Warum hörte niemand auf die Kassandra-Rufe von Ludwig Erhard?

Die türkischen Mitbürger unter uns, mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, dürften die größte Gruppe der Muslime in unserem Land sein. Sie leben nunmehr in der dritten Generation hier.

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Ursprünglich hat es damit angefangen, dass die deutsche Wirtschaft, aber auch die Gewerkschaften, Ende der 50-er Jahre die Anwerbung türkischer Arbeiter forderten, da aus den südeuropäischen Ländern nicht genügend Arbeitswillige für Deutschland zur Verfügung stünden. Nach wenigen Jahren der Mitarbeit türkischer Arbeiter in der deutschen Industrie und im Handwerk wurde die Forderung nach Familiennachzug laut „Ihr wolltet Arbeiter, es kamen aber Menschen…“ Der massenhafte Nachzug von Familienmitgliedern aus der Türkei wurde auch von den damaligen maßgebenden Parteien CDU, SPD und FDP gefordert. Mehr oder weniger allein gelassen stellte sich der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhardt dagegen: Im deutschen Fernsehen warnte er davor „…so viele ausländische Menschen in unser Land zu lassen…“

Die negativen Konsequenzen aus dem Nachgeben der o.a. Forderung sehen wir heute klarer und deutlicher denn je: Nur ein kleiner Teil der hier ansässig gewordenen Türken ist säkular geworden. Bezeichnender Weise halten die meisten von ihnen, mit und ohne Doppelpass, Erdogan für den besten türkischen Politiker. Und das nach jahrzehntelangen Bemühungen in den Schulen und andernorts: Sie pflegen nach wie vor ein islamischen Welt- und Menschenbild! Und unsere Politiker halten immer noch ihre Integration für möglich. Ob die Gülen-Anhänger Demokratieträger im Sinne unseres Grundgesetzes sind, dürfte wohl noch zu klären sein. Und die vielen Muslime, die letztes Jahr unter massenhaftem Rechtsbruch seitens der Bundesregierung in unser Land gelassen wurden, sind sicherlich durchgehend als „nicht grundgesetzlich sozialisiert“ einzustufen. Wer sich ein Bild davon machen möchte, dem sei die diesbezügliche Reportage des ZDF empfohlen: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/sendung-verpasst/day1#/beitrag/video/2480124/Ein-Staat---zwei-Welten , auch wenn sie im letzten Jahr bereits gesendet worden ist.

So steht es leider nicht gut um die Zukunft dieses Staates. Die maßgebenden Politiker hier zeichnen sich durch anhaltend partiale Realitätsverweigerung aus, wie einmal mehr die letzte Woche bekannt gewordenen Antwort des Bundesinnenministeriums zu der Anfrage der „Die-Linke“ aufzeigt. Auch die „Berliner Erklärung“ der CDU-Innenminister bleibt hinter den Anforderungen an das notwendige Handeln unseres Rechtsstaats zurück.

Hätte man seinerzeit auf die Warnungen von Ludwig Ehrhardt gehört, wäre uns wohl diese Entwicklung erspart geblieben. Oder?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karl Brenner

Von Ludwig Erhard kann man nicht genug schwärmen.
Sein letzter versuch der "Formierten Gesellschaft" war ein genialer. Es zeigt seine immer konstant gebliebene "gleichzeitig menschlich kümmernde" und "der gesellschaftlichen Ordnung bewahrende" integrale Gesamtstrategie. Eigentlich eine Quadratur des Kreises, Er hat es fertig gebracht.

Sein Problem:
Deutschland und die Medien waren nicht frei

Es gab übrigens mal ein PDF von einer Doktorarbeit über die frühe Arbeitnehmereinwanderung nach Deutschland im Internet. Dortdrin wurde beschschrieben, wie die türkische Einwanderung von einer bekannten externen Kraft den deutschen mehr oder weniger aufgezwungen wurde. Sehr interessant.

Gravatar: Kritischer Beobachter

Ehrhard hat sich der Erlaubnis des Familiennachzugs widersetzt. Seine Bedenken wurden nicht von seinen Ministern geteilt. Dabei wäre es so einfach gewesen, Ethnologen und Religionswissenschaftler zu befragen, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn Hunderttausenden bis Millionen Menschen aus nichtchristlich geprägten Gesellschaften der dauerhafte Zutritt nach Deutschland gewährt wird. So wurde ein Großexperiment gestartet auf Basis der Illusion, alle in unser Land Kommenden zu „integrieren“. Die fatalen Folgen, die ihren Ausdruck in den zwischenzeitlich gegründeten zahlreichen Parallelgesellschaften finden, sind für jedermann unübersehbar. Sie sind eingehend analysiert und neben anderen Publikationen in zwei Büchern veröffentlicht.
Und dennoch halten die derzeit verantwortlichen Politiker an der Illusion der Integration fest. Das ist m.E. heutzutage der Skandal!

