Sch(l, t)ussfolgerungen ? Ihr langjähriges Studium der Klimawissenschaften? Oder doch nur Ihr Bauchgefühl, das sich ein zurück nach Öl, Kohle und Uran sehnt?

"Die Engel der Gegenwart sind jedenfalls die Nullen hinter dem Komma"

aha, und jenes
EIKE der Gegenwart, das sind die Nullen vor dem Komma.
MfG, HPK

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang