Wenn Roboter unsere Arbeit übernehmen

 

Die Vision, menschliche Arbeit könnte weitgehend von Robotern übernommen werden, sollte angesichts des Geburtenrückgangs zum Gegenstand einer politischen Debatte werden.

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Als ich ein kleiner Junge war – das war Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts ̶ , sah ich einen Fernsehbericht und traute nicht meinen Augen: Roboter haben Autos zusammengebaut. In der Produktionshalle sah ich keinen einzigen Menschen. Bis dahin kannte ich so etwas nur aus Science-Fiction-Filmen. Doch es war kein Science-Fiction-Film, wie mir mein Vater versicherte. Ich weiß nicht mehr genau, aus welchem Land dieser Fernsehbericht kam, vermutlich aus Japan.

 

Seitdem sind 40 Jahre vergangen. In all den Jahren habe ich mich immer wieder gefragt, warum die Vision, menschliche Arbeit könnte weitgehend von Robotern übernommen werden, nicht konsequent verwirklicht wurde. Der Traum der Menschen, nicht mehr arbeiten zu müssen (wenigstens im traditionellen Sinne des Wortes „Arbeit“) und sich anderen Betätigungen, sei es politischer oder künstlerischer Art, zu widmen, hätte seitdem mit Hilfe der modernen Technik realisiert werden können.

 

Ich erfuhr, dass mächtige politische Kräfte, allen voran die Gewerkschaften, aber auch politische Parteien (nicht nur die technikfeindlichen) an der Verwirklichung dieser Vision nicht interessiert waren. Daran hat sich bis heute nichts geändert. All diese politischen Kräfte streben nach Vollbeschäftigung und bedienen sich dabei des Slogans „Jeder sollte eine Arbeit haben“. Sie verweisen darauf, dass eine radikale Rationalisierung, zu der die Ersetzung der menschlichen Arbeitskraft durch Roboter gehört, zu noch mehr Arbeitslosigkeit führen würde.

 

Natürlich können Roboter menschliche Arbeit nicht in allen Bereichen der Wirtschaft übernehmen. Im Dienstleistungssektor z.B. können sie nur im begrenzten Maße eingesetzt werden. Doch in der Warenproduktion oder in der Schwerindustrie könnte die maschinelle Rationalisierung noch radikaler vorangetrieben werden.

 

Es ist erstaunlich, dass angesichts des Geburtenrückgangs, der Steigerung der Lebenserwartung und der Alterung der Bevölkerung in Deutschland die besagte Vision fast gar nicht diskutiert wird. Eine positive Ausnahme dazu stellt ein Beitrag von Gérard Bökenkamp dar:

 

ef-magazin.de/2009/12/22/1754-rationalisierung-statt-zuwanderung-roboter-als-ersatz-fuer-die-fehlenden-enkel

 

Der Autor betrachtet die Rationalisierung als eine Chance, die Folgen des demographischen Wandels abzumildern. Als Vorbild gilt dabei das ebenfalls geburtenarme Japan. Wenn Arbeitskräfte aufgrund der demographischen Entwicklung nicht mehr zur Verfügung stehen, können „alle Möglichkeiten der so oft gegeißelten Rationalisierung ... in den nächsten Jahrzehnten ausgeschöpft werden.“ Wird menschliche Arbeitskraft durch Maschinen, Roboter oder Computer ersetzt, hat das eine erhebliche Steigerung der Wirtschaftsproduktion zur Folge. Durch eine radikale Rationalisierung könnte ein unermesslicher Reichtum erwirtschaftet werden.

 

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Verteilung des mit Hilfe von Robotern erwirtschafteten Kapitals. Der Ertrag aus dem Einsatz von Robotern kann – wie es Gérard Bökenkamp vorschlägt – auf dem Konto eines kinderlosen oder enkellosen Pensionärs in Form der Dividende seiner fondsgestützten Altersvorsorge landen. Das Kapital kann aber auch anders verteilt werden: mehr Investitionen in weitere Zukunftstechnologien oder bessere Sicherung der Sozialsysteme. Wie auch immer die Folgen einer radikalen Rationalisierung und die Verteilung des durch sie erwirtschafteten Kapitals aussehen könnten, es würde sich auf jeden Fall lohnen, eine breite gesellschaftliche Debatte darüber in Gang zu setzen.

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