„TTIP“: Bitte lächeln – Greenpeace fordert Transparenz ein

Rene Höltschi, seit 1999 Wirtschaftskorrespondent für die Neue Zürcher Zeitung in Brüssel mit Zuständigkeit für die Europäische Union, kommentiert süffisant den von der Umweltschutzorganisation Greenpeace

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aufgedeckten „Skandal, der keiner ist“ und fragt zu Recht: „Wo ist der Skandal, wenn jeder Partner seine bekannten Interessen verteidigt?“

Die Grundlage für die neuerliche Aufregung bilden vertrauliche Papiere über die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit der EU (TTIP). Greenpeace hat diese Papiere veröffentlicht. Doch soweit auf den ersten Blick überschaubar, schreibt Höltschi,“ enthalten sie zwar viele Details, aber kaum echte Neuigkeiten“.

So wird geradezu erbost darauf hingewiesen, die USA wollten Zugangserleichterungen für europäische Autos von Zugeständnissen der Europäer im Agrarhandel abhängig machen. Höltschi schreibt dazu: „Ja klar, aus genau solchem Geben und Nehmen bestehen Freihandelsverhandlungen.“ Man könnte freilich auch ergänzen: Wäre Volkswagen ein US-amerikanischer Konzern, der sich mittels zahlreicher Fälschungen das Vertrauen und das Geld europäischer Verbraucher erschlichen hätte, würde Greenpeace genau solche Zugeständnisse vehement fordern – wenn nicht sogar Schlimmeres.

Des Weiteren heißt es, die Amerikaner würden den europäischen Wunsch ablehnen, die umstrittenen privaten Schiedsgerichte zur Streitschlichtung zwischen Staaten und Investoren durch ein Gerichtssystem zu ersetzen. Ähm, ja, dies ist bekannt, deshalb wird ja verhandelt. Oder liest man bei Greenpeace eher unregelmäßig, oder wenn, die falsche Zeitung?

Besonders zum Schmunzeln regt es aber immer an, wenn Greenpeace sich als Vorkämpfer der Transparenz in den Vordergrund spielt. Höltschi schreibt dazu, die Organisation pflege „selbst ein etwas spezielles Verständnis von Transparenz“. Vielleicht ist es die schweizerische Höflichkeit, die diese gerade sanft-streichelnde Formulierung erzeugt. Nur zur Erinnerung: Greenpeace selbst ist eine Lobby-Organisation, die über keinerlei demokratische Legitimation verfügt und ihre politische Agenda gänzlich nach eigenen Interessen formuliert. Dies sollte man berücksichtigen, bevor man Äußerungen von Greenpeace eins zu eins als objektive Wahrheit begreift.

Für Höltschi sind die Aussagen, die Greenpeace zu den veröffentlichten Papieren trifft, offensichtlich nicht der Wahrheit letzter Schluss: „Hervorzuheben ist, dass das Leck Verhandlungspositionen dokumentiert, keine Verhandlungsergebnisse – letztere wurden schon immer veröffentlicht. Die EU hat ihre eigenen Positionen unter dem Druck der Öffentlichkeit zum Teil längst publiziert. Noch nie zuvor waren über laufende internationalen Verhandlungen so viele Einzelheiten bekannt. Fraglich ist, wem solche Transparenz dient. Die Öffentlichkeit erfährt dadurch wenig Neues.“

Beitrag zuerst erschienen auf zeitgeisterjagd.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Donald Ganter

Der Skandal, lieber Herr Heitmann, liegt darin, dass unsere Regierungsverantwortlichen, wie auch jene aus der EU, in der Vergangenheit stets beteuert haben, das die Senkung von EU-Standards nicht in Frage käme und vor allem Klagen vor privaten Schattengerichten in den USA vom Tisch wären.
http://www.n-tv.de/wirtschaft/EU-schlaegt-Investitionsgerichte-fuer-TTIP-vor-article15947691.html
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2015/kw40_de_ttip/389588
Das ist aber glatt "gelogen", wie uns Greenpeace aktuell mit seinen Veröffentlichungen deutlich macht. Die Amerikaner verlangen nach wie vor die Abkehr vom Vorsorgeprinzip, den am weitergehenden Investitionsschutz ihrer Konzerne und vor allem, keine öffentlichen Gerichtsverfahren der Konzerne gegen einzelne Staaten. Davon war bislang gar nichts veröffentlicht und wir wurden darüber bewusst belogen. Es ist schon nicht mehr nur abenteuerlich bei diesen Fakten dieses unsägliche Abkommen immer noch verharmlosen zu wollen.

Gravatar: KritischeStimme

10% der EU Unternehmen wird sterben als Folge von TTIP,20% des Wirtschaftsumsatzes.
TTIP ist ein politisches Projekt-Wirtschaft ist nur das Aushaengeschild
992x Ueber TTIP werden viele unerwuenschten Auswirkungen im Finanzsektor v USA hineingearbeitet welche fuer EU sehr dramatisch sind.Zockerei wird zum Normalgeschaeft+wenn Banken pleite gehen soll der Steuerzahler das richten.LehmannPleiten werden zum Normalfall.In seinem Buch Der große Ausverkauf-Das TTIP-Komplott-macht SZ-Journalist Franz Kotteder das alles deutlich.Wirtschaftliche Aussichten fuer EU auf Termin sind so schlecht dass Politiker den Freihandel verkaufen wollen als Allesloeser.Dabei hat die Politik selbst die desolate Situation zum groessten Teil verursacht+die EU durch NatoKriege+v USA verlangten Sanktionen,in die Isolation getrieben.Durch den TTIP m USA werden zukuenftige internationale Handelsvertraege nahezu unmoeglich+bestehende werden gekuendigt.Weitere Buecher,Thilo Bode Die Freihandelsluege,Prof.Dr.Wolfgang Berger Freihandel o Freibeuter?
Prof.Dr.Fisahn Die Freihandelsfalle, 38 Argumente gegen TTIP,CETA,TiSA & Co. v Harald Klimenta,Maritta Strasser,Peter Fuchs

