Wetter narrte am Rosenmontag den Wetterdienst

Die Diskussion um das Wetter zu Karneval in Deutschland hat zumindest eines ins Bewusstsein gerufen. Der Mensch muss das Wetter so nehmen, wie kommt und kann nichts daran ändern.

Veröffentlicht:
von

Damit müsste allen jenen, die das Klima schützen und den Klimawandel anhalten wollen, ein Licht aufgehen in Gestalt der Frage, wie man ein Konstrukt wie das Klima, das gänzlich vom Wetter her definiert ist, sich botmäßig machen und disziplinieren kann. Aber dies sei hier nicht weiter diskutiert.

Von vorrangigem Interesse ist die Beantwortung der Frage, was hat sich beim Wetter abgespielt. Die Diskussion um die Absage vieler Umzüge entlang des Rheins erhitzt unverändert die Gemüter. War sie notwendig und wie wird sie begründet? Dies können nicht die Zug-Organisatoren beantworten, sondern nur der Deutsche Wetterdienst. Er verbreitete am Sonntag um 18.30 Uhr die Meldung, dass „am Vormittag des Rosenmontag von Windstärken um 7 und 8 auszugehen sei. Danach, also ab Mittag, können sie sich auf 9 und gegen 15 Uhr sogar auf 10 steigern“. Solch eine präzise Vorhersage konnten die Veranstalter, in Mainz der MCV, nicht ignorieren und bliesen wehen Herzens den Rosenmontagszug ab.

Doch die Wetter-Wirklichkeit entsprach bei weitem nicht der Wetter-Vorhersage! Was aber bewegte den Wetterdienst zu einer selten detaillierten Prognose? Er meldete schon am 2. Februar, dass sich ein Orkantief nähere und ausgerechnet am Rosenmontag eintreffe. Nordwestlich von Neufundland tauchte ein Tief auf, das sich nach amerikanischen Computermodellen zu einem Orkantief entwickeln und Kurs auf die Deutsche Bucht nehmen solle. Es wurde „Ruzica“, Röschen, getauft. Das „Röschen“ entwickelte sich prächtig zum Orkan und lag am 7. Februar im Seegebiet zwischen Island und Irland. Seine Kaltfront verlief über England entlang des Null-Meridians bis zu den Pyrenäen. Doch die westliche Höhenströmung trieb es nicht in die Deutsche Bucht, sondern gegen die norwegische Küste.

Damit war erstens sicher, dass kein Orkantief kommen würde. Aber auch entlang der Kaltfront zeigten sich, von Satellitenfotos bestätigt, keinerlei Auffälligkeiten. Weder extremer Regen noch extreme Stürme wurden aus Frankreich gemeldet. Eine Verschlimmerung war nicht in Sicht, so dass die Züge hätten stattfinden können. Die Wetterlage war keinesfalls mit der am 25. und 26. Januar 1990 zu vergleichen, als das Sturmtief „Daria“ Rosenmontagsumzüge zum Abbruch zwang. Dennoch kam um 18.30 Uhr die Orkanwarnung durch den Wetterdienst.

Das Wetter am Rosenmontag machte nicht das, was es hätte tun sollen. Mit einer schwachen Warmfront am Vormittag fiel etwas Regen und der Wind frischte böig auf. Trotz Umzugsverbot organisierte um 13 Uhr die Mainzer Ranzengarde einen Gardesspaziergang bei zeitweiligem Sonnenschein durch die Innenstadt. Gegen 15.30 Uhr folgte der Durchzug der Kaltfront bei etwas stärkerem Regen, aber auch ohne schwere Sturm- oder Orkanböen. In Köln verlief der Umzug reibungslos. In Düsseldorf war der Umzug abgesagt worden wegen des Orkans „Ruzica“, doch um das Rathaus, welch Narretei, stellte man bei Sonnenschein die Motivwagen auf, zum „belure“.

