Was man alles glauben muß, …

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wenn man glaubt, nichts zu glauben.  Mag dieser Satz auf den ersten Blick auch ironisch klingen, so ist es doch ernster, als so mancher denken mag. Der gläubige Mensch hat zunächst einmal nur ein einziges Axiom: Gott existiert.

Nicht anderes ist zunächst einmal als unbewiesene und unbeweisbare Grundannahme anzunehmen. Als Folge dieses einen Axioms ergeben sich Schlußfolgerungen, die in sich komplett logisch und konsequent sind. Als da wären, Erschaffung der Welt und alles Lebens auf der Welt. Mithin Erschaffung des Menschen. Es wäre ja ziemlich unsinnig, von einem Gott auszugehen, der nix tut als nur im Himmel rumzusitzen. Also – auch das ist logisch und konsequent – gibt er der Schöpfung ihre Regeln, nach denen sie funktioniert und den Menschen ein paar Anweisungen, wie das Leben besser laufen kann.

Damit sind wir noch weit vom Christentum entfernt. Doch die natürliche Erkenntnis Gottes, die prinzipiell jedem Menschen möglich ist, erlaubt es nach den Spielregeln des Naturrechts zu leben und damit nicht gut sondern auch ewig zu leben. Das II. Vatikanische Konzil hat diesen Umstand in bester Lehrtradition der Kirche für die moderne Zeit neu formuliert. Kann also ein Mensch aus guten Gründen, die in seiner Person, seiner Biographie oder auch seiner Kultur begründet liegen, die einmalige Offenbarung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus nicht erkennen, so ist es ihm aufgetragen, nach seinem Gewissen – nicht aber nach Beliebigkeit, politischen Mainstream oder Lust und Laune – zu handeln. Dazu muß ein Mensch nicht einmal das Axiom von der Existenz Gottes explizit anerkennen. Die implizite Anerkennung – da nämlich die Stimme des Gewissens die Stimme Gottes ist – reicht völlig aus.

Nun mag man mir vorwerfen, die Existenz Gottes als Axiom zu bezeichnen. Bei allen noch so guten Bestrebungen, einen Beweis für die Existenz Gottes erbringen zu wollen, scheitern wir immer und zwingend an unserer Geschöpflichkeit, die den Schöpfer nicht vollumfänglich umfassen kann. Alles was wir also beweisen können, muß selbst geschaffenes sein, mithin von Gott kommen, jedoch von ihm verschieden sein. Damit bleibt der Satz von der Existenz Gottes zunächst einmal ein Axiom. Damit werden die Gedanken eines Thomas von Aquin nicht unsinnig oder wertlos, doch auch Thomas setzt bei seinen Gottesbeweisen auf einem Axiom auf. Die Gottesbeweise beschreiben etwas, wo sich jeder anschließen kann, daß man das so sagen kann und endet mit dem Satz: “… und das nennen wir Gott.”

Doch wir bleiben nicht bei axiomatischer Betrachtung Gottes stehen. Es existieren zwei Wege: der oben beschriebene Weg der natürlichen Gotteserkenntnis, sei sie nun implizit oder explizit, ist der eine. Der andere Weg ist die Offenbarung Gottes. Immer wieder in der Geschichte der Menschen hat sich Gott den Menschen offenbart. Abraham, Mose, die Propheten und letztlich Johannes der Täufer, von dem wir heute am Fest Maria Heimsuchung hörten, daß seine natürliche Gotteserkenntnis schon bei der Begegnung seiner Mutter mit der Mutter des Erlösers voll entwickelt war. Er war der, der auf den Erlöser zeigen sollte.