Gravatar: KritischeStimme

Ein Grund umsomehr nicht die CDU zu waehlen Besonders mittlere Unternehmen werden massenweise pleite gehen. TTIP ist ein politisches Projekt-hat nichts mit Wirtschaft zu tun
Zuerst hat US/Nato uns i/d teuere Kriege gestuertzt mit Mio von Fluechtlingen,die Ukraine folgt noch mit AberMio v Fluechtlingen.Dann ist jetzt EU dabei uns mit Haut+Haar an die USA zu verkaufen ueber den TTIP Vertrag mit nachweisbaren Nachteilen.Ist das alles vorgeschrieben v/d Bilderbergsgruppe (Weltnebenregierung) wofuer Merkel sogar G7 Konferenz verspaetete am 29.Mai 2015?Wollen Europaeer hiermit einen grossen Niedergang riskieren+niedrigeren Wohlstand?
Auch verschliesst man sich m dem TTIP Abschluss fuer den Rest dieser Welt mit 85% seiner Bevoelkerung.Europa muss ja vom Handel leben+je mehr das eingeschraenkt wird umso nachteiliger.Mit TTIP kommt die finanzielle US Ueberherschung ueber die EU,mit der Nato gibt es schon die militaire+politische Ueberherschung.
EU Parlament hat uns gezeigt wie undemokratisch es ist,ja sogar diktatorisch.Wir duerfen nur zuschauen aber nichts wissen,alles vom TTIP bleibt geheim bis zu 5 Jahre nach Abschluss,weil dann kann nichts mehr geaendert werden

Gravatar: SigismundRuestig

Allein die Tatsache, dass sich die USA aufgrund ihrer NSA-Aktivitäten einen unfairen Verhandlungsvorteil bei den Freihandelsabkommen (TTIP, TISA, ...) verschafft, wäre schon Grund genug, diese Verhandlungen erst mal auf Eis zu legen. Darüberhinaus sollte bekannt sein, dass die USA die meisten der internationalen Arbeits-, Umwelt- und Arbeitsschutzabkommen bis heute nicht ratifiziert hat, diese also offensichtlich zur Disposition stehen würden. Ganz abgesehen von nicht harmonisierbaren Regulierungsansätzen, z.B. bei chemischen Stoffen, zwischen der EU und den USA!
Auch Lammert hatte Recht mit seiner ablehnenden Haltung! Und die Kanzlerin liegt mit ihrem Pro-TTIP-Kurs wieder mal daneben!
Verkehrte Welt?
http://youtu.be/op
Und im übrigen: nach der Wahl ist vor der Wahl:
http://youtu.be/0zSclA_zqK4
Und was sagen unsere Bundestagsabgeordneten dazu?
http://youtu.be/QGOx8I0COYg
PS: 1. Was die angebliche neue Transparenz anbelangt, hat die zuständige EU-Kommissarin Malmström im letzten Jahr folgendes erklärt: Bisher hat die EU nur einige ihrer eigenen Verhandlungsangebote ins Internet gestellt, nicht aber die Angebote der Amerikaner und gemeinsame Texte, die den Stand der Gespräche zusammenfassen (Dank an Greenpeace!).
Und die Bundestagsabgeordneten dürfen mittlerweile mit unzumutbaren Einschränkungen die Texte im Wirtschaftsministerium einsehen. Und jetzt kommt heraus: die EU-Kommission vernebelt den Verhandlungsstand bei kritischen Punkten wie z.B. den Schiedsgerichten zum Investorenschutz!
Ein (T)Tip an die MdBs: Fragt doch mal beim BND nach! Oder lest jetzt die geheimen Auszüge in der SZ. Noch Fragen?
2. Was die SPD und Gabriel anbelangt, so eiern diese bei dem Thema TTIP etc. herum. Seehofer hat die Schiedsgerichte zum Investorenschutz unter Vorbehalt gestellt: "nicht tragbar". Das hätte ich so von Gabriel erwartet! Stattdessen: mal uneingeschränkt dafür, mal rote Linien, mal keine privaten Schiedsgerichte; mal Handelsgerichtshöfe ... was gilt denn jetzt? Für oder gegen Paralleljustiz? Für oder gegen eine undemokratische regulatorische Kooperation? Für oder gegen das bewährte, verbraucherfreundliche Vorsorgeprinzip?
3. Deutschland ist auch ohne TTIP Exportweltmeister geworden!
4 Wer traut den Europäern zu, ein konsistentes, die europäischen Interessen berücksichtigendes, verbindliches Vertragswerk auszuhandeln, wo doch bisher offensichtlich nicht einmal konsistente und verbindliche EU-interne Regelungen z.B. in der Flüchtlingsfrage, bei der Staatsveschuldungsfrage, geschweige denn eine europäische Verfassung zustandegekommen sind?

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