The Big Bang Theory

Unser heutiges Finanzsystem hat eine mathematisch begrenzte Lebensdauer. Sein finaler Kollaps kann lediglich verzögert werden. Wir sollten deshalb den Stecker ziehen.

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Das globale Finanzsystem hat seit 2008 etliche Nahtod-Erfahrungen gemacht. Und jedes Mal wurde es mit extrem kostspieligen Notmaßnahmen ins Leben zurückgeholt. Weltweit sind die Schulden in Form von Anleihen auf 100 Billionen Dollar gestiegen – 43 Prozent mehr als beim Ausbruch der Finanzkrise.

Alle Rettungsaktionen von Politik, Notenbanken und Finanzbranche haben jedoch nicht die Ursachen des Problems bekämpft. Es wurde lediglich auf Zeit gespielt. Doch indem man Probleme in die Zukunft verschiebt, werden sie bekanntlich nicht kleiner, sondern größer. Die Gründe, warum Politik und Geldindustrie am Status Quo festhalten, mögen psychologisch noch einigermaßen nachvollziehbar sein. Ökonomisch zeugen sie jedoch von Ignoranz, fehlendem Mut – oder Unbelehrbarkeit. Wie der sprichwörtliche Vogel Strauß glaubt man, dass die Probleme verschwinden, wenn man den Kopf in den Sand – in diesem Fall aus Billionen von Dollars, Euro und Yen – steckt.

Das lässt nur einen Schluss zu: Der Warnschuss von 2008 war offensichtlich nicht laut genug. Wie anders ist es zu erklären, dass seit dem Platzen der Internet-Blase 2001 permanent der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird? Dass die Folgen einer unkontrollierten Geldschwemme auf den internationalen Finanzmärkten mit noch mehr Geld bekämpft werden? Dass stets von Schuldenabbau geredet wird, die weltweiten Schuldenberge aber in geradezu astronomische Dimensionen wachsen? Und dass sie dabei bloß verschoben werden – weg von ihren Verursachern, hin zu Steuerzahlern und Sparern? Dass dabei die Macht der Banken und ihr finanzielles Erpressungspotential immer weiter wachsen, statt dass sie endlich wieder in die Schranken ihrer realwirtschaftlichen Funktion gewiesen werden? Als die Investmentbank Lehman Brothers 2008 pleiteging und das Finanzsystem fast implodieren ließ, hatte die damalige Nummer vier der Branche eine Bilanzsumme von 600 Milliarden Dollar. Die Deutsche Bank oder JPMorgan Chase haben heute jeweils Bilanzsummen von über zwei Billionen Euro – das sind 2000 Milliarden Euro.

Die Frage, wohin das alles noch führen soll, ist weit weniger naiv als sie klingt. Wenn die Waage das erste Mal mehr als 100 Kilo anzeigt, dann ist der Entschluss, sich gesünder zu ernähren und mehr Sport zu treiben, vielleicht zum Einstieg eine Diät zu machen oder eine Woche Heilfasten einzulegen, vernünftig und durchführbar. Wenn der Hausarzt etwas von »beginnender Adipositas« murmelt, sind schon radikalere Maßnahmen angezeigt. Sobald die vier Zentner in Sichtweite kommen, helfen aber nur noch harte chirurgische Eingriffe. Dennentweder stirbt der Betroffene früher oder später an Herzversagen, oder seine Gelenke und Knochen machen nicht mehr mit. Wären unsere größten Banken übergewichtige Menschen, sie müssten wohl eine Tonne wiegen.

Bei der nächsten Krise ist eine nochmalige Stabilisierung des Finanzsystems so gut wie ausgeschlossen. Die aufgestauten Risiken sind einfach zu groß, als dass da noch was zu »retten« wäre. Schon jetzt haben etliche »Krisenstaaten« mit epochalen Wirtschaftseinbrüchen, mit Rekordarbeitslosigkeit, maroden Banken und verheerender Staatsverschuldung zu kämpfen. Viel mehr, als den Bürgern auch noch das Wasser abzudrehen und das Atmen zu besteuern, bliebe ihnen dann nicht. Unser heutiges Finanzsystem hat eine mathematisch begrenzte Lebensdauer.  Sein finaler Kollaps kann lediglich verzögert werden.

Darum sagen wir: Der Crash ist die Lösung. Er ist sinnvoller als jeder scheinbar schonende Aufschub. Wir sollten besser heute als morgen den »Stecker« ziehen und den Kollaps des Finanzsystems wenigstens kontrolliert herbeiführen. Der zügellose Turbokapitalismus ist am Ende. Es braucht Mut und Weitsicht, um freiwillig eine radikale Trendumkehr herbeizuführen. Doch alles andere wäre Selbstmord auf Raten – aus Angst vor dem Tode.

Dies ist ein exklusiver Auszug aus dem neuen Buch von Matthias Weik und Marc Friedrich „Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten“.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Klaus Kolbe

Das ist ja alles schön und gut, was die beiden da schreiben. Sie haben auch völlig recht!
Nur – die Spielregeln dieses Spiels, genannt »Bailout«, haben andere geschrieben – diejenigen nämlich, die das Geld (Geld regiert die Welt, und wer regiert das Geld?) regieren.
Hierzu kann ich ein sehr lesenswertes Buch mit dem ersten Copyright von 1994 empfehlen:
„Die Kreatur