Es ist nun interessant, wie der Wetterdienst über seine Meteorologen reagierte. Lars Kirchhübel verteidigte die Prognose. Dies tat auch Björn Alexander und meinte, Düsseldorf und Köln hätten nur Glück gehabt: „Köln sei durch die Eifel geschützt“. Carsten Schwanke (ARD) twitterte: „Die Absage von Düsseldorf – für mich ein Rätsel“! Wenn aber Köln von der Eifel geschützt wird, warum dann Mainz nicht von Taunus, Hunsrück und Pfälzer Wald? Kennt man die Topographie nicht? Deren Schutz reichte bis zum Frankfurter Flughafen, dessen Betrieb bis in den späten Nachmittag völlig normal verlief. Die witzigste Rechtfertigung lieferte Jörg Kachelmann. Er meinte, dass es auch das „Risiko eines Tornados in Düsseldorf mit Toten“ hätte geben können. Er ist halt Wetter-Entertainer und kein Meteorologe.

Wenn ohne Angabe von Ort und Zeit der Wetterdienst in Deutschland eine Böe von 101 km/h als Rechtfertigung seiner Orkanwarnung heranzieht, dann ist dies nur eine theoretische Rechtfertigung, denn Wettervorhersagen sollen konkret sein. Verbale Übertreibungen haben bei Wetterberichten nichts zu suchen. 3 Grad sind nicht „mild“, 15 Grad nicht „warm“, die Wolken haben „keinen Regen im Gepäck“. Wetterberichte sollen die Menschen sachlich neutral informieren, weder Angst noch Illusionen verbreiten. Maßlose Übertreibungen haben darin nichts zu suchen. Man kann sich auch, wie zu meiner Zeit üblich, für fehlerhafte Vorhersagen entschuldigen und ihr Zustandekommen erklären. Ein Computer hat keine eigene Intelligenz, er kann nicht irren. Aber dies können Menschen, die seine Ergebnisse ohne Abgleich mit der Wirklichkeit blind übernehmen.

Was soll nun gemacht werden? Fastnacht ist an die Fastenzeit wie das Osterfest gebunden und kann nicht willkürlich verlegt werden. Der Karneval in Rio findet auch nicht im dortigen Winter statt, bei weniger Hitze und der Gefahr von Tropengewittern. Und wer kann garantieren, dass bei einem sommerlichen Termin nicht auch wieder eine Kaltfront mit Gewittern, die ja heute alle ein hohes Unwetterpotential „im Gepäck“ haben, mit Hagel und schweren Sturmböen, den Zug vereitelt? Man denke nur an den Rheinlandpfalztag 2012 in Ingelheim, bei dem der Festumzug am Sonntag, 3. Juni, total verregnet war und in Regenfluten versank.

Der Bürger wünscht sich wieder mehr Seriosität bei den Wetterberichten. Er weiß um die Wechselhaftigkeit wie Unbeständigkeit des Wetters. Sich adäquat sofort den aktuellen Gegebenheiten anzupassen und nicht „blind“ Warnungen auszusprechen, dafür ist der DWD da. Nicht ohne triftigen Grund werden alle drei Stunden neue Wetterkarten gezeichnet. Man muss beim Wetter immer mit Überraschungen rechnen. Die Verfallzeit von Vorhersagen kann verdammt kurz sein. Aber es hat den Eindruck, dass sich der Wetterdienst bei der Vorhersage des Klimas in 70 Jahren wohler fühlt als bei nicht einmal 24stündigen Vorhersagen, weil man diese sofort überprüfen und kritisieren kann.

