Warum ist die CDU gegen höhere Steuereinnahmen?

In der christlich-liberalen Koalition in Niedersachsen gibt es offenbar Differenzen über die Zukunft des Glücksspiels.

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In der christlich-liberalen Koalition in Niedersachsen gibt es offenbar Differenzen über die Zukunft des Glücksspiels. Während die FDP für eine geregelte Liberalisierung des „derzeit zwischen staatlichem Monopol und Internet-Schwarzmarkt aufgeteilten Marktes streitet“, spricht sich die CDU jetzt für einen strikten Erhalt des staatlichen Glücksspielmonopols aus. Dies berichtet die Zeitung „Die Welt“ unter Berufung auf ein Positionspapier des niedersächsischen CDU-Fraktionschefs Björn Thümler. Konkret wolle der Christdemokrat die Gewinnmöglichkeiten bei der staatlichen Sportwette Oddset erhöhen und das Internetangebot der staatlichen Lottogesellschaften vereinheitlichen. Im Gegensatz zu ihrem Koalitionspartner in Hannover machen sich die Liberalen für ein Konzessionsmodell stark, mit dem die großen privaten Sportwette-Anbieter in Deutschland zugelassen werden sollen. So könnte laut FDP-Fraktionschef Christian Dürr zumindest ein Teil jener Einnahmen, die den Ländern in den vergangenen Monaten verloren gegangen sind, wieder hereingeholt werden.

 

Nach einer wissenschaftlichen Studie von Goldmedia könnte infolge einer Liberalisierung des Glücksspielmarktes viel Geld in die niedersächsische Landeskasse gespült werden. „Das Steuereinkommen wird bei einer Liberalisierung im Jahr 2015 rund 516 Millionen Euro betragen“, erläutert Dr. Wulf Hambach, dessen Unternehmen als beste deutsche Kanzlei für Glücksspielrecht den German – Gaming Law Firm of the Year 2010 Award von Global Law Experts (GLE) erhalten hat, ein Ergebnis der Studie. Es handele sich um eine Steigerung des Steueraufkommens um 39 Prozent, während bei Beibehaltung des Status quo die Einnahmen des Landes bis 2015 um 29 Prozent sinken werden. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies Mehreinnahmen in Höhe von rund 235 Millionen Euro.

 

Die Goldmedia-Studie geht auch der Frage nach, wie die fünf Millionen deutscher Online-Pokerspieler durch ein lizenziertes Angebot erreicht werden können. Nur durch die Vergabe von Lizenzen an die großen Online-Pokeranbieter lasse sich eine Regulierung und effektive Besteuerung des bestehenden Marktes erreichen. Die aktuelle politische Debatte über Internetsperren habe allen Beteiligten vor Augen geführt, dass rein technisch keine Möglichkeit zu effektivem Blockieren ausländischer Webseiten bestehe. „Durch die zentrale Kontrolle des Datenflusses der lizenzierten Anbieter würde eine zentrale Online-Glücksspielaufsichtsbehörde mit bundesweiter Vorbildfunktion die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften unmittelbar überwachen und die Umsätze der Anbieter direkt feststellen, so dass sie der Besteuerung unterworfen werden könnten“, so Hambach.

 

Aufgrund der Fortentwicklungen des Steuerrechts auf europäischer Ebene in den letzten Jahren sowie der bereits für 2015 beschlossenen Änderungen im europäischen Steuerrecht ist nach Auffassung der Rechtsexperten von Hambach & Hambach mittlerweile neben einer Verwaltungsgebühr für die Glücksspielaufsicht auch die Einführung einer Verkehrssteuer auf Sportwetten- und Pokerveranstaltungen in einem liberalisierten Markt rechtssicher möglich. Die Durchsetzung dieser Glücksspielsteuer wird innerhalb der Europäischen Union durch die zum 1. Januar 2012 eintretende Verschärfung der Beitreibungsrichtlinie vereinfacht.

 

Ein Blick auf Länder wie Italien und Frankreich zeigt, dass diese eine Menge an Gebühren und Steuereinnahmen allein durch das Unternehmen PokerStars, den weltweiten Marktführer im Online-Poker-Bereich, erzielen. PokerStars möchte in einem regulierten Markt nachhaltig investieren sowie entsprechend Abgaben und Steuern entrichten. Daher hat das Unternehmen in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine Lizenz für sein Angebot beantragt, der eine Liberalisierung eingeführt hat oder einführen wird.

 

Wer sich – aus welchen Gründen auch immer – weiterhin gegen eine Liberalisierung des Marktes und ein Konzessionsmodell sperrt, verzichtet letztlich freiwillig auf höhere Steuereinnahmen, sagen Fachleute. Dies erscheint angesichts der knappen öffentlichen Kassen unverständlich und unvernünftig. Daher setzen die Vertreter einer kontrollierten Liberalisierung dieses Wirtschaftszweigs daruaf, dass sich die besseren Argumente letztlich durchsetzen werden und auch in der Politik mehr Gehör finden. Wird die jetzige Regelung in Deutschland beibehalten, geht Goldmedia für Deutschland von weiter sinkenden Bruttospielerträgen im Glücksspielmarkt aus. Insgesamt ist dann mit einer Reduktion um 1,5 Milliarden Euro zu rechnen. Der unregulierte Markt würde dann bereits 30 Prozent des Gesamtmarktes ausmachen. Diesen Wildwuchs könne kein verantwortlich handelnder Politiker wollen, so Branchenvertreter. Im Falle einer Liberalisierung aller Bereich ist hingegen von einem Wachstum um 5,2 Milliarden Euro auszugehen.

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freidenker

Was soll das Argument der Steuereinnahmen? Das Monopol ist aus freiheitlichen Gründen abzulehnen. Der Staat soll sich gefälligst aus dem Leben der Menschen heraushalten.

Gravatar: Holger Kluge

Tja, vielleicht hat die CDU in Niedersachsen nun doch erkannt, dass die von den Kommerzialisierungsbefürwortern genannten Zahlen mit der Realität nichts zu tun haben. Man muss nur nach Frankreich schauen um zu sehen, wie wenig Steuern eine solche "Liberalisierung" tatsächlich bringt. Statt dessen steigt die Zahl der Spielsüchtigen dramatisch an, in UK sind schon rund 1 Million Jugendliche Glücksspielsüchtig. Gut, dass uns in Deutschland solche "liberalen" Verhältnsse weiter erspart bleiben.

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