Die letzte, höchste und abschließende Form der Offenbarung ist durch die Menschwerdung Gottes selbst in der zweiten Person der Dreifaltigkeit erfolgt. Aus seinem Evangelium, das er uns verkündet hat und aus seinem Erlösungshandeln folgt alle Erkenntnis über Gott, die wir als geschaffene Menschen überhaupt nur haben können. Darüber hinaus gibt es nichts und das wandelt sich auch nicht. Einzig ist es nötig, immer wieder eine Sprache zu finden, in der die ewig gültigen Wahrheiten zeitgemäß verkündet werden können. Wie schwer das ist und wie sehr das auch ein Ringen mit Irrungen und Wirrungen nötig macht, zeigen alte und junge Kirchengeschichte in gleicher Weise. Und trotz eines dicken Katechismus, einer unüberschaubaren Fülle von Lehrschreiben, Bibelkommentaren, Konzilsdokumenten, Kommentaren, Rechtssammlungen, theologischen Lehrbüchern etc. ist der Glaube an Gott total unkompliziert.

Und da kommt die Überschrift ins Spiel. Immer wieder mal begegnen mir – vor allem im Internet / den sozialen Medien – ungläubige Menschen, die gar keinen Bock darauf haben, sich um ein Leben gemäß dem Naturrecht zu bemühen, ihr Gewissen zu schulen, der Wahrheit nachzuspüren und vielleicht so den ihnen gemäßen Weg zu finden. Vermutlich würden sich die meisten auf einem solchen Weg zu Christus bekehren. (Ich weiß, daß das eine steile These ist, doch die Erfahrung zeigt, daß der Herr sich bemerkbar zu machen versteht, wenn sich ein Mensch auf den Weg der Suche nach der Wahrheit macht.)

Stattdessen weisen sie oftmals nicht nur jeglichen Glauben von sich, sie ergehen sich in zuweilen haßerfüllten Behauptungen über die Kirche, den Glauben, die Religion im allgemeinen, aber durchaus auch über Normen, die sich schon aus dem Naturrecht ergeben. Das funktioniert nur, wenn man eine geradezu überwältigende und unüberschaubare Fülle von Axiomen annimmt. Die Zahl dieser Axiome geht wirklich gegen unendlich und kann im Laufe von Gesprächen variieren, mutieren, sich vermehren sich zu Axiomketten zusammenschließen und ein Ausmaß an Absurdität erreichen, daß sich wie ein Spinnennetz um den Gesprächgegner (sie behandeln einen gläubigen Menschen in der Regel nicht als Partner sondern als Gegner) legt und ihn geradezu unfähig macht, überhaupt noch über einen klar umrissenen Sachverhalt sinnvoll zu sprechen. Wer sich bemüht, eine Sache zu erklären, d.h. überhaupt einmal eine Definition zu finden: “worüber reden wir eigentlich hier?” Sieht sich nur wenige Postings später einer unüberschaubaren Fülle von Unterstellungen, unbewiesenen Behauptungen, Halbwahrheiten, (zuweilen persönlich) Beleidigungen und Diffamierungen gegenüber, die man als einzelne oder der Reihe nach natürlich abarbeiten könnte, in der Fülle und in der Geschwindigkeit aber gar nicht mehr hinterher kommt und das Ausgangsthema an solcher Stelle längst vergessen ist. Beim Lesen solcher Auflistungen, die zuweilen wirklich sehr verletztend sein können, fällt immer wieder auf, wieviel von dem Behaupteten einfach nur ohne jeglichen Beweis und ohne jegliche Grundlage unreflektiert geglaubt wird.

Eine solche zuweilen erschreckend blauäugige Gläubigkeit ließe mir als Katholik kein Bischof, kein Beichtvater, kein Pfarrer und kein ernst zu nehmender atheistischer oder andersgläubiger Gesprächspartner durchgehen. Darum lasse ich es auch keinem mehr durchgehen.

Der christliche Glaube hingegen schafft einem Menschen eine Freiheit in einem bis dahin unbekanntem Umfang und er stiftet Gemeinschaft weit über das zu erwartende Maß hinaus, nicht nur die Welt umspannend sondern sogar die Welt überschreitend.

Ich bedauere unglaublich, wie sehr antichristliche Propaganda genau das Gegenteil behauptet und auch dies wieder axiomatisch geglaubt wird.

