Weichenstellungen nach dem Brexit

Mit dem Austritt der Briten aus der EU ändert sich die weltweite Machtarchitektur. Es könnte in wenigen Jahren zu einer Auferstehung der zweiten Freihandelszone in Europa kommen – der EFTA.

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Ein Gespenst geht um in Europa – das der Volksabstimmungen. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der EU-Kommissionspräsident, der EU-Parlamentspräsident, Merkel und Maas, französische Sozialisten und deutsche Journalisten.

So hätte der wortgewaltige Karl Marx die heutige Lage beschrieben. Zwei Jahre haben die EU-Gremien und die Briten nach der Volksabstimmung zum Brexit nun Zeit, den Scheidungsvertrag auszuhandeln. Wenn man in Brüssel vernünftig wäre, würde man für Britannien ohne viel Aufhebens eine Partnerschaft wie mit der Schweiz, Norwegen oder Island einräumen. Aber was läuft schon rational in Brüssel? Bereits vor der Abstimmung wurde mit der Verhandlungskeule herumgefuchtelt und wie man Merkel, Schulz und Juncker kennt, werden sie rachsüchtig und irrational agieren. Ihr Kalkül wird dahin gehen, die Verhandlungen so ekelhaft ablaufen zu lassen, daß Dänemark, die Niederlande und andere Austrittskandidaten abgeschreckt werden.

Ob das helfen wird? Bisher waren die deutschen Drohungen gegen Britannien wirkungslos. Im Gegenteil haben sie die Wut der Engländer auf Merkel und ihre Lumpen-Entourage nur gesteigert. Ob sich Holländer und Dänen von deutschen Drohungen erpressen lassen? Die Erfahrungen mit vorhergehenden Volksabstimmungen sagen das Gegenteil aus. Die Dänen hatten gegen den Beitritt zur Eurozone gestimmt, und kürzlich gegen eine engere Verzahnung der Sicherheitsbehörden mit der EU, die Niederländer gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Die Stimmung ist bei unseren Nachbarn stramm antideutsch oder besser: Anti-Merkel.

Mit dem Austritt der Briten aus der EU ändert sich die weltweite Machtarchitektur. Es könnte in wenigen Jahren zu einer Auferstehung der zweiten Freihandelszone in Europa kommen – der EFTA. Mit Großbritannien als Führungsmacht. Wer alles dazugehören wird ist fraglich. Sicher ist nur, daß Dänemark und die Niederlande aus der EU ausscheiden werden. In der Frage von EU-Austritten kommt es auch auf das Verhalten der Vereinigten Staaten an. Polen, Rumänien, die Slowakei und die baltischen Staaten werden die EU-Mitgliedschaft nur quittieren, wenn sie die Gunst Washingtons nicht verlieren, was einfach nur mit dem atomaren Schild zusammenhängt, den Osteuropa noch etwas mehr als der Westen braucht. Tschechien und Ungarn werden sich nur auf Grund der deutschen Einwanderungspolitik entscheiden. Die polnische Rzeczpospolita machte gestern früh mit zwei Artikeln auf: Wie hat die Wallstreet auf den Brexit reagiert und werden unsere 400.000 Legionäre aus England, Schottland, Nordirland und Wales ausgewiesen? Die Reaktionen der Londoner und Frankfurter Börsen waren überhaupt nicht auf dem Schirm. Der Osten hat kein eurozentrisches Weltbild. Nur für Merkel und Steinmeier ist die Welt eine Scheibe, hinter deren Rändern der antieuropäische Satan auf Opfer lauert.

Aber für wen wird sich Washington entscheiden? Für die EU oder die neue EFTA? Oder wird es mit EFTA und EU gleichrangig verkehren? Präsident Obama hatte sich als Repräsentant des globalen Elitenprojekts gegen ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ausgesprochen. Was macht er in den wenigen Monaten Amtszeit, die ihm verbleiben nun? Wie werden sich Donald Trump oder Hillary Clinton entscheiden?

Gegen eine Abkühlung der amerikanisch-britischen Freundschaft sprechen viele Gründe. Beide Staaten haben in Sieg und Niederlage in vielen Krisen zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Für Kontinentaleuropa gibt es diese Tradition des Zusammenhalts mit Amerika nicht. Mit Deutschland lagen die USA zweimal im Krieg, mit Italien einmal und Frankreich hatte unter Präsident de Gaulle einen amerikakritischen Weg eingeschlagen. Richtig verlassen können sich die Vereinigten Staaten in Europa nur auf Großbritannien und die Länder des ehemaligen Warschauer Pakts.

Diese werden das Dreieck Washington – London – Brüssel genau beobachten und auf den Ausgang der amerikanischen Präsidentenwahl warten. Erst danach wird die Krise der EU richtig beginnen – mit dem Austritt Osteuropas – oder auch nicht.

