Was sagt der Koalitionsvertrag zur Bildung?

Seit dem 26.10 2009 gilt der Koalitionsvertrag, der zwischen CDU/CSU und FDP ausgehandelt wurde. Das II. Kapitel nennt sich mutig „Bildungsrepublik Deutschland – Durch gute Bildung und starke Forschung“. Welches sind die neuen, besonderen Akzente, wodurch die Koalition dieses Ziel erreichen will? Ist ihr der große Wurf gelungen?

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Bildung als Bürgerrecht

Das Kapitel des Koalitionsvertrags beginnt mit weit reichenden Versprechungen und hohen Zielansprüchen, an denen sich die Regierung in den nächsten Jahren wird messen lassen müssen: „ Wir wollen mehr Chancengerechtigkeit am Start, Durchlässigkeit und faire Aufstiegschancen für alle ermöglichen. Wir wollen Deutschland zur Bildungsrepublik machen, mit den besten Kindertagesstätten, den besten Schulen und Berufsschulen sowie den besten Hochschulen und Forschungseinrichtungen.“

Beim derzeitigen europäischen Vergleich hat Deutschland in den letzten Jahren immer in der unteren Hälfte gelegen. Um an die europäische Spitze Anschluss zu finden, sind mit Sicherheit gewaltige Anstrengungen nötig. Wie dieses hohe Ziel erreicht werden kann, wird im Einzelnen leider nicht dargelegt.

Finanzielle Hilfen

Wie immer wird die Realisierung nicht zuletzt von dem finanziellen Einsatz, den der Staat bereit ist, in die Bildung zu investieren, abhängen. Dazu macht der Koalitionsvertrag folgende Aussage: „ Wir erhöhen die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt 12 Mrd. Euro. Wir werden Maßnahmen ergreifen, die es zudem Ländern, Wirtschaft und Privaten erleichtern, ihre jeweiligen Beiträge bis spätestens 2015 ebenfalls auf das 10 Prozent-Niveau anzuheben.“ Wie diese finanziellen Maßnahmen im einzelnen aussehen und ob mit ihnen die gesteckten Ziele zu erreichen sind, bleibt abzuwarten.

Sprache als Schlüssel für den Bildungsaufstieg

Es hat sich in den letzten Jahren an den Schulen als ein großes Problem erwiesen, dass es viele Schüler mit Migrationshintergrund gibt, die nicht in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen, da ihnen die sprachlichen Voraussetzungen fehlen. Daher richtet die neue Bundesregierung ein besonderes Augenmerk auf die sprachliche Förderung und setzt sich selbst das Ziel: „Jedes Kind muss vor Schuleintritt die deutsche Sprache beherrschen. Deshalb unterstützen wir verbindliche bundesweit vergleichbare Sprachstandstests für alle Kinder im Alter von vier Jahren und bei Bedarf eine verpflichtende gezielte Sprachförderung vor der Schule sowie darüber hinausgehende unterrichtsbegleitende Sprachprogramme.“

Es wird eine wichtige Aufgabe sein, die für diese allgemeine Sprachvermittlung nötigen Lehrer auszubilden und so viele zu finden, damit wirklich alle vor Eintritt in die Schule genügend Sprachkenntnisse mitbringen.

Unterstützung der Familien für die Bildung ihrer Kinder

Um die Bereitschaft der Eltern zu fördern, mehr Kinder zu bekommen und in deren Bildung zu investieren, will die neue Regierung „jedem neu geborenen Kind beispielsweise ein Zukunftskonto mit einem Startguthaben von 150 Euro einrichten und Einzahlungen bis zur Volljährigkeit mit einer Prämie unterstützen.“ Hierbei handelt es sich wohl um eine Art Tauschprogramm: Kind für Geld.

Im folgenden wird ein im Koalitionsvertrag ausgedrücktes Versprechen allerdings nicht eingehalten. Zwar wird von der Wahlfreiheit der Eltern zwischen Beruf und Familie gesprochen, aber im Kapitel über die Familie werden die staatlichen Betreuungseinrichtungen weiterhin bevorzugt finanziert gegenüber zu Hause sich der Kindererziehung widmenden Eltern. Ihnen wird für 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 150.- Euro in Aussicht gestellt, wobei noch nicht klar ist, in welcher Form sie es bekommen sollen.

Daher ist es schwer, die folgende Aussage wirklich ernst zu nehmen: „Eltern sollen die Wahlfreiheit haben, Familienleben und Erwerbstätigkeit nach ihren Wünschen zu gestalten. Alle, die Kinder erziehen, erbringen eine Leistung für die ganze Gesellschaft und verdienen daher deren besondere Anerkennung.“

Soll so die Jungenbenachteiligung gelöst werden?

Man kann zunächst erstaunt sein darüber, dass es ein Kapitel mit der Überschrift „ Jungen und Männerpolitik“ gibt; denn sie wurden in den bisherigen Bildungsüberlegungen zu deren Schaden ausgeklammert. Wenn man aber liest, was sich die Koalitionäre zur Problemlösung haben einfallen lassen, dann stößt man auf dieselben Akzente, wie sie schon bisher von der Familienministerin auf der Seite > www.neue-wege-fuer-jungs.de propagiert werden.

Hier der Text der Koalitionsvereinbarung: „Wir wollen eine eigenständige Jungen- und Männerpolitik entwickeln und bereits bestehende Projekte für Jungen und junge Männer fortführen und intensivieren. Damit eröffnen wir ihnen auch in erzieherischen und pflegerischen Berufen erweiterte Perspektiven.“

Für jeden, der sich schon einmal ernsthaft mit Jungen beschäftigt hat, dürfte doch wohl klar sein, dass die Lösung der inzwischen überall als „benachteiligtes Geschlecht“ bezeichneten Jungen nicht darin liegen kann, dass man ihnen als einzigen Ausweg aus ihrer Situation anbietet, ihnen verstärkt den Zugang zu erzieherischen und pflegerischen Berufen zu erleichtern.

Schon aus diesen wenigen Überprüfungen des Koalitionsvertrags zum Thema Bildung geht hervor, dass dies nicht der große Wurf für eine „Bildungsrepublik“ sein kann.

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