Von Guttenberg in neuer Verwendung

In dieser Woche findet im Verteidigungsministerium ein Wachwechsel statt: Auf Jung folgt von Guttenberg als Verteidigungsminister. Warum erhält ausgerechnet von Guttenberg dieses Amt, nachdem er es als Wirtschaftsminister in nur acht Monaten schaffte, an die Spitze der Popularitätsskala deutscher Politiker vorzustoßen?

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Mit solchen Fragen begibt man sich in den Bereich der Spekulation, denn  ehrliche Antworten darauf, welche Motive zu den  Personalentscheidungen in den Koalitionsverhandlungen führten, gibt es nicht. Was also könnte Merkel & Co dazu veranlasst haben, den shooting star Guttenberg vom Wirtschafts- ins Verteidigungsministerium umzupflanzen? –

Ganz einfach: Seine Popularität. Sie erreichte in den letzten Monaten der Großen Koalition eine Dimension, die nicht nur unter den übrigen Nachwuchspolitikern der CSU insgeheim Unbehagen und Konkurrenzangst ausgelöst haben dürfte, sondern auch an der Spitze bei Seehofer und Merkel gemischte Gefühle geweckt haben könnte. Nicht, dass sie  mit seiner Versetzung ins Verteidigungsministerium seine Karriere beenden wollten; das nicht. Aber ihn ein wenig stutzen – das schon. Und welches Amt wäre dazu erfahrungsgemäß   besser geeignet, als das des Verteidigungsministers – keines. Blank, Strauß, von Hassel, Schröder, Leber, Apel, Wörner, Scholz, Stoltenberg – die Liste derer, die in diesem Amt stolperten oder ihre Karriere beendeten, ist lang. Grund genug für alle jene, die von Guttenbergs Popularität gerne gestutzt sähen, ihn in dieses Amt zu hieven.

Ob diese Rechnung aufgeht, bleibt freilich abzuwarten. Zudem könnten zumindest bei der Kanzlerin ganz andere Erwägungen eine Rolle gespielt haben. Von Guttenberg ist neben Merkel  das einzige Mitglied dieser Bundesregierung, das in Washington einen Namen hat. Er ist in Washington ein bekanntes Gesicht, bekennender Transatlatiker, der vor seiner Ernennung zum Wirtschaftsminister Obmann seiner Fraktion im Auswärtigen Ausschuß war  und der  über ein Netzwerk von  Beziehungen zum "hill", also den Abgeordneten und Senatoren in Washington verfügt. Dass er englisch wie deutsch spricht, versteht sich bei ihm fast von selbst; schließlich hat er sich lange in Amerika aufgehalten und sich in seiner Dissertation mit der amerikanischen Verfassung befasst. Das sind beste Voraussetzungen dafür, in seinem neuen Amt Einfluß auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen nehmen und die Sicherheitspolitik, die unter seinem Vorgänger Jung allein dem Auswärtigen Amt überlassen war, als Thema  besetzen zu können. Seit  Rühes Amtszeit als Verteidigungsminister  blieb der sicherheitspolitische Sachverstand des Verteidigungsministeriums nahezu ungenutzt. Dass er auf diesem Feld mit seiner Kanzlerin kooperieren und ihre Bemühungen ergänzen könnte, liegt ebenso auf der Hand wie das Interesse der Kanzlerin in der CSU-Spitze einen Verbündeten zu platzieren. Und ebenso offenkundig ist, dass dies dem neuen Aussenminister Westerwelle nicht gefallen dürfte.
 Was also ist mit Guttenbergs Berufung in sein neues Amt an Absichten und Hintergedanken verbunden? Wir wissen es nicht und Spekulationen führen nicht weiter. Soviel aber lässt sich sagen: Wenn Guttenberg das Glück treu bleibt, kann er auch aus dieser Prüfung gestärkt hervorgehen.

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