Typisch Brüssel und Berlin: Antidiskriminierungsrichtlinie

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Aufgepasst, die Sittenpolizei geht rum. Noch mehr aufgepasst, wenn sie im Gewand absoluter Liberalität erscheint: So ließe sich die letzte Mini-Plenarwoche des Europäischen Parlaments in Brüssel zusammenfassen.

Mit einer Mehrheit von 360 zu 277 Stimmen hat die europäische Volksvertretung den Bericht der Kollegin Kathalijne Maria Buitenweg angenommen. Zu einem Zeitpunkt, an dem noch 10 von 27 Mitgliedsstaaten wegen Nicht-Umsetzung der ersten Antidiskriminierungsrichtlinie vor Gericht stehen, soll bereits eine zweite Richtlinie eingeführt werden – typisch Brüssel.

Doch die Neuerung hat es in sich: Verschärfungen unter dem Mantra der Gleichbehandlung betreffen nicht nur das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern in entscheidendem Maße auch zwischen Staat und Bürger. Im Lackmustest der eingetragenen Lebenspartnerschaften bedeutet das: Die Definition von Familie bleibt nationale Angelegenheit. Sobald es jedoch rechtliche Konstrukte wie die eingetragene Lebenspartnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern gibt, muss diese den bestehenden Rechtsinstituten wie etwa der Ehe gleichgestellt werden – jede andere Regelung wäre diskriminierend und damit ein Rechtsverstoß. Die deutsche Regelung einer steuerlichen Gleichstellung bei gleichzeitigen Einschränkungen etwa des Adoptionsrechts besteht vor der neuen Richtlinie nicht mehr. Es gilt also: Ganz oder gar nicht, nur radikale Lösungen sind erlaubt – typisch Brüssel.

Die Richtlinie kann noch gestoppt werden – im EU-Ministerrat. Hier kommen die zuständigen Fachminister aller 27 Mitgliedsstaaten zusammen. Sollte nur ein Land sein Veto einlegen, wäre die Richtlinie gestoppt. In Deutschland ist Frau von der Leyen die zuständige Ministerin, seit sie sich beim Zuschnitt der Ministerien das Thema „Antidiskriminierung“ auf ausdrücklichen Wunsch hin hat zuordnen lassen. Die EVP/ED-Fraktion hat sich gegen die Richtlinie gewehrt, doch fühlt man sich durch „die Berliner“ im Stich gelassen. In der Hauptstadt hat sich bisher kein Widerstand geregt geschweige denn ist ein Veto angekündigt worden – typisch Brüssel? Nein, typisch Berlin. Denn dieser Schwarze Peter lässt sich nicht aufs ferne Europa abschieben. Jetzt ist politische Führung gefragt.

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