Werke der Barmherzigkeit: Die Lästigen geduldig ertragen

„Die Lästigen geduldig ertragen“ – kann ich das, oder bin ich nur selbst lästig und eine Herausforderung für meinen Nächsten?

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„Welches Dreißig-Schild hat der da vorne denn gesehen, das mir wohl entgangen ist?“ – „Kann die das Kleingeld vielleicht auch noch ein bisschen langsamer abzählen?“ – „Es gibt Millionen von Arbeitslosen, wieso hat ausgerechnet der diesen Job im Service bekommen?“ Na, kommt Ihnen bekannt vor? Diese und ähnliche Formulierungen gehen mir manchmal durch den Kopf oder – gerade im Auto, wenn ich mich ungehört und unbeobachtet fühle – über die Lippen. Es ist aber auch manchmal zum Verrücktwerden, wenn die anderen so wenig Rücksicht auf mich nehmen …

Es gibt so viele Situationen, in denen mir die anderen, egal ob völlig Fremde oder Familienmitglieder, lästig werden. Sie kommen meinen eigenen Plänen in die Quere, stehen zwischen mir und meinem berechtigten Anspruch auf Service, meiner Notwendigkeit, mich zu beeilen oder einfach nur meinem wohlverdienten Feierabend. Und je nach Tagesform und Zuckerspiegel macht mich das mehr oder weniger aggressiv: Ich fahre zu dicht auf, atme laut und vernehmlich oder verhalte mich abweisender und schroffer, als ich das eigentlich müsste. Und ich bin dabei überzeugt, im Recht zu sein – ja, was denn sonst?! Aber wenn ich ehrlich bin, ist es doch meist nur mein Egoismus und meine Eitelkeit, die dazu führen, dass ich mich durch die Handlungen der Anderen eingeschränkt fühle. Woher soll der Fahrer vor mir wissen, dass ich es eilig habe (zumal er sich nur an die Verkehrsregeln hält)? Und was machen die fünf Sekunden mehr an der Kasse schon aus, die das Abzählen des Kleingelds durch die ältere Dame höchstens dauert? In Wahrheit sind die anderen in solchen Fällen gar nicht lästig, ich stelle nur meine Ansprüche viel zu sehr in den Mittelpunkt!

Wenn ich mir also in der Fastenzeit oder im Jahr der Barmherzigkeit vornehme, mit dem geduldigen Ertragen der Lästigen geistige Werke der Barmherzigkeit zu tun, dann muss ich schon mehr tun. Denn in den meisten Fällen geht es dabei gar nicht um die anderen, es geht um meinen eigenen Mangel. Wenn schon, dann wäre ich als Drängler lästig, den der vor mir fahrende ertragen sollte, wenn er denn den gleichen Vorsatz hätte. Mist – damit, dass ich einen angemessen fahrenden Verkehrsteilnehmer „geduldig ertrage“ habe ich also noch kein gutes Werk getan. Im Gegenteil tue ich nur so, als ob! Es ist wie bei der Standardfrage in Bewerbungsgesprächen, welche Schwäche man bei sich sieht: „Ungeduld“ ist eine beliebte Antwort, die lediglich zum Ausdruck bringen soll, dass die Anderen meistens langsamer sind als man selbst!

Dabei gibt es natürlich die Lästigen: Diejenigen, die – um im Bild zu bleiben – auf der linken Spur mit 115 km/h langzuckeln, um die anderen Autofahrer zu erziehen. Oder diejenigen, die im Berufsleben bessere Lösungen blockieren, nicht weil sie es besser wüssten, sondern weil sie Veränderungen fürchten. Die Nachbarn, die sich mit juristischen Mitteln gegen die Einrichtung eines Kinderspielplatzes einsetzen, weil sie den Lärm in ihrem Wohngebiet nicht haben wollen. Die Lästigen, die nicht einfach meinem Ego im Wege stehen sondern sich eigentlich selbst im Wege stehen mit ihrer Selbstüberschätzung oder ihrer mangelnden Rücksichtnahme. Dabei ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass auch ich in mancher Hinsicht zu diesen Lästigen gehöre, was ich mir aber ungern eingestehe und meine, die anderen, die sich gegen meine Lästigkeit wehren, seien die wahrhaft Lästigen.

Was schwerer ist, meine eigene Lästigkeit abzulegen oder die (objektive) Lästigkeit anderer geduldig zu ertragen, hängt vermutlich vom eigenen Charakter ab. Die Zielrichtung des geduldigen Ertragens ist jedoch eine ganz andere: Dabei tue ich nämlich den „Lästigen“ ein gutes Werk, während das Ablegen der eigenen Lästigkeit einer persönlichen Umkehr gleichkommt. Vielleicht ist die Frage, ob ich einen Lästigen geduldig ertragen soll oder er gar nicht lästig ist und ich „nur“ meine Egoismus und meine Eitelkeit ablegen muss, insofern auch eher theoretisch: Beides ist notwendig, um dem Herrn ähnlicher zu werden, und beides wird schwer fallen. Allerdings werde ich meine Eitelkeit vermutlich nicht ablegen, wenn ich immer der Meinung bin, damit anderen etwas Gutes zu tun, ein Werk der Barmherzigkeit an ihnen zu verrichten, statt zu sehen, dass die eigentliche Lösung meine persönliche Umkehr wäre.

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: D.Eppendorfer

Wenn Sie den Eindruck gewonnen haben, Ihren Mitmenschen so oft unchristlich lästig zu sein, dann befreien Sie uns doch einfach von Ihrer penetranten Lästigkeit.

Man wird es allerdings nie allen Meckerern recht machen können.

Dazu ein kleine Geschichte:


Im Orient reitet ein Vater auf einem Esel und nebenher geht sein jugendlicher Sohn.

Ein entgegen kommender Passant ruft: "Was ist das? Der starke erwachsene Mann reitet und der schwache kleine Bub kann kaum mitlaufen."
Sie tauschen die Plätze.
Der nächste Passant ruft: "Was ist das? Der junge agile Bursche reitet und der alte gebrechliche Opa muss nebenher stolpern."
Sie steigen beide auf den Esel.
Der nächste Passant ruft: "Was ist das? Ihr schweren faulen Kerle hockt zu zweit auf dem mageren Esel, und das ist Tierquälerei."
Sie gehen beide neben dem Esel her.
Der nächste Passant lacht: "Was ist das? Ihr Dummköpfe habt einen prächtigen Esel, nutzt ihn aber nicht zum reiten."
Da nahm der Vater seinen Sohn beiseite und sagte zu ihm: "Was immer wir tun, irgend einen wird es stören. Entscheiden wir also für uns, was uns richtig erscheint."


Ich bin niemandem lästig, denn derjenige, der das denkt, kann meine ihn störende Gesellschaft ja meiden. Ich zwinge schließlich keinen Mitmenschen, der anders tickt, dazu, mich aushalten zu müssen. Und falls sich einer mir aufdrängt und wie ein hirnloser Volltrottel oder charakterloses Ar...loch verhält, ist meine Empörung gerechtfertigt, weil ER mir lästig ist.

Aber bei uns naiven Michelzipfelmützlern ist das durch die massive Mosleminvasion anerzogene Unterwerfungsgetue vor jeder exotischen Idiotie ja längst zur obersten politisch korrekten Toleranz-Maxime ernannt worden.

Gutmenschen-Duckmäuser-Spinnerei par excellence.

Und abschließend noch ein erbauliches Schmankerl für den Katholiban-Blog:
Die Dummen herrschen nur, weil die Klugen so oft nachgeben.

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