Unionspolitiker gehen unter die EZB-Kritiker

Bisher galt Kritik an Zentralbanken als rechtspopulistisch, antisemitisch, esoterisch, verschwörerisch, klimaschädlich, laktosehaltig und antieuropäisch. Doch inzwischen ist die Lückenpresse voll davon!

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“EZB-Politik kostet Sparer 200 Milliarden Euro”rechnen uns die Medien vor.

Die 200 Milliarden Euro stammen aus einer Berechnung der DZ Bank und besteht aus entgangenen Zinsen, die mit ersparten Kreditzinsen verrechnet wurden. Was in der Berechnung fehlt, sind zum Beispiel die imensen Aufschläge bei Immobilienpreisen, die man auch als Schaden bezeichnen könnte. Ebenso fehlt die Zukunftssicht: Bisher hat die EZB einen Schaden in Höhe von 200 Milliarden Euro verursacht, doch hier kommt in den nächsten Jahrzehnten noch einiges hinzu. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, wo Kritik an der EZB als Populismus abgekanzelt wurde. Jetzt hat sich die öffentliche Meinungsvorgabe plötzlich geändert.

“Die EZB fährt einen hochriskanten Kurs”, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der „Welt am Sonntag”. Bundesfinanzminister Schäuble gibt der EZB sogar Mitschuld am Erfolg der AfD, wie die FAZ schreibt. Die Merkelregierung denkt sogar darüber nach, der EZB das “Helikoptergeld” zu verbieten, verkündet Welt-Online. Sogar der Spiegel posaunt den Sinneswandel der Union hinaus.

Wie ist das ganze einzuordnen? Die Politik, allen voran die Unionsparteien, haben bisher stets von der EZB profitiert. Ohne die niedrigen Zinsen wäre die für die Propaganda so wichtige “schwarze Null” unmöglich gewesen. Der Staat gehört zu den hauptsächlichen Profiteuren der EZB-Politik. Die Politik versucht nun vom eigenen Versagen abzulenken. Die EZB muss als Sündenbock herhalten, dabei ist die EZB nur eine Beauftragte der Politik. Sie ist zwar unabhängig, zieht aber seit der Eurorettung stets am gleichen Strang wie die übrigen Politiker.

Der  Präsident der Europäischen Zentralbank hat stets betont, dass er nur Zeit kaufen kann.  Die Staaten müssen die Zeit für Reformen nutzen. Doch statt systemrelevante Banken zu zerschlagen und den Staat zu reformieren haben sie sich viel lieber auf dem Nullzins ausgeruht und neue Schulden gemacht. Die Merkelisten haben die von Draghi gekaufte Zeit nicht genutzt. Genau hiervon versucht die vorgegebene Meinung nun abzulenken. Eine Frage ist noch offen: Wenn die Deutschen Sparer einen Schaden in Höhe von 200 Mrd. Euro haben, warum werden dann die Reichen immer reicher und die Armen immer mehr?

Beitrag zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: MGR

@Marcel Elsener
Ihr Kommentar trifft den Nagel weitestgehend auf Kopf. Gerade was Sie hier zum Mechanismus "Reiche werden reicher" geschrieben haben hatte ich erst diese Woche versucht einigen Kollegen nahezubringen. Es ist verdammt schwierig. Selbst hochausgebildete Ingenieure vermischen ständig reale Werte mit "geld". Evtl. liegt es an der Omnipräsents von "Geld" im Alltag oder wie Sie es schön als fiatmoney bezeichnen (manche sagen auch Currency oder paper claims dazu um den Unterschied zu Money zu betonen).
Wer nahe am gigantischen um die Ede jagenden Currencystrom sitzt und sich gehörig abzapfen kann, der also kann mit luftigem Papier massenhaft reale Werte erwerben. Das treibt zb Aktien und Immobilien in die Höhe und lässt den kleinen Kreditnehmer chancenlos zurück...
Nur eines möchte ich hier noch ergänzen und zwar zu der von Ihnen benannten Wertschöpfung. Ein großer Teil an realer Wertschöpfung wird bereits jetzt via Automatisierung und fossil fuel bewerkstelligt. Und die Automatisierung schreitet weiter fort. Asiatische Billiglohnwertschöpfung lass ich jetzt mal unberücksichtigt.
Wenn also bald ein einziger Hochausgebildeter ausreicht um alle Konsumgüter etc. für neun weitere Personen zur Verfügung zu stellen dann muss man sich wirklich mal damit auseinandersetzen wie in solch einer Welt "Beschäftigung" und ein gerechter Verteilungsschlüssel zu bewerkstelligen ist. Die "Dienstleistungsgesellschaft" ist wohl eine logische Entwicklung und wird durch die Automatisierung geradezu erzwungen.

