Versetzung von Pfarrern

Ist die Pfarrei ein Auslaufmodell? Die Bischöfe jedenfalls setzen immer öfter nicht mehr Pfarrer ein, sondern Pfarradministratoren.

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So einfach, wie sich manche das vorstellen, ist das gar nicht. Immer wieder taucht mal die Ansicht auf, ein Priester müsse doch seinem Bischof gehorchen und wenn der ihn versetzen wolle, dann müsse der Priester eben gehen.

Zum einen ist Gehorsam entgegen allen Unkenrufen keine Einbahnstraße. Gehorsam findet ferner nicht in einem rechtsfreien Raum statt. Auch die Kirche ein dickes Buch voller Gesetze, den Codex Iuris Canonici (CIC), an den sich alle, auch die Bischöfe zu halten haben. Ferner hat die Kirche auch eine eigene Gerichtsbarkeit, die die Anwendung und ggf. Durchsetzung des Kirchenrechtes sicherzustellen hat. Am bekanntesten sind wpohl die Offizialate, der Diözesen, die sich vorwiegend mit Ehefragen beschäftigen. Auch als Theologiestudent kommt man im Kirchenrecht am ehesten mit kirchlichem Eherecht in Berührung. (Wer in Kirchenrecht nicht in Eherecht geprüft worden ist, bitte aufzeigen … ;-)  )

Das Amt des Pfarrers ist ebenfalls Gegenstand zahlreicher Rechtsnormen im CIC. Sie alle hier aufzuzählen wäre müßig. Aber wen es interessiert … [klick]. Ein schneller Blick in den CIC zeigt, welche hohe rechtliche Bedeutung der Pfarrer hat. Das Amt des Pfarrers wird grundsätzlich auf unbestimmte Zeit übertragen. Mit dem Amt des Pfarrers sind zahlreiche Rechte und Pflichten verbunden. Unter anderem muß(!) ein Pfarrer sich in seiner Pfarrei aufhalten. Abwesenheit von der Pfarrei ist streng geregelt. Der Pfarrer ist ferner verpflichtet an allen Sonntagen und bestimmte Festtagen (ohne Annahme eines Meßstipendiums) eine Hl. Messe für seine Pfarrei zu feiern. Ferner trägt der Pfarrer die Verantwortung die Spendung der Sakramente auf dem Territorium seiner Pfarrei sicherzustellen. Er ist der Verantwortliche für Taufe und Ehe bei seinen Pfarrangehörigen. Niemand kann so ohne weiteres ein Kind außerhalb seiner Pfarrei taufen lassen oder ohne weiteres außerhalb der Pfarrei heiraten. Es bedarf dazu immer der Beauftragung durch den Heimatpfarrer, wenn er selber nicht tätig wird/werden kann/werden soll.

Auf Grund der hohen Verantwortung, die ein Pfarrer trägt, genießt das Amt einen besonderen Rechtsschutz. Die grundsätzliche Ernennung auf unbestimmte Zeit kennt nur wenige Ausnahmen. Eine befristete Ernennung ist möglich, doch bedarf es dazu eines Dekrets der örtlichen Bischofskonferenz. Eine solche Partikularnorm existiert in Deutschland nicht. Mithin kann kein Bischof behaupten, regelmäßige Versetzung von Pfarrern wäre in seiner Diözese üblich.

Auf Grund des Rechtsschutzes der Pfarrer gehen etliche Bistümer inzwischen dazu über, keine Pfarrer mehr zu installieren, stattdessen werden Pfarradministratoren eingesetzt. Diese können im Grunde beliebig und beliebig oft versetzt werden. Ob das auf Dauer eine Lösung ist, sei einmal dahin gestellt. Aus grummelte es auch gelegentlich mal ob dieser Praxis.

Natürlich kann ein Pfarrer auch im Konsens mit seinem Bischof versetzt werden, was im übrigen die Regel sein dürfte, denn die meisten Versetzungen werden wohl erkennbar ihren Sinn haben und ziemlich geräuschlos über die Bühne gehen. Problematisch ist die Versetzung von Pfarrern, wenn damit der Verlust des Pfarramtes insgesamt verbunden ist. In Zeiten von Pastoralverbünden, Pfarreigemeinschaften, Kooperativer Pastoral und wie auch immer die einzelnen Modelle der neuen Pastoralstrukturen heißen, braucht es immer weniger Pfarrer. Denn eines ist all diesen Modellen gemeinsam: Viele, manchmal ganz viele, Pfarreien haben einen gemeinsamen Pfarrer. Dieser ist in einer Gemeinde als Pfarrer installiert und Pfarradministrator in den anderen Gemeinden. Allen anderen Priester vor Ort sind Pastor im Pastoralverbund (ein Titel der kirchenrechtlich nicht existiert) oder Kaplan oder Vikar oder Kooperator oder haben ganz neue Phantasienamen. Kirchenrechtliche Haken und Ösen zu basteln ist vermutliche eine liebsten Nebenbeschäftigungen moderner Pastoralstrategen, denn alle diese Modelle lassen sich mit dem universalen Kirchenrecht nur schwer abbilden.

