Vom Ende der Chancengleichheit

Gruppenspezifische Förderung verletzt das Prinzip der Chancengleichheit

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Chancengleichheit ist ein wichtiges Prinzip in unserem Staat. Das Ziel des Staates ist es, allen Bürgern möglichst gleiche Chancen einzuräumen. Problematisch wird es, wenn an staatlichen Förderprogrammen nur Angehörige bestimmter Gruppen teilnehmen dürfen. Denn sie haben später bessere Berufschancen als diejenigen, die an solchen Förderprogrammen nicht teilnehmen.

Die Verletzung des Prinzips der Chancengleichheit wird auf unterschiedliche Weise gerechtfertigt. Meist wird von der „Unterrepräsentanz“ der geförderten Gruppe in bestimmten Arbeitsbereichen gesprochen. Die Unterrepräsentanz wird selbstverständlich als eine Folge der Diskriminierung der betreffenden Gruppe betrachtet. Zum Beispiel wird von der Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft als eine Folge der Frauendiskriminierung gesprochen. Um diese Unterrepräsentanz zu beseitigen, werden Förderprogramme ausschließlich für Frauen eingerichtet. Doch

1. es müsste nachgewiesen werden, dass diese Unterrepräsentanz eine Folge der Frauendiskriminierung ist (ein solcher Nachweis fehlt) (diese Unterrepräsentanz muss nicht eine Folge der Frauendiskriminierung sein, sondern eine Folge davon, dass sich Frauen für bestimmte Fächer weniger als Männer interessieren oder dass es in der Wissenschaft bzw. in bestimmten wissenschaftlichen Fächern mehr besser qualifizierte Männer als Frauen gibt);

2. die jungen männlichen Wissenschaftler können nichts dafür, dass in vergangenen Zeiten Frauen in der Wissenschaft diskriminiert wurden, zum Beispiel keinen Zugang zu Universitäten hatten. Der Ausschluss von jungen männlichen Wissenschaftlern aus den Förderprogrammen verletzt das Prinzip der Chancengleichheit und führt zu Ungerechtigkeiten.

In der Wissenschaft lässt sich Diskriminierung höchstens in Einzelfällen feststellen. Sie betrifft sowohl weibliche als auch männliche Wissenschaftler, ist also nicht gruppenspezifisch. Gegen solche Diskriminierung kann rechtlich vorgegangen werden. Wird in der Wissenschaft aber eine ganze Gruppe als diskriminiert hingestellt und kommen nur Angehörige dieser Gruppe in den Genuss der Fördermaßnahmen, so verletzt es das Prinzip der Chancengleichheit.

Wissenschaftler sollten unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit gefördert werden, also unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Ethnie, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit und sexueller Orientierung. Nur auf diese Weise könnten Chancengleichheit gewährleistet und Ungerechtigkeiten vermieden werden.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Prof. Dr. Günter Buchholz

Ich halte diese Argumente für zutreffend. Zu fordern ist nicht weniger aber auch nicht mehr als die Eröffnung und Absicherung von Chancengleichheit durch Gleichberechtigung und Nicht-Diskriminierung - und das, wie oben ausgedrückt, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Ethnie, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit und sexueller Orientierung. Chancengleichheit muss in Verbindung mit fairen und transparenten Verfahren bei Bewerbungen ergebnisoffen praktiziert werden, weil normative Eingriffe (z. B. durch Quoten) weder sachlich noch logisch begründbar sind, sondern weil sie ihrerseits diskriminierend wirken. Und ebenso ist bei Fördermaßnahmen auf Gleichbehandlung und Nicht-Diskriminierung zu achten.

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