Gravatar: Freigeist

@Marcel Elsener
Ihre Bemerkungen teile ich teilweise. Im Kern sollte die EZB-Politik auf die Finanzierung von Infrastruktur umschalten. Im Saarland musste jüngst eine Autobahnbrücke gesperrt werden mit 40.000 Benutzern am Tag - Einsturzgefahr. Was dies nun für die Betroffenen bedeutet ist ein Skandal. Es kostet die Betroffenen Geld und Lebenszeit. Die EZB sollte nicht die Aktienmärkte mit Geld versorgen, sondern die Staaten für Infrastrukturprojekte mit Null Zinsen. Alternativ könnten SparerInnen diese Infrastruktur auch finanzieren, allerdings nur mit niedrigen Zinsen. Wo sonst wollen Sie das Spargeld einigermaßen sicher anlegen? Oder etwa in kapitalistisch geführt Firmen, die ständig pleitebedroht sind?

Gravatar: Marcel Elsener

@Freigeist
Dass die meisten Leute den Kapitalismus überhaupt nicht verstehen, darin stimme ich Ihnen zu; dabei sind seine elementaren Mechanismen eigentlich ziemlich leicht zu verstehen. Allerdings haben wir heute keinen nennenswerten Kapitalismus mehr - jedenfalls nicht im marxistischen Sinne.

Was wir heute haben, ist ein korporatistisches Wirtschaftssystem, in dem Politik und einige ausgewählte Grosskonzerne sowie Privatiers zusammenspannen und zusammen die Wirtschaftspolitik bestimmen. Allein schon die Existenz einer Wirtschaftspolitik ist antikapitalistisch. Kapitalismus existiert nur noch in Nischen.

Insofern handelt die EZB korrekt im Sinne des herrschenden Korporatismus, denn in einem echten Kapitalismus gäbe es sie gar nicht. Es ist ja kein Zufall, dass die Einrichtung einer Zentralbank eine der Forderungen im Kommunistischen Manifest ist.

Wem soll man sein Geld geben, wenn nicht dem Staat? Ihre (recht zynisch anmutende) Frage ist grundlegend falsch gestellt. Es geht nämlich um Wertschöpfung und nicht um das FIAT-money, welches man fälschlicherweise heutzutage als Geld zu bezeichnen pflegt. FIAT-money kann man - zumindest theoretisch - in beliebig grosser Menge aus dem Nichts herstellen. Früher bedruckte man hierzu einfach mehr Papierblätter mit immer höheren Beträgen, was ziemlich billig ist; heute speist man FIAT-money über elektronische Kanäle und die Zentralbank sowie über die grossen Geschäftsbanken in den Wirtschaftskreislauf ein, was noch billiger ist.

Der grossangelegte Betrug besteht darin, dass man das fiktive FIAT-money gegen reale Wertschöpfung tauschen kann und aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sogar muss, und die weitaus meisten machen bei diesem windigen Spiel freiwillig mit, weil sie den gigantischen Betrug nicht durchschauen. Dadurch lassen sich die Wertschöpfenden systematisch ausbeuten, denn sie liefern reale Wertschöpfung gegen fiktives, staatlich erzeugtes FIAT-money; ein erheblicher Teil ihrer Wertschöpfung wird mittels diverser Steuern und sonstigen Abgaben direkt vom Staat beschlagnahmt (in Deutschland schon bei eher kleinen Einkommen mehr als 50 %). Die zentralbanklich betriebene Pseudogeldvermehrung wiederum kommt relativ wenigen zugute, welche nahe am staatlichen Pseudogeldbrunnen sind, und dadurch zu vorteilhaften Konditionen das frisch geschöpfte FIAT-money in reell geschöpfte Werte umtauschen können. Exakt deshalb werden Reiche immer reicher, und der Durchschnittsdödel kommt auf keinen grünen Zweig, weil er kaum eine Gelegenheit hat selbstbestimmt mit seiner Wertschöpfungsleistung ein Vermögen zu äufnen. Für die weitaus meisten Wertschöpfenden ist die von Ihnen gestellte Frage deshalb unerheblich, weil sie gar kein nennenswertes Vermögen haben, das sie irgendwo investieren könnten.

Die staatlich installierte Wohlfahrt ist der Honigtopf, mit dem man die grossen Massen anlockt, von der staatlichen Umverteilung abhängig und damit loyal gegenüber den politischen Machthabern macht. In der Folge kann man deren Wertschöpfungsfähigkeit ausbeuten, denn sie haben verlernt auf eigenen Füssen zu stehen. Im Gegenteil: sie sind geradezu süchtig nach dem FIAT-money mit fiktivem Wert.

Allerdings gibt es ein grosses Problem: die Zahl derjenigen, die noch echte Werte schöpfen, wird immer geringer; es gibt immer mehr Wohlfahrtsabhängige, die sich in der Wohlfahrt einrichten und keine oder nur noch wenig Wertschöpfung betreiben. Da der Wohlfahrtsstaat selbst keine Werte schöpft sondern nur Wertschöpfung umverteilen kann, muss er die Wertschöpfung irgendwie ankurbeln; die stark aufgeblähte Bürokratie und staatsabhängige Günstlingswirtschaft sind typische Beispiele für die künstlich erzeugte Wertschöpfung, die nur aufgrund der Pseudogeldmengenausweitung und Zwangsfinanzierung über die wohlfahrtsstaatliche Umverteilung möglich ist; aber auch ein wesentlicher Teil der (privatwirtschaftlichen) Dienstleistungsindustrie ist von der Pseudogeldmengenausweitung abhängig. Die künstlich erzeugte Wertschöpfung aber ist eine Illusion, die sofort verschwinden würde, wenn man wieder auf einen echten Kapitalismus umschaltete.

