Vom Nutzen des uneigennützigen sozialen Engagements

Sich mit sich selbst zu beschäftigen ist „in“, sich für Andere zu engagieren ist „out“. Viele Menschen sehen nicht den Nutzen, den uneigennütziges soziales Engagement dem Helfer bringt.

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Meistens fragt man bei sozialem Engagement nach dem Nutzen der geleisteten Hilfe für die Hilfsbedürftigen. Der Nutzen, der sich aus Hilfeleistungen für den Helfer ergibt, wird gewöhnlich gar nicht gesehen. Die Auswirkungen des Helfens auf den Helfer selbst werden in wissenschaftlichen Untersuchungen zum sozialen Engagement als Helferrückwirkungen bezeichnet.

Zu ihnen zählen die Verwirklichung von Kontaktwünschen, die Strukturierung des Alltags und die sinnvolle Beschäftigung. Sie sind von besonderer Wichtigkeit für Menschen, die in der dritten Lebensphase stehen. Viele von ihnen suchen nach einer sinnvollen Aufgabe, nach Sinnerfüllung. Eine weitere Helferrückwirkung ist die Anerkennung, die Helfer für ihr Engagement erhalten. Sie haben das Gefühl, dass sie gebraucht werden. Auch das hat eine wichtige sinnerfüllende Funktion.

Eine wichtige Rolle spielt ferner die Freude, die Helfer empfinden, wenn es den Hilfsbedürftigen besser geht und wenn sie sich weiter entwickeln. Diese Freude wird auch mit Wörtern wie „Zufriedenheit“, „inneres Gleichgewicht“, „schönes Gefühl“, „Glück“ und „Erfüllung“ beschrieben. Dies ist erstaunlich angesichts des Umstands, dass Helfer oft mit Lebenstragödien, schwierigen Problemen und Situationen sowie mit Ablehnung durch Hilfeempfänger konfrontiert sind.

Als nächste Helferrückwirkung des sozialen Engagements wird der Kompetenzzuwachs genannt. Gemeint ist dabei sowohl die kognitive als auch die soziale Kompetenz. Zu der ersteren zählt z.B. die Fähigkeit, Probleme zu lösen, zu der letzteren die Sensibilität für Sorgen anderer Menschen oder ein angemessener Umgang mit ihnen. Die soziale Anerkennung und der Kompetenzzuwachs führen darüber hinaus zu einer erheblichen Steigerung des Selbstwertgefühls.

Helfen hat außerdem die Minderung von Angst und Depression sowie den Abbau von negativen Lebensauffassungen (Fatalismus, Pessimismus) zur Folge. Es wird als ein Gegengewicht zu den oft als belastend empfundenen Problemen des Alltags und als willkommene Ablenkung von den eigenen Sorgen aufgefasst.

Schließlich wird die Selbstvergessenheit als eine wichtige Helferrückwirkung genannt. Der Helfer identifiziert sich im Akt des Helfens mit den Problemen und Sorgen anderer Menschen. Er geht dabei über sich selbst hinaus und bildet eine Einheit mit den Anderen. Der Helfer fühlt sich als Teil eines größeren Ganzen. Die Altruismus-Forschung hat Folgendes nachgewiesen: Je uneigennütziger der Helfer handelt, je mehr er von sich selbst absieht, umso größeren Nutzen hat er von seiner Hilfeleistung. Anders formuliert: Wenn der Helfer seine Hilfe ausschließlich auf die Minderung der Not und das Wohlergehen anderer Menschen richtet, ist der Nutzen für ihn am allergrößten.

Wir sehen, dass das uneigennützige soziale Engagement dem Helfer einen großen Nutzen bringt. Positive Helferrückwirkungen sollten aber nicht als Ziele des Handelns beabsichtigt werden. Vielmehr können sie sich nur als Nebeneffekte des Helfens ergeben. Durch den Entschluss, mittels des Helfens das Wachstum und die Entfaltung der eigenen Person zu fördern, wird wohl keine positive Helferrückwirkung eintreten können. Helfen darf kein Mittel zur Selbstverwirklichung werden.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Lars-Michael Lehmann

Sehr gut auf dem Punkt gebracht! Das müsste unsere Politik, Wirtschaft auch etwas angehen. Würden sie handeln, da könnte unser Land wieder aufatmen..

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