Westerwelles Schmusekurs schadet der Versöhnung

 Es mag sein, daß es polnische Politiker gibt, die es schätzen, wenn ihnen der deutsche Außenminister nach dem Munde redet, aber zur „Versöhnung“ trägt es nichts bei. Im Gegenteil. Die Vertriebenen sind in die und in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten integriert.

Veröffentlicht:
von

Sie demonstrieren nicht, sie remonstrieren nicht. Sie nehmen es hin, daß „fortschrittlich“ eingestellte Me-dien sich darüber lustig machen, wenn sie zu Heimattreffen zusammenkommen, wenn sie ihre alten Trachten tragen, ihre alten Lieder singen, wenn sie die Erinnerung an die Heimat wachhalten. Sie nehmen es sogar hin, daß die fortschrittlich eingestellten Medien praktisch durchweg von „Ostdeutsch-land“ reden, wenn sie die ehemalige DDR meinen. Aber die Menschen - und es sind immer noch Millio-nen, die in dem Ostdeutschland geboren sind, das jetzt zu Polen und Rußland gehört, trifft es natürlich ins Herz, und sie erkennen genau, daß man versucht, ihnen auch noch ihre Geschichte zu nehmen. Von Mensch zu Mensch gibt es schon seit langer Zeit keine Probleme mehr zwischen Deutschen und Polen, zwischen Vertriebenen und den Menschen, die jetzt in der Heimat der Vertriebenen leben. Nein, die Polen begegnen den Besuchern mit Verständnis, ja mit dem zum Trost ausgesprochenen Einges-tändnis, ihnen gehe es schließlich nicht anders, auch sie hätten die Heimat verloren. So entsteht Ver-söhnung. Wenn die Gründung einer Erinnerungsstätte jetzt polnische Widerstände mobilisiert, wenn die Erinne-rung an die verlorene Heimat plötzlich als Revanchismus gelten soll, dann sind das Rückschritte auf politischer Ebene gegen einen längst erreichten Entwicklungstand auf menschlicher Ebene. Und der Streit dort „oben“ zwischen den Politikern gefährdet das, was hier „unten“ zwischen den Menschen ge-schieht. Solange das Wort Vertreibung im „offiziellen“ deutsch-polnischen Verhältnis nicht ausgesprochen wer-den kann, ohne allergische polnische Reaktionen hervorzurufen, solange sind wir von Versöhnung weit entfernt. Die deutschen Vertriebenen verstehen es nicht, warum ihnen die Erinnerung an die Heimat und die Trauer um die verlorenen Heimat gezielt mißinterpretiert wird. Die Mitwirkung der Sprecherin der Vertriebenen im Rat der Erinnerungsstätte ist eine Selbstverständlichkeit und keine Herausforde-rung der Polen. Das aufzuklären, ist Aufgabe der deutschen Politik und des deutschen Außenministers. Eine „Versöhnung“, die Mißverständnisse und Vorurteile nicht aufklärt, sondern hinnimmt und tot-schweigen will, die trägt die Katze auf dem Schwanz weg.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang