Trittins Attacke hilft niemandem

Jürgen Trittin von den Grünen attackierte kürzlich in der FAZ Rainer Brüderle (FDP) für seine Kritik am EEG. Er helfe angeblich den Stromkonzernen. Trittins aufgewärmte, jedoch längst ins Reich der Mythen verwiesene Verteidigung der Energiewende, ist für niemanden hilfreich.

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Politiker verdrängen ihre Probleme gern. Helmut Kohl war dafür bekannt sie auszusitzen, doch Jürgen Trittin reicht das nicht, er schiebt sie einfach anderen in die Schuhe. Für ihn ist das EEG noch immer ein Erfolgsmodell, auch wenn die Energiewende an ihren Kosten zu scheitern droht, woran das EEG die Hauptschuld trägt. Rainer Brüderles Vorschlag einer Reform des EEG durch ein Quotenmodell ist für ihn eine Attacke, die den Stromkonzernen hilft. Doch wem hilft seine Attacke gegen die FDP?

Seine Bilanz der Förderung Erneuerbarer Energieträger ist kaum nachvollziehbar. So fragt er sich, warum niemand die Frage stellt, weshalb der Strompreis an der Börse sinkt, die Verbraucherpreise aber immer neue Höhe erreichen. Eben weil das EEG so gestrickt ist, dass Kostensenkungen nicht bei den Verbrauchern landen, sondern die Gewinne der Anlagenbetreiber erhöhen. Das hat dann auch zur Explosion des Ausbaus von Solar- und Windkraftwerken geführt, deren Strom zwar niemand wirklich braucht, aber dennoch mitbezahlen muss. Für die Beurteilung der Kosten des EEG ist es völlig irrelevant, ob die niedrigen variablen Kosten von Wind- und Sonnenkraftwerken den Börsenpreis drücken oder nicht. Langfristig wird das nicht so bleiben, weil dadurch die fossil befeuerten Grenzkraftwerke immer teurer werden und ohnehin ist entscheidend, was der Endverbraucher inklusive der Subventionen zahlt. Ohne die staatlich garantierte Fixkostendeckung durch das EEG würde keine Solar- oder Windkraftanlage Preisdumping an der Börse betreiben können. Genau gegen das Verramschen von EEG-Strom an der Börse zu Lasten der anderen Marktteilnehmer setzt Rainer Brüderle die Quotenlösung. Die würde Schluss machen mit dem Bau von Anlagen an Standorten, an denen die Subventionen zwar gerade noch die Anlagenkosten decken, aber keine Rücksicht auf den Marktbedarf genommen wird.

Jürgen Trittin wendet gegen das Quotenmodell ein, dass man es ja planwirtschaftlich in Großbritannien praktiziere und dort sehen würde, wie teuer es den dortigen Stromverbrauchern kommt. Dass er hier Äpfel mit Birnen vergleicht, weil die Erzeugungsbedingungen für Strom aus erneuerbaren Energieträgern nicht mit denen in Deutschland vergleichbar sind, da weder Standorte noch das regulative Umfeld mit Deutschland vergleichbar ist, und auch das britische Quotenmodell nicht dem entspricht, was man aus volkswirtschaftlicher Perspektive sinnvollerweise implementieren sollte, verschweigt er seinen Lesern. Auch schlagen sich die Kosten der Netzintegration anders als in Deutschland infolge der Quotierung direkt in den Kilowattpreisen für Strom aus erneuerbaren Energieträgern nieder. Am Ende zählt aber auch hier, was der Stromkunde bezahlt und die Briten schaffen es trotz vermeintlich höherer Preise der Erneuerbareren doch noch, wenn auch nur wenig geringere Endkundenpreise als hierzulande zu erreichen. Dass es auch erfolgreichere Quotenmodelle in Europa gibt, wie es etwa in Schweden implementiert wurde, wird dem Leser ebenso unterschlagen.