Beitrag zuerst erschienen auf derwettermann.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Gisela Glatz

Ich will es mal offen formulieren, hier hat sich die Angst der Politik in die Wettervorhersage gemischt. Da kam es zurecht, das Sturm gemeldet wurde, den man dann durch den Wetterdienst in einen Orkan umbenannte. Damit waren die Ümzüge gestorben und keiner mußte sich um das Darstellen von Mißständen in den Umzügen Gedanken machen. Politiker glauben, wenn sie etwas unterbinden können, ist es aus der Welt geschaffen. Auf jeden Fall hätte es sehr viel Kritik zur Asylpolitik und unseren ach so "feinen" Politikern gegeben. Die Sache mit dem Panzer war sicher auch ausschlaggebend. Man hält die Bürger in Deutschland immer noch für blöd!!! Wie lange will sich der Michel die Verdummung und Verar.... gefallen lassen???

Gravatar: Hans-Peter Klein

Hallo Herr Dr. Thüne,

es fällt in der Tat auf, das momentan sowohl regelrechte Falschmeldungen wie umgekehrt auch klare Richtigmeldungen kaum Gehör in den Medien finden, zu offensichtlich tobt der Medienmarkt um was ganzes anderes. Wer kann die Öffentlichkeit am besten an der Nase herum führen, wer kann am besten manipulieren, verschleiern, die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Thema ablenken.

Offensichtlich soll den Leuten hier das Gefühl für Wirklichkeit, für rechtes Maß, für gesunden Menschenverstand, für Vertrauen in die eigene Urteilsbildung regelrecht ausgetrieben werden. Wir werden einer Art Volks-Gehirn-Wäsche unterzogen.

Denn wie Sie es ja auch andeuten, eine ehrliche Entschuldigung für eine Fehlentscheidung mit nachvollziehbarer Begründung nähmen die Leute ja durchaus an, entscheidend ist ja die Ehrlichkeit und Authentizität eines komplexen Abwägungsprozesses.

Das es dann oft ganz anders kommt und wir hinterher schlauer sind, na ja, wie in einem anderen Beitrag geschrieben, wir müssen auch wieder lernen die realen Risiken des Lebens auszuhalten und zu akzeptieren. Leben ohne Risiko gibt’s nicht und dazu gehört, dass es immer wieder mal daneben geht.

All diese getroffenen und unterlassenen Maßnahmen der letzten Zeit deuten darauf hin, dass wir auf Spur gebracht werden sollen, wir sollen folgen, gefragt ist wieder der kritiklose Untertan, das willenlose Schlachtschaf.

Langsam kann einem schon Angst und Bange werden wenn bei zunehmender Polarisierung und Zuspitzung diese herauf ziehende Gewitterwolke dann irgendwann eben kracht.
Hat die gegenwärtige Situation sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem was viele Künstler und tiefer schauende Menschen auch schon vor Ausbruch des ersten Weltkrieges bereits fühlten?
Was könnte man daraus Lernen?
Ich finde, entscheidend ist gar nicht mal welche konkreten Positionen der Einzelne nun einnimmt und vertritt, viel entscheidender ist aber die ehrliche Offenlegung der Motive, die Authentizität des Gesagten und politisch Geforderten, für mich eine der Grundvoraussetzungen um dann im politischen Raum wiederum zu vernünftiger Willensbildung, zu Kompromissen und Entscheidungen mit Augenmaß zu kommen.

Aber noch stecken wir in einer Phase der Selbtstblockade, der polarisierenden Aufladung und dem folgt naturgemäß die :
Entladung,
womit wir wieder mal beim Wetter wären.

MfG, HPK

P.S.: Positiv am Rummel ums Karnevals-Wetter fand ich, das bisher kein Zusammenhang zum Klimawandel gezogen wurde.

Gravatar: K.Becker

Wenn wir am Nasenring geführte Politiker haben,
geleitete Medien die Nase hoch tragen - warum sollen wir auch nicht "ordentliche" Wettervorhersagen haben?
Der Verdacht der Manipulation war für mich zwangsläufig.
Aber, wenn die innere Sicherheit durch die Staatsorgane nicht gewährleistet werden kann, sind Maßnahmen zu ergreifen.
Wer führt solche "Maßnahmen" in Deutschland ein?

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang