Es geistert ein Narrativ durch die Medien und durch die populärwissenschaftliche Literatur. Dieses Narrativ beschreibt, wie zur Zeit der Kreuzzüge der Vordere Orient dem Westen gegenüber kulturell, wirtschaftlich und wissenschaftlich überlegen war.
Und wenn man die Beschreibungen vom Zusammentreffen von Kreuzfahrern und Orientalen liest, auch die Primärquellen, dann scheint das zu stimmen.
Doch das hat alles nichts mit dem Islam zu tun.
Der Islam verbreitet sich erst ab dem 7. Jahrhundert über Vorderasien und Nordafrika. Und er legte sich zunächst wie ein dünner Firnis über die autochthonen Kulturen und Völker des Orients.
In Ägypten war bis zum 12. Jahrhundert die Hälfte der Bevölkerung noch koptisch (christlich). Auch in Syrien blieben über Jahrhunderte viele Regionen christlich. Der Libanon war sogar bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrheitlich christlich.
Als die Kreuzritter in den Nahen Osten kamen, staunten sie schon im christlichen Konstantinopel über die Größe der Hagia Sophia und die Zivilisation dieser Weltstadt am Bosporus. In Syrien und in Ägypten waren Griechen, Armenier, Juden und andere Gruppen in allen wichtigen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens aktiv. Viele Wezire waren Nicht-Muslime.
In Persien gab es lange Zeit noch einen großen Bevölkerungsanteil von Zoroastriern (Zarathustriern). Und in Andalusien prägten Christen und Juden die Gesellschaft der Muslime mit.
Was also die Überlegenheit des Orients bis ins Mittelalter ausmachte, hatte nichts mit dem Islam zu tun.
Es war vielmehr das Erbe des Alten Orients, nämlich der Ägypter, Perser, Babylonier, Assyrer, Hebräer und Phönizier sowie das Erbe des Hellenismus, der Verschmelzung von Orient und Okzident nach Alexander dem Großen, welches das Licht des Orients noch lange leuchten ließ.
»Ex Oriente Lux« trifft also primär auf die vorislamische Zeit zu.
Fakt ist: Je mehr die religiösen und kulturellen Minderheiten verschwanden, desto rückständiger wurde der Orient. Das Osmanische Reich steht hier sinnbildlich für den Niedergang des Nahen Ostens.
Kemal Atatürk hatte dies erkannt und deshalb nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches auf eine Säkularisierung der Türkei gesetzt.
Resümee: Wenn es heute heißt, die islamische Welt sei der christlichen im Mittelalter überlegen gewesen, so ist das schlicht falsch. Erstens war Byzanz bis 1453 das kulturelle Herz des Nahen Ostens gewesen. Zweitens baute der Nahe Osten auf dem Erbe des Alten Orients auf, dessen Wissensreichtum besonders ab dem 15. bis zum 19. Jahrhundert in Relation zum Westen abnahm.
Am Ende war es der Okzident, der über das Erbe der Klassischen Antike auch das Erbe des Alten Orient weitertrug. Dies führte während der Renaissance in Europa zum Aufblühen der Geisteswelt und im Orient zum Absterben derselben.
Heute ist es bezeichnend, dass die islamische Welt in der Liste der Nobelpreisträger (in den Naturwissenschaften und Medizin) fast gar nicht vorkommt. »Ex Oriente Lux« – das war einmal. Das Licht des Orients ist parallel zur alles durchdringenden Islamisierung der Gesellschaft erloschen.
Kommentare zum Artikel
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Interessanter Artikel!
https://eussner.blogspot.com/2017/08/das-waqf-al-andalus-aktualisierter.html#more
„War die islamische Welt im Mittelalter fortschrittlicher als der Westen?“
Ja mei: Wenn ich mir ausmahle, dass die entsprechende Transformation nicht nur ´Stadtteile` Deutschlands längst ´betrifft` (hier nur ´ein` Beispiel)
https://www.fnp.de/frankfurt/ein-stadtteil-katapultiert-sich-zurueck-ins-mittelalter-und-feiert-froehlich-und-zuenftig-91811730.html:
Stellt sich diese Frage tatsächlich???
Den Orient und Kleinasien habe ich schon in den sechziger Jahren als junger Globetrotter mit dem eigenen Auto bereist und bin seinerzeit in eine völlig verarmte Welt eingetaucht, voller Gefahren und nur wesentliche Religions -und herrschaftliche Prachtbauten existierten, während der große Rest vor sich hindarbte.
Sie sind erst aus dem Dornröschenschlaf erwachte, als neue Aspekte aus dem Abenland herüber schwappten, als Grundlage für Modernität, denn der Islam hatte wenig dafür übrig, daß sich die Massen entwickeln, hauptsache sie waren gläubig, als Grundlage eigener Herrschaftsansprüche, was bei uns vorher auch nicht viel anders war.
Demzufolge ist die Feststellung absolut richtig, daß es nach den vorausgegangenen Hochkulturen unter der Ägide des Islams zu einem Inovationsstau kam, was bei uns allerdings anders dargestellt wird, von Leuten die wenig Ahnung haben und die islamischen Gelehrten haben ja nur von Anleihen des alten Alexandria und den Griechen gelebt und die gehörten schon damals zur Elite, was das Volk keinesfalls berührte und nur zusehen durfte, wie sich die Mächtigen die Nüsslein geteilt haben, während bei uns der Umschwung schon vorher kam über die römische Besatzung die uns ihre Kultur aufgedrängt haben und diese wiederrum von den alten Etruskern und Griechen, aber auch von den Ägyptern übernommen haben.
Es waren die Griechen z. Bsp. Archimedes und danach wurde dieses Erbe im Heiligem römischem Reich deutscher Nation in die Neuzeit getragen. Der Islam hat nix gebracht. Wo sind die technischen Entwicklungen und weiter Entwicklungen des Islam? Religion dient den nur Schwätzern!
Der Autor hat völlig recht mit seiner Aussage, dass der Islam mit der „Fortschrittlichkeit“ des Nahen Ostens zwischen 500 und 1000 nichts zu tun hatte. Er führt aber einige wesentliche Argumente nicht an.
1. Das traditionelle Narrativ von der Entstehung des Islam ist sehr wahrscheinlich falsch (siehe Forschungen der Gruppe Inârah). Die Erwähnung eines „Propheten Mohammed“ findet man erst zwei Jahrhunderte nach seiner angeblichen Existenz. Der Islam ging wohl aus dem syrischen monophysitischen Christentum hervor; bis zu seiner Kristallisierung als eigenständiger Religion dauerte es drei bis vier Jahrhunderte – das ist die angebliche (wenn überhaupt, dann arabisch-christliche) „Fortschrittszeit“, die sofort endete, als es den Islam als solchen gab.
2. Der Nahe Osten hatte kein frühes Mittelalter, denn es gab keine zerstörerische Völkerwanderung und somit kein Ende der Antike. Der gesamte Nahe Osten existierte mit seiner antiken Kultur ungebrochen weiter, und dies vor allem im Oströmischen Reich = Byzanz mit Syrien und Ägypten, aber auch mit den arabischen und persischen Nachbarn, bei denen sich die Antike ebenfalls weitgehend ungebrochen weiterentwickelte. Alle Errungenschaften der Zeit zwischen 500 und 1000 sind primär der antiken, also griechisch-hellenistisch-römischen Kultur in Verbindung mit den lokalen Traditionen entwachsen.
3. Von einem „Islam“ im heutigen Sinn kann man erst ab dem 9. Jahrhundert reden, die Vorherrschaft mit all seinen für ihn typischen despotisch-totalitären und doktrinären Zügen gewann er ab dem 11. Jahrhundert – und dann war es mit der „Fortschrittlichkeit“ sofort vorbei. Damals begannen die Drangsalierungen der christlichen Pilger zum Heiligen Grab, die zuvor unbehelligt waren, was dann mit ein Grund für die grandiose Vorwärtsverteidigung der Kreuzzüge war, die zu den größten Leistungen des Abendlands gezählt werden müssen.
4. Die Lüge vom islamischen Fortschritt hat zwei Wurzeln: erstens das rassistische islamische Dogma, der Islam sei die beste Gesellschaft, die Muslime die einzigen echten Menschen – da werden dann sogar Dichter wie Hafez und Chayyam, die den Wein besingen, zu Muslimen gemacht, weil es anders nicht sein darf; zweitens den Christenhass der Aufklärung (Edward Gibbon) bzw. den Hass auf die Katholische Kirche (Heinrich Heine, protestantische Historiker des 19. Jahrhunderts). Sie haben z. B. die Mär vom „toleranten Andalusien“ erfunden.
Zu der Frage zurück...
Ich glaube fest das Araber eine Fortschritt Phase hatten ( Avicenna ).
Und ich glaube das Europa eine Fortschritt Phase hatte ( J.Gutenberg ).
Ich glaube das wir aus Europa aus der Fehler was gelernt haben ( 3.Kreuzzug / Saladin, Hexenverbrennen, Kriege ).
Und ich glaube das bei denen - besonders da ab Salafismus ( 19/20.Jh ) fast ALLES in die falsche Richtung ging und geht.....
Wir haben uns gemäßigt und die sind halt,eben = wild geworden.....
Ich denke hier an Avicenna ( Ibn Sina ) und an die Stadt Isfahan ....
Das Buch der Logik, das in Ibn Sinas Esh-Shifa beschrieben wird, ist um ein Vielfaches umfangreicher als die Logik des Aristoteles selbst. Der griechische Text, die arabische Übersetzung und Übersetzungen in andere Fremdsprachen bewahrten die Logik Aristoteles und waren eine gute Grundlage für spätere Forscher. Die Logik des Aristoteles wurde von Hunayn ibn Ishaq ins Arabische übersetzt. Diese Übersetzung ist noch heute verfügbar. Forscher,(altgriechisch) behaupten nach dem Vergleich dieser Übersetzung mit anderen, dass Hunayns Übersetzung 1der genauesten Übersetzungen dieses Buches ist.
Es ist sehr Schade das Islam ( heute ) einfach nicht mit de Zeitgeist geht, sondern irgendwie im Platz steht oder gar "zurück-geht".
Das noch die Frauenrechte in manchen Staaten so mittelalterliches Credo haben. Das ist jetzt noch mild formuliert, wenn ich an weibliche Genitalverstümmelung denke.
Problem bei der Islam ( so sehe ich das, persönlich ) = es gibt 1000 Interpretationen des Islams.
Von moderat bis extrem und leider gewinnen die Extreme an Macht - und (! ) egal wo man hinschaut : Egal ob Europa, Kanada,USA,Australien - irgendwie werden die "Prediger" dort immer extremer und extremer ....
Und trotz dem (!) wächst diese Religion und verdrängt Christentum weltweit und bekommt immer neue Anhänger in der Westen.
-Wie kann eine westliche Frau zur Islam konvertieren ?! ( besonders 1 Trend in Spanien ) wenn die Interpretation so " du wirst 3/4 Frau sein - weil Sharia 4 Ehefrauen erlaubt und jetzt 'ne Burka tragen - oder Niqab, egal. Und die westliche Frau akzeptiert dies ?!
Oder die Kinderehen .....
Die Pädophile wird durch den Islam salonfähig, da bin ich mir mittlerweile sicher. Möchte der Westen das?
Jede Kultur hatte und hat seine Renaissance.
Nun, Problem ist heute - das diese "Religion" keine anderen Religionen akzeptiert und sogar Jihad aufruft.....
Praktisch, die alle anderen excludiert....
Ich glaube das Islam damals sein Höhepunkt hatte, seitdem ist wenig passiert.....Es ist nur schlimmer geworden ( 19.Jh ).
Islam ist ein Tool. In wessen Händen, eigentlich?!