Gegen eine Unzahl von Axiomen kann man nicht argumentative ankommen. Das würgt jedes Gespräch ab. Wer Fragen hat, kann gerne Antworten bekommen. Sachverhalte stelle ich in solchen Diskussionen schon mal kurz und knapp dar und wer Fragen hat, kann gerne Antworten bekommen.

Ausnahmsweise schalte ich unter diesem Beitrag aus guten Gründen die Combox ab.

Beitrag erschien zuerst auf: blog.peter-winnemoeller.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Elmar Oberdörffer

Wenn Sie schon den Begriff "Axiom" strapazieren, Herr Winnemöller, dann lassen Sie uns mal untersuchen, was es damit auf sich hat. Nehmen wir der Anschaulichkeit halber mal als Beispiel das Parallelenaxiom der euklidischen Geometrie: Durch einen Punkt, der nicht auf einer gegebenen Geraden liegt, gibt es zu der Geraden eine und nur eine parallele Gerade. Dieser Satz läßt sich nicht beweisen, die darauf basierende Geometrie des Euklid zeigt aber innerhalb des von Menschen vermeßbaren Raumbereichs keine meßbaren Abweichungen von der Wirklichkeit und wird daher allgemein angewendet. Wie andere Mathematiker gezeigt haben, lassen sich aber auch mit den Axiomen "Durch einen Punkt, der nicht auf einer gegebenen Geraden liegt, gibt es keine parallele Gerade" und "Durch einen Punkt, der nicht auf einer gegebenen Geraden liegt, gibt es unendlich viele parallele Geraden" widerspruchsfreie Geometrien aufbauen. Welche dieser Geometrien im Weltall gilt, ist noch offen. Auf Ihr Axiom "Gott existiert" angewandt, heißt das, die Axiome "Gott existiert nicht" und "Es existieren viele, vielleicht unendlich viele Götter" haben die gleiche Berechtigung wie Ihres. Keines dieser Axiome läßt sich beweisen, die Auswahl ist eine Frage des Glaubens. Die Gegenwart Gottes läßt sich, im Gegensatz zur praktischen Übereinstimmung der euklidischen Geometrie mit der Wirklichkeit, eben nicht messen. Daß Sie den Satz: "Gott existiert" als Axiom bezeichnen, hilft Ungläubigen nicht weiter.

Gravatar: Thomas Rießler

In der römisch-katholischen Kirche mag es speziell nach dem 2. vatikanischen Konzil üblich sein, von einem ewigen Leben ohne den Glauben an Christus auszugehen. Demnach reicht der Glaube an einen evtl. auch außerbiblischen Gott und das Leben nach dem Naturrecht aus. Der Glaube an Christus wäre demnach nicht mehr heilsnotwendig, sondern ein kleines zusätzliches Schmankerl für die Note 1 in Religion sozusagen.
Offen für die Moderne wollte die römisch-katholische Kirche sein und das Gespräch mit anderen aufnehmen. Die gläubigen Juden, Muslime, Hindus usw. sind nach Ihrem Verständnis bereits alle errettet, demnach kann es ja eigentlich nur noch um die hartgesottenen Atheisten gehen, die sich partout nicht mit dem Axiom, dass Gott existiert, anfreunden können, sondern sich stattdessen in ein Geflecht komplizierter andersartiger Axiomketten flüchten. Anstelle des von der katholischen Lehre erwünschten Dialogs mit der ungläubigen Welt sehen Sie, Herr Winnemöller, sich nun aber mit einer unüberschaubaren Fülle von Unterstellungen und Beleidigungen konfrontiert, die sehr beleidigend sein können, so dass Sie sogar Ihre Combox abgeschaltet haben, Sie armer Mensch, Sie.

Gravatar: Freigeist

Die Hindus sind aber ganz ganz anderer Meinung.

Gravatar: Erich Lohr

„Der Mensch ist Geschöpf oder Gott.“

„Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.“

„Der Unglaube ist nicht Sünde, sondern Strafe.“

Nicolás Gómez Dávila (1913 - 1994)

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