Die deutschen Medien reden den Berliner Politikern schon wieder ihre bedeutende Rolle in Europa ein – eine Führungsrolle. Und Frau Dr. Merkel schwafelte heute früh schon wieder von der deutschen Rolle in Europa. Sie hat nichts begriffen. Der Ausgang der Volksabstimmung in Großbritannien ist alleine ihr zu verdanken, mit seinen Vorteilen und Nachteilen. Die Briten haben für sich selbst das Tor zur Freiheit aufgeschlagen, Deutschand ist ohne die Briten in Europa noch isolierter als zuvor. Mit ihrer autistischen und extremistischen Außenpolitik des vergangenen Jahres hat Merkel Europa tief gespalten. Sie ist eine Gescheiterte und müßte genauso wie Cameron zurücktreten. Zusammen mit ihren Vasallen in Brüssel.

Die Maxime war in Berlin früher eine ganz andere, als heute: Mehr sein als scheinen. Wenn auch an der preußischen Staatsphilosophie manches fragwürdig war: Diese Devise kann man der heutigen Berliner Chaosregierung nur anempfehlen. Denn ab 2020 wird die Finanzierung des deutschen Sozialsystems sehr kritisch werden und es wird nicht mehr funktionieren, in Europa und der Welt mit den Spendierhosen herumzustiefeln und den dicken Maxen zu spielen. Deutschland sollte sich schon jetzt Schritt für Schritt aus der unbezahlbaren politischen Sackgasse des ewigen Zahlmeisters zurückziehen. Merkel hat jedoch das Gegenteil vor. Für die Weltherrschaft des deutschen Geistes ist sie bereit das letzte Hemd ihrer Untertanen zu opfern.

Europa muß sich demokratisieren und zu einem Europa der Vaterländer werden. Das ist die Lehre aus dem Brexit. Am Anfang dieses Eintrags hatte ich den Eingangssatz des Kommunistischen Manifests in unsere Zeit übersetzt, am Schluß will ich mit dem modernisierten fünften Kapitel eben dieses Dokuments enden: An die Stelle der alten zentralistischen EU mit ihren Fesseln und Interessengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden Mitglieds die freie Entwicklung aller ist.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Ja, viel mehr Freihandels-Zonen und alles noch viel komplizierter, also noch mehr Bürokratie. Weiter so, Irrtum unser! Falls Sie Kinder haben sollten, auf in die Bürokratie, sichere Stellen, gut bezahlt, hohe Pensionen. Ob das gut geht?

Gravatar: ANTON  AMAN

Ihre Thesen sind sehr interessant, fehlt jedoch die
wahrscheinliche Möglichkeit, daß die europäischen Staaten sich aus guten Gründen, der EEU anschließen
werden, denn die USA haben nun erreicht, was sie wollten, nämlich die EU als Macht zu schwächen und
Groß-oder "Klein"-Britannien haben sie sowieso unter
der "anglikanischen" Kontrolle.
Die ehemaligen Ostblockländer, allen voran das Baltikum,
Georgien, Ukraine und auch Polen werden es zur Kenntnis
nehmen müßen, daß sie in den geopolitischen Machenschaften der USA nur Wasserträger sind.
Das Kalkül der USA, hinter den völkerrechtswidrigen
Kriegen an die russischen und kaukasischen Ressourcen
heranzukommen, wird spätestens in einem fürchterlichen
Krieg enden, so daß Europa zusehend zur EEU
aufschließen wird müßen!

Gravatar: Lars Rosinsky

Ich stimme Herrn Prabel zu, daß die USA für die zukünftige Entwicklung Europa in gewisser Weise das Zünglein an der Waage darstellen. Unangenehm für Deutschland könnte es werden, wenn die USA - z. B. bei einem Präsidenten Trump - Polen, Ungarn, Tschechien und die baltischen Staaten u.a. zu einem EU-Austritt bei gleichzeitiger Sicherheitsgarantie überreden. Dann ist Deutschland weitgehend isoliert. Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat aber auch Chancen: Ohne die Briten hat die deutsch-französische Achse grössere Gestaltungsmöglichkeiten. Diese können aber nur genutzt werden, wenn sich Deutschland aus der Abhängigkeit der USA löst und eine eigenständige europäische Aussenpolitik gestaltet. Die Aufhebung der unsinnigen Russlandsanktionen wären z.B. eine erste Massnahme hierzu. Ist Deutschland dazu mental und personell in der Lage? Die ersten Stellungnahmen von Politikern wie Steinmeier und Maas nach dem Referendum in Großbritannien legen eher den Eindruck nahe, daß man sich der drohenden Isolation gar nicht bewusst ist. Warum etwas ändern, es hat sich doch all die Jahrzehnte so schön bequem in der BRD gelebt und es wird sich sicher wieder alles einrenken nach diesem Betriebsunfall, so scheint man in der Bundesregierung zu denken.