Soll also nun ein Pfarrer in einem solchen Pastoralmodell degradiert werden, mithin nach einer Versetzung nicht mehr Pfarrer sein, so wäre es sehr, sehr sonderbar, würde derjenige das nicht als Strafe oder als Mißachtung ansehen. Ausnahme natürlich auch hier, wenn es im Konsens geschieht oder eben der Betreffende die Einsicht gewinnt, man müsse das halt so machen. Amtsverlust, finanzielle Einbußen, Verlust an persönlichem Ansehen und ganz sicher auch Probleme mit der eigenen Identität (Was bin ich denn eigentlich jetzt?) sind nicht zu unterschätzenden Folgen. Jenseits aller kirchenrechtlichen und pastoralen Fragen sollte man auch einmal diese persönlichen Fragen vor dieser Folie (was ein Pfarrer ist, was einem Priester bedeutet, Pfarrer zu sein) mit bedenken.

Eine andere Frage ist, ob das Modell Pfarrei an sich nicht ein Auslaufmodell in einer immer mobileren Gesellschaft ist. Die innere Einheit von Verwaltung und Seelsorge ist längst aufgebrochen und entspricht nicht mehr der Wirklichkeit der Pfarrei. Ob die Pfarrei in jeder Region der Welt überhaupt die richtige Form der kleinsten Einheit sein kann und sein soll, darf auch gerne mal diskutiert werden. Das alles ist keine Frage. So alt die Pfarrei nämlich auch wieder nicht. In der uns bekannten Form als Territorialpfarrei und mit der Maßgabe, daß grundsätzlich jeder einer solchen zugehört, hat sich erst nach dem Konzil von Trient durchgesetzt. Bis heute gibt es vom Territorialprinzip nur wenige Ausnahmen. (Z.B. Militärseelsorge)

So lange wir das Rechtsprinzip der Pfarrei und das Institut des Pfarres haben, gilt das Pfarramt bis heute immer noch als das erstrebenswerte Amt schlechthin für fast jeden Priester. So lange das Amt des Pfarres kirchenrechtlich so verfaßt ist, bleibt auch der besondere Rechtsschutz bestehen.

Die rechtliche Seite von der Versetzung eines Pfarrers läßt sich sehr gut in nachlesen in:

Heribert Hallmann,

Pfarrei und pfarrliche Seelsorge: Ein kirchenrechtliches Handbuch für Studium und Praxis,

Schöningh Paderborn 2004.

Elektronisch hier die Kapitel zur Versetzung eines Pfarrers.

Zuerst erschienen auf katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Die wenigen neuen r.-k. Pfarrer, die es geben wird, werden sich nicht mehr von r.-k. Bischöfen so rumkommandieren lassen, wie die früheren Pfarrer.

Und den wenigen jungen r.-k. Priestern sei von mir dringend angeraten, falls sie sich eine "geheime" Freundin nehmen, darauf zu achten, dass die Freundin ein gutes Einkommen hat. Wenn sich der Pfarrer dann für die Familie entscheidet, ist die Familie finanziell abgesichert.

Auch für einen r.-k. Priester kann es ein selbstbestimmtes Leben geben, wichtig ist der erste Schritt in die Freiheit.

Gravatar: Helena

Danke an Herrn Winnemöller zu dem informativen Artikel über die Versetzung von Priestern. Das eine gut zusammengestellte Ergänzung zu dem Artikel "Streß im Saarland".


ps. Auf die bezogen aufs Thema völlig substanzlosen Kommentare und MöchtegernSelbstinszenierung des Herrn Datko sind hingegen Troll langweilig.

Gravatar: Joachim Datko

Priester und Pfarrer sind Auslaufmodelle!

Zitat: "Auf Grund der hohen Verantwortung, die ein Pfarrer trägt [...]"

Wer will heute noch, trotz der naturwissenschaftlichen Bildung in der Schule, uralte meist irrationale Geschichten erzählen?

In der r.-k. Kirche gibt es pro Jahr in Deutschland unter 100 Neupriester für den Gemeindedienst, von denen im Laufe der Jahre viele wieder die Segel streichen.

Und bei den Religionslehrern ist es schon peinlich, wenn die Kinder naturwissenschaftlich fitter sind, als die Lehrer.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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