Schuldig bleibt uns Herr Trittin auch, was genau der Vorteil einer mittelständischen Erneuerbare-Energie-Branche sein soll. Es wird dem einen oder anderen Haushalt oder auch die energieintensiven mittelständischen Unternehmen nicht trösten, wenn sie durch Strompreise ruiniert werden, die sie dem vom Staat lebenden Mittelständlern der Energiebranche zu verdanken haben. Die deutsche Neigung alles Große zu verteufeln, dafür aber dem Mittelstand etwas Mystisches zuzuschreiben wird spätestens dann irrational, wenn wie bei den Erneuerbaren das Mittelstandsargument nur noch dazu dient eine volkswirtschaftliche Dummheit zu vertuschen. Was soll der Hinweis auf eine deutsche Marktführerschaft, als führten wir einen Wirtschaftskrieg mit anderen Nationen, wenn die ohnehin subventionsbedingt auf wackligen Füßen steht und nur zu Lasten anderer Wirtschaftssektoren erreicht wurde? Genauso sind die 340.000 Arbeitsplätze ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die ihre Jobs wegen hoher Strompreise verloren haben oder nie eine Chance auf einen Job hatten, weil sich ihre potentiellen Arbeitgeber schon längst vom Standort Deutschland verabschiedet haben oder nie auf die Idee kamen Investitionen in diesem Land explodierender Stromkosten zu investieren.

Recht hat er, wenn er das Kurieren am EEG der letzten Jahre kritisiert, das stets nur dazu diente, die doch recht heterogenen Interessen der Erneuerbaren-Energien-Branche individuell zu befriedigen. Gülle-Bonus und Marktprämie führen zwangsläufig zu "Mitnahmeeffekten", anders war es ja auch von ihren Urhebern nicht gedacht. Dass Herr Trittin gerade den Vorsitzenden der Monopolkommission als Kronzeugen seiner Kritik an der FDP zitiert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, hatte der doch gerade vor ein paar Tagen ebenso wie Brüderle ein Quotenmodell zur Förderung der Erneuerbaren Energieträger gefordert. Da klaubt sich einer offenbar genau die Argumente zusammen, die ihm gerade so in den Kram passen.

Wer wie Trittin das Primat des Strommarktes in willkürlichen Mengenzielen für die Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energieträgern sieht, der hat auch kein Problem damit die Regeln des Strommarktes auf den Kopf zu stellen. Eine Stromversorgungsstruktur, die bisher zuverlässig und kostengünstig funktionierte, wird plötzlich zu einem Auslaufmodell, weil sie mit der energiepolitischen Willkür der Grünen nicht kompatibel ist. Das "dumpfe Grundlastkraftwerk" wurde erst durch das EEG zur Fehlallokation gemacht, mit der Folge, dass der grüne "Innovationsmotor" Energiewende zur größten Investitions- und Innovationsbremse in der Geschichte der deutschen Energiewirtschaft mutierte. Intelligente Netze, Speicher und Kapazitätsinstallationen hängen deshalb genauso wie die Erneuerbaren Energien am Tropf staatlicher Subventionen.

Jürgen Trittin macht keinen Hehl daraus, dass die Energiewende für ihn Verteilungspolitikspolitik ist, und sei es nur deshalb, weil er lieber jährlich zwanzig Milliarden Euro ihm nahestehenden Unternehmen der Grünstrombranche als den Lieferanten von Erdöl bei Preissteigerungen zuschieben möchte. Doch auch diese Rechnung macht keinen Sinn. Während 20 Milliarden Mehrkosten wegen steigender Ölpreise der Preis dafür sind, dass anderswo auf dieser Welt mit Erdöl größere Werte erzeugt werden können als bei uns in Deutschland, sind die 20 Milliarden Euro in den Ausbau der Erneuerbaren Energieträger der Preis dafür, dass Ideologie und Lobbyismus hierzulande mehr wiegt als ökonomische Vernunft. Auch mit teurem Erdöl werden noch Werte geschaffen, mit einer unnötig teuren Stromerzeugungsstruktur werden wertvolle Ressourcen vernichten. Zu allem Überfluss bewahrt der Grünstrom uns nicht vor den Wirkungen steigender Öl- und Gaspreise, denn auf absehbare Zeit führt die Energiewende zu einer höheren Abhängigkeit vom Gas.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Elmar Oberdörffer

@ Anlagenbertreiber: Mein letzter Satz wurde leider abgeschnitten. Vollständig lautet er: Moralisch sind Sie und alle anderen vom EEG Begünstigten für mich nichts als eine staatlich lizensierte Mafia!

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