Gravatar: Hans Meier

Danke Herr Prabel, für Ihre Analyse.

Ich habe schon woanders geschrieben, was mir auf und einfällt, weil die Lokalmedien, samt dem Staatsfunk „am Rad drehen“ als sei der „Kronleuchter von der Stuckdecke gestürzt“!

Mal angenommen, der globale Handel, ob mit Japan, Korea oder China, den USA etc. ist gar kein Problem, - welche Probleme werden denn jetzt erfunden, wenn die Briten aus dem EU-Zentral-Gefängnis in Brüssel austreten?

Nur, weil die britische Bevölkerung den „EU-Karnickel-Stall“ mehrheitlich verlassen möchte und diverse Spekulanten ihre Wetten verloren haben, ist doch nur eine Illusion, Eine weniger, richtig.

Währungspolitisch wird immer deutlicher, die Leitwährung $ ist sowieso einzig durch Militärmacht gedeckt,
der Euro nur durch Pressluft, von der EZB-Tanke,
und die Suche nach Werten im Westen wird immer schwieriger, weil man die im Osten vorhandenen, lieber beherrschen will, statt die Realität des Faktischen akzeptieren, zu wollen.

Die Briten haben sich Optionen eröffnet nicht nur im Verhältnis zur EU und der zivilisierten Welt, sondern zum „fair Play“!

Also zu dem, was Turniere und Wettbewerbe für Sieger möglich macht, statt von professionellen Politfachkräften für hilfsbedürftige soziale Heijupeis mit Depri-Identidäten, die schon zu lange am Suchtstoff hängen, und darum in der Planwirtschafts-Politik herumlungern, und mit „Soziale Gerechtigkeit“ Streit für Bekloppte aufsatteln.

Der depressive Aberglaube, eine EU-Bürokratie, die nichts anderes als ein Neo-Sozialismus mit EU-Planwirtschaft darstellt, sei eine prima Lösung, zeigt eine absurde Haltung zu weniger Wettbewerb und Marktwirtschaft in der den Cleveren sich Chancen eröffnen könnten, die ihnen die Blöden Neo-Sozialisten nicht gönnen!
Was also sollte die Briten hindern, den Fernzügen aus China die Zufahrt durch den Kanaltunnel zu verwehren, die mit Containern voll feinste Smartphons liefern, was sie schon mit Selbstverständlichkeit können?

Da können die EU-Hausmeister ja alles absperren, dann läuft der Transport halt über See, und warum sollten in Britannien demnächst Unternehmen nicht viel weniger Steuern und Auflagen ertragen müssen, wie in der EU?

Wieso wird Pessimismus ständig zur Kanzlerin Strategie?
Die Frau hat fertiger als die Zuschauer annehmen.

Wir brauchen keine alten täglich plappernden [...], was wir brauchen ist Intelligenz und Optimismus, um dem Schwachsinn zu entkommen, den Idiotinnen täglich im Rausch ihrer Eitelkeit dokumentieren!

Wir lieben unsere Kinder von Herzen und die gegenseitige Wertschätzung aller Mitmenschen, wir lassen uns doch nicht von solchen blondierten Rumpelstilzchens wie der Rauten-Domina
Verschwurbeln.
Ganz egal wie lange sie noch mit ihren Zwergen im Staatstheater auf dem Spielplan steht!
Wir sind die Realisten, und dass macht uns Spaß!

[Gekürzt. Die Red.]

Gravatar: Werner N.

Alle `Knackpunkte` richtig angesprochen, Herr Prabel. Vom möglichst unbemerkt und unumkehrbar zu installierenden sozialistischen EU–Einheitsstaat – wie es einer der „Väter Europas“, Jean Monnet, forderte – werden Brüssel und die Kanzlerin aber nicht lassen.

Bezeichnend auch, dass sich nun weder BP Gauck getraut, die Brexit–Anhänger als "Dunkelbriten" zu bezeichnen, noch Gabriel sie als "Pack". Das erdreisten sich unsere zynischen und bürgerfeindlichen Politschwätzer nur hierzulande bei Vertretern derselben Auffassungen.

Gravatar: R. Avis

Die angelsächsischen Länder haben schon immer ihr eigenes Ding gemacht. Wenn GB aus der EU draußen ist, brauchen die USA keine Rücksicht mehr zu nehmen und können Europa in einem Konflikt mit Rußland opfern. Ich kann erst wieder ruhig schlafen, wenn die Türkei aus der NATO draußen ist, aber das wird nicht passieren.

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