Werde heilig!

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Bei all der Tages- und Kirchenpolitik muss man aufpassen, dass man das wesentliche nicht vergisst – und als papsttreuer Blog liegt dieses Wesentliche natürlich in der Vermittlung, was unseren Glauben ausmacht, in besonderer Weise aber auch darin, auf die Worte des Heiligen Vaters in Rom zu achten.

Und so manches Kleinod kann einem entgehen, wenn man mit dem Tempo des Papstes nicht Schritt hält: er predigt jeden Tag zur Messe (nachzulesen meist bei kath.net) und natürlich zu besonderen Anlässen, so wie am vergangenen Freitag, den ich mir Blogfrei genommen hatte, zu Allerheiligen. Zum Glück sind seine Botschaften und Predigten ja aber nachzulesen … und es wäre mir etwas entgangen, hätte ich diese Predigt nicht gelesen!

Es geht, wie sollte es anders sein, um Heiligkeit und um die Frage, was Heilige eigentlich ausmacht. Fordert man heute jemanden zur Heiligkeit auf, dann erntet man bestenfalls Unverständnis – „Wir können doch nicht alle Mutter Teresa sein!“ ist fast zum geflügelten Wort geworden, wenn jemand von uns Heiligkeit verlangt, die wir glauben nicht erreichen zu können. Und in der Tat kann das heroische Beispiel einiger Heiliger uns entmutigen – die Ausrede „als Ehemann/Ehefrau und Vater/Mutter muss ich doch für meine Familie sorgen, da kann ich doch nicht alles aufgeben, um heilig zu werden!“ ist da schnell zur Hand.

Was aber sagt der Papst über die Heiligen?

Die Heiligen sind keine Übermenschen, sie sind nicht als vollkommene Menschen geboren. Sie sind wie wir, wie jeder von uns, sie sind Menschen, die bevor sie die Herrlichkeit des Himmels erlangten, ein normales Leben gelebt haben, mit Freuden und Leiden, mit Mühsal und Hoffnung.

Das klingt recht normal, und es fallen einem auch Heilige ein, bis zurück zu den Aposteln oder Kirchenvätern wie Augustinus, deren früherer Lebenslauf keinen Anlass zu der Hoffnung gegeben hätte, dass es sich bei ihnen um Heilige handeln würde. Mich erinnert das an einen Spruch: „Jeder Heilige hat eine Vergangenheit, und jeder Sünder hat eine Zukunft!“ Es muss also im Leben der Heiligen (und damit sind nicht nur die von der katholischen Kirche „kanonisierten“ Heiligen gemeint, wie immer wieder fälschlich verstanden wird: die Kirche macht mit der Heiligsprechung niemanden heilig, sie stellt nur die Heiligkeit fest) etwas passiert sein, das eine Wendung herbeigeführt hat, die sie ganz nah an Gott geführt hat. So sagt es der Papst:

Doch was hat ihr Leben verändert? Als sie die Liebe Gottes erkannt haben, sind sie ihm mit ganzem Herzen gefolgt, bedingungslos und ohne Heuchelei; sie haben ihr Leben im Dienst für die anderen Menschen gelebt, sie haben Leiden und Anfeindungen ertragen, ohne Hass zu empfinden und indem sie auf das Böse mit dem Guten geantwortet und Freude und Frieden verbreitet haben. Das ist das Leben der Heiligen: Menschen, die aus Liebe zu Gott in ihrem Leben keine Bedingungen an Ihn gestellt haben; sie haben nicht geheuchelt; sie haben ihr Leben in der Hingabe für den Nächsten gelebt, um ihm zu dienen; sie haben viele Anfeindungen ertragen, doch ohne Hass zu empfinden.

Auch das ist etwas, für das sich jeder eignet – in seiner ganz konkreten Lebenssituation. Wer eine Familie hat, der wird nicht dadurch heilig, dass er sie ihrem Schicksal überlässt um in Afrika Armen zu helfen! Wer ein Unternehmen mit Angestellten hat, der wird nicht dadurch heilig, dass er alles verscherbelt und den Erlös einfach spendet. Unser Auftrag zur Heiligkeit, unsere Berufung ist jeweils etwas ganz persönliches – und es ist am Ende eine Frage der Beziehung zwischen Gott und mir, die Grundlage der Heiligkeit wird. Das möge uns vor der Bequemlichkeit bewahren zu glauben, in einem Leben als Familienvater und Angestellter, als Mutter und Hausfrau, als Schüler oder Auszubildender, könne man gar nicht so heilig werden. Besser mal im Gebet Jesus danach fragen, wie er das sieht … aber man wird sich vorstellen können, dass er da eine etwas andere Meinung zu hat.

Interessant ist in der Predigt des Papstes übrigens auch sein kleiner Exkurs über den angesprochenen Hass, den Heilige nicht empfinden:

Die Heiligen haben niemals Hass empfunden. Eines müsst Ihr genau verstehen: die Liebe kommt von Gott, doch woher kommt der Hass? Der Hass kommt nicht von Gott, sondern vom Teufel! Und die Heiligen haben sich vom Teufel abgekehrt; die Heiligen sind Männer und Frauen, die Freude im Herzen haben und sie den anderen Menschen weitergeben. Niemals Hass empfinden, sondern den anderen Menschen dienen, den bedürftigsten; in der Freude leben und beten; das ist der Weg der Heiligkeit!

Das ist, neben der Beschreibung der Heiligen, auch ein Test für uns: Gibt es in meinem Leben Hass? Dann hat der Teufel schon einen Fuß in der Tür! Ganz wunderbar finde ich in den Worten das Fehlen der Grautöne: Die Liebe kommt von Gott, der Hass vom Teufel! Keine Ausnahme: wer wirklich liebt, der nähert sich Gott, der tut Dinge auch im Sinne Gottes. Taten aber, die aus dem Hass getrieben werden, so verständlich er uns auch manchmal erscheinen mag, tun das Werk des Teufels. Das wird in „liberalen“ Kirchenkreisen nicht gerne gehört (und folglich bei aller liberaler Freude über einen angeblich liberalen Papst gerne konsequent überhört), denn allein die Existenz des Teufels wird heute oft in Frage gestellt. Jesus hat von ihm gesprochen, die Heiligen haben mit ihm Bekanntschaft gemacht (eindrucksvoll zu lesen zum Beispiel in der Biographie des Heiligen Pfarrers von Ars), wir können das Wirken gegen Gott in unserer Welt erkennen … und so stellt der Papst auch die Existenz des Bösen nicht in Abrede! Im Gegenteil: Wer meint, es gebe nur Gott und die Menschen und die Existenz des Widersacher Gottes leugnet, der versteht viele der kirchlichen Kämpfe heute nicht, versteht nicht, dass wir in unserem Leben in einem Kampf gegen den Teufel stehen – zum Glück aber auf der Seite Gottes, sodass wir uns nicht zu sehr sorgen müssen. Ihn zu leugnen ist aber ein ebenso großer Fehler wie ihn zu sehr zu fürchten und mangelndes Vertrauen in Gott zu haben.

Zum Evangelium von Allerheiligen passend, verdeutlicht der Papst anschließend noch mal, dass es unser aller Berufung ist, heilig zu werden, nicht nur die der vermeintlich Superfrommen:

Heilige zu sein ist nicht das Privileg einiger weniger, als ob jemand eine große Erbschaft gemacht hätte; wir alle haben in der Taufe das Erbe empfangen, Heilige werden zu können. Alle sind zur Heiligkeit berufen. Alle sind wir daher berufen, dem Weg der Heiligkeit zu folgen, und dieser Weg hat einen Namen, ein Antlitz: das Antlitz Jesu Christi. Er lehrt uns, Heilige zu werden. Er zeigt uns im Evangelium den Weg: den Weg der Seligpreisungen (vgl. Mt 5, 1–12). Das Himmelreich ist für alle, die sich nicht auf die Dinge verlassen, sondern auf die Liebe Gottes; für alle, die ein einfaches, demütiges Herz haben, die nicht den Anspruch erheben, gerecht zu sein und die anderen nicht verurteilen, die mit den Leidenden zu leiden und sich mit den Fröhlichen zu freuen wissen, die nicht gewalttätig, sondern barmherzig sind und die versuchen, Frieden und Versöhnung zu stiften. Der Heilige, die Heilige stiften Frieden und Versöhnung; sie helfen immer den Menschen, sich zu versöhnen, und leisten immer ihren Beistand, um den Frieden herbeizuführen. Und so ist die Heiligkeit etwas Schönes; sie ist ein schöner Weg!

Diese Erläuterungen stellen auch einen wunderbaren Kontrast zu den Erläuterungen zum Hass dar: Die Seligpreisungen, die uns als vorbildliches Verhalten dienen, sind nicht einfach Regeln, die es zu befolgen gilt; so zu leben sollte ein Ausdruck der Liebe zu Gott und den Menschen sein. Heilige – so könnte man ein bisschen plakativ sagen – machen die Welt in den Augen Gottes und der Menschen zu einem besseren Ort. Das angebrochene Reich Gottes wird durch sie ein bisschen mehr auf dieser Erde vervollkommnet, wenn es auch erst am Ende aller Zeiten durch Gott vervollständigt wird. Sie sind – und wir sind darum – berufen, Freunde und Mitarbeiter Gottes zu sein! Und das können wir in jeder Lebenssituation tun – auch und gerade in unseren Familien, in denen uns die Heiligkeit ab und an besonders schwer fällt. Wie mir mal ein Priester gesagt hat: "Dem Bedürftigen auf der Straße gegenüber heilig zu sein, ist vergleichsweise einfach, Tag für Tag aber gegenüber seiner Ehefrau oder seinem Ehemann, seinen Eltern und seinen Kindern gegenüber heilig zu sein, das stellt uns vor eine viel größere Herausforderung!"

Dass dies kein kleiner Anspruch ist, das macht auch der Papst deutlich, der abschließend darauf hinweist, dass das Beispiel und die Fürsprache der Heiligen auch das ist, was uns auf dem Weg zur eigenen Heiligkeit hilft:

Mit ihrem Zeugnis ermutigen uns die Heiligen, keine Angst davor zu haben, gegen den Strom zu schwimmen, keine Angst davor zu haben, nicht verstanden und ausgelacht zu werden, wenn wir von Ihm und vom Evangelium sprechen; sie zeigen uns mit ihrem Leben, dass diejenigen, die Gott und seinem Wort treu bleiben, schon auf dieser Erde den Trost seiner Liebe erfahren und dann das „Hundertfache“ in der Ewigkeit. Das ist es, was wir erhoffen und worum wir den Herrn für unsere verstorbenen Brüder und Schwestern bitten. Klugerweise hat die Kirche die Feste Allerheiligen und Allerseelen eng nebeneinander gelegt. Mit unserem Lobpreis Gottes und der Verehrung der Seligen verbindet sich das Fürbittgebet für alle, die uns beim Übergang von dieser Welt zum Ewigen Leben vorausgegangen sind.

Wir sind zur Heiligkeit berufen, wir sind geschaffen eines Tages in den Himmel zu kommen, und sollten das Vorbild und die Hilfe der Heiligen nicht ausschlagen – und frohen Mutes uns selbst und die Menschen in unserem Umfeld dazu auffordern: Werde heilig!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Rießler

Eine seltsame Auffassung von Heiligkeit vertritt der Papst. Bei den Seligpreisungen geht es doch (wie der Name schon sagt) um Seligkeit und nicht um Heiligkeit. Heiligkeit bedeutet eigentlich Abgesondertheit. Diese Abgesondertheit bezieht sich auf die Absonderung von Sünde, Lüge und Bösem allgemein. Es geht dabei nicht darum, besonders nett zu sein, sondern darum, die Dinge aus der Sicht Gottes zu sehen. Dabei können auch ganz und gar unfreundliche Dinge passieren. Man denke z. B. an das Gespräch Jesu mit den Pharisäern in Johannes 8: „Da sagte Jesus zu ihnen: »Wenn Gott euer Vater wäre, dann würdet ihr mich lieben; denn ich bin von Gott ausgegangen und (von ihm) gekommen; ich bin nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt. Wie geht es nun zu, daß ihr meine Art zu reden nicht versteht? Weil ihr nicht imstande seid, das, was meine Worte besagen, auch nur anzuhören. Ihr stammt eben vom Teufel als eurem Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters handeln. Der ist ein Menschenmörder von Anfang an gewesen und steht nicht in der Wahrheit, weil die Wahrheit nicht in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, dann redet er aus seinem eigensten Wesen heraus, denn er ist ein Lügner und der Vater von ihr (d.h. von der Lüge). Weil ich dagegen die Wahrheit rede, schenkt ihr mir keinen Glauben. Wer von euch kann mich einer Sünde zeihen (oder: überführen)? Wenn ich die Wahrheit rede, warum schenkt ihr mir keinen Glauben? Wer aus Gott ist (oder: von Gott stammt), hört die Worte Gottes; deshalb hört ihr sie nicht, weil ihr nicht von Gott seid.“ Und wie steht es denn damit: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Nein, ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Mat 10,34)?

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