Gravatar: FDominicus

Kann man auch fragen warum wurde von MIses nie so gewürdigt wie es angemessen wäre. Erhard war doch von Mises sowas von geprägt....

Gravatar: Moritz

Niemand brauchte zur Zeit der Anwerbung der türkischen Arbeitskräfte wirklich welche, das war nur zur Stützung der Nato-Südflanke, also Stärkung der Türkei nötig.

Im übrigen war es auch davor nicht nötig und die Gewerkschaften waren anders als hier geschrieben dagegen, denn da waren es noch Gewerkschaften, das einzige Ziel war Druck auf die Löhne zu bekommen, sonst gar nichts.

Gravatar: Kritischer Beobachter

Also, wer seinerzeit vom Alter her in der Lage war, Politik bewusst zu registrieren, erinnert sich an das Verlangen der deutschen Wirtschaft nach ausländischen Arbeitern. Das ging im Fall "Türkei" in der Tat einher mit einer entsprechenden Anfrage der türkischen Regierung. Und selbstredend hat die US-Regierung die zustande kommende Verständigung im Sinne ihres türkischen Natopartners "gefördert". Aber ohne die originäre Nachfrage aus Deutschland wäre da nichts gelaufen!
JAPAN hat es verstanden, mit den einheimischen Arbeitskräften beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft auszukommen. Ganz einfach, indem von Anfang an konsequent auf Automatisierung der Arbeitsgänge gesetzt wurde. Das haben seinerzeit unsere Wirtschaftsmanager versäumt. Sieht man mal z. B. einen Dokumentarfilm über die Autoproduktion damals in unsrerem Land, staunt man über die hohe Zahl an Arbeitern. Heute braucht man weniger als ein Zehntel dafür!

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

"......daß die deutsche Wirtschaft......die Anwerbung türkischer Arbeiter forderten.........."

Auch dieses Märchen ist inzwischen widerlegt.
Die Anwerbung erfolgte auf massiven Druck der USA, die ihrem NATO-Partner Türkei gefällig sein wollte.

Gravatar: Lutz

Sehr geehrter Dr. Gerd Brosowski,

auch wenn ich Ihnen generell zustimme, ist es mir doch wichtig, noch etwas hinzuzufügen:

Viele "Polen" die als Arbeitskräfte in den Westen kamen, waren - von der überwiegenden Zeitspanne aus betrachtet - Bürger des damaligen Deutschen Reiches und nicht wenige dieser Menschen fühlten sich auch als Deutsche.

Gerade die ursprünglich westslawischen Masuren stimmten mit unglaublicher Mehrheit für die deutsche Zugehörigkeit. In vielen schlesischen Gegenden war es ebenso. Durchwachsen war es eher in den Gebieten Posen/Westpreußen. Was ich damit sagen will? Massive Integrationsprobleme - so sie es denn gab - waren eher der regionalen Vielgestaltigkeit innerdeutscher Unterschiede geschuldet, als einer gewissen polnisch-ethnischen Identität.

Was insgesamt - leider - aus dem "Kritischen Beobachter" nicht hervorgeht, ist die Tatsache, dass ursprünglich nicht die deutsche Wirtschaft/Regierung, sondern die Türkei selbst das Ersuchen stellte, Arbeitskräfte nach Deutschland entsenden zu dürfen.

Dieser Umstand ist exorbitant wichtig, wenn man die Chronologie dieser Ereignisse nicht auf den Kopf stellen möchte. Im Übrigen wird gerade diese Tatsache medial, politisch und gesellschaftlich gerne verschwiegen.

Gravatar: Stephan Achner

By the way: Der frühere deutsche Wirtschaftsminister und dann Bundeskanzler schreibt sich "Ludwig Erhard".

Einen Bundeskanzler mit "dt" hatten wir auch. Das war aber Helmut Schmidt.

Gravatar: Dr. Gerd Brosowski

Im Grunde ist die im Artikel beschriebene Misere eine Spätfolge des Kalten Krieges und der damit verbundenen damaligen Spaltung Europas. Während der gesamten ersten industriellen Revolution wurde der riesige Bedarf an Arbeitskräften durch Zuwanderung aus dem Osten, meist aus Polen, gedeckt: Das halbe Ruhrgebiet kam so zusammen. Wie jeder weiß, verlief diese Geschichte überaus erfolgreich. Dass in den fünfziger, sechziger Jahren auf Südeuropa und später auf die Türkei ausgewichen werden musste, lag an der Spaltung Europas. Die Sache schien sich wieder einzupendeln, als nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Zuwanderung aus dem Osten erneut einsetzte. Hat man vielleicht den Zuwanderern aus dem Osten die Arbeitsaufnahme hier aus durchsichtigen gewerkschaftlichen Interessen erschwert? Woran lag es, dass der Strom an arbeitswilligen und arbeitsfähigen Zuwanderern aus dem Osten sich erst nach Deutschland, schließlich aber nach England wandte?

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