Wir sind heute tatsächlich in einem Stadium, in welchem eine Abschaffung der staatlichen Geld- und Wirtschaftspolitik und die Rückkehr zu einem freien Markt sofort das gesamte Wirtschaftssystem kollabieren lassen würde mit den entsprechenden Folgen. Wir müssten marktwirtschaftlich praktisch wieder von Null anfangen.

Der einstmals weitgehend freie Markt wurde seit dem Ersten Weltkrieg sukzessive korrumpiert und hat heute mit Kapitalismus nichts mehr zu tun, auch wenn eine gewisse kapitalismusähnliche Fassade noch aufrechterhalten wird.

Sind Sie sicher, dass Sie den Kapitalismus verstanden haben, Freigeist?

Gravatar: Freigeist

Der Staat soll sich nicht mehr verschulden, lautet die Forderung. Wem soll man denn sein Geld geben, wenn es eine halbwegs sichere Anlage sein soll? Bleibt nur die Wirtschaft übrig, der man sein Geld geben könnte. Die Wirtschaft ist aber kapitalistisch krisengeschüttelt und somit unsicher als Anlageziel. Die meisten Leute verstehen den Kapitalismus anscheinend überhaupt nicht. Das ist sehr schade, denn wir leben doch ziemlich im Wohlstand während das alte Russland trotz enormer Energiereserven es zu fast nichts brachte. Die EZB handelt richtig, würde sie das viele neu geschaffene zinslose Geld in Infrastruktur lenken, gezielt. Das darf sie jedoch nicht direkt, sehr schade.

Gravatar: FDominicus

Und was wurde denen vorgeworfen, die schon länger davor warnen? Sie schreiben es ja so "schön" (eigentlich hässlich hin):

"rechtspopulistisch, antisemitisch, esoterisch, verschwörerisch, klimaschädlich, laktosehaltig und antieuropäisch."

Hinzufügen könnte man: Verschwörungtheoretiker oder Liberale ;-), es reicht sogar schon neoliberal ;-(

Gravatar: Ralle

Alle tanzen noch, obwohl die Kapelle längst aufgehört hat zu spielen.

Apropos Schäuble: Der Herr hat Draghi für die Wahlerfolge der AfD (mit)verantwortlich gemacht (auf den Seiten von freiewelt.net nachzulesen). Ganz ´dicht´ ist der wohl nicht, einmal abgesehen von einem Klassiker der Scorpions ´Blackout´ i. B. auf einen Herrn Schreiber. Aber ´Blackouts´ sind in der CDU, Kohl sei Dank, wohl statthaft.

Gravatar: Diederich Heßling

@ Sepp Kneip

"und fährt auf Sicht."

Und wenn das nicht mehr läuft dann fährt man mit Vollgas gegen die Wand.

Genau das werden wir alle in den kommenden Monaten erleben.

Gravatar: Diederich Heßling

Weil die "Reichen" ihr Geld in explodierende Aktienkurse, Wertpapiere und Immobilien anlegen und den Armen nur das garantiert zur weiteren Verarmung führende Sparbuch mit 0% Zinsen und 2% Inflation bleibt.
Sollten sie denn nach dem Raub des Staates tatsächlich noch einige Groschen übrighaben...

Gravatar: Sepp Kneip

Wieder so eine "populistische" Scheinheiligkeit unserer Politiker. Man merkt, dass die Herrschaften immer nervöser werden. Bisher galt es für den Staat, die "Segnungen" der EZB-Politik des billigen Geldes mitzunehmen. Eine wahrhaft obszöne Politik, da das, was der Staat an Schuldzinsen gespart hat, Rentnern, Sparern und Arbeitnehmern weggenommen wurde. Eine krasse kalte Enteignung. Erst nachdem unseren staatstragenden Parteien die Wähler weglaufen, wird man wach. Viel zu spät. Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Schäuble, dem ich am ehesten zugetraut hätte, dass er versteht, welche Folgen die EZB-Politik hat, gefiel sich viel zu lange als Herr der "Schwarzen Null". Geld, Ideen und Tatkraft, die sich abzeichnende ungeheure Altersarmut abzuwehren, Fehlanzeige. Von der Verantwortung der Politiker für ihre Bürger ganz zu schweigen. Leider gibt es keine Politiker mehr mit Charisma Sachverstand und Weitblick. Man frönt der Beliebigkeit und fährt auf Sicht. Vorgemacht wird das alles von unserer selbstherrlichen, alternativlosen Bundeskanzlerin. Aber es gibt immer Alternativen. Auch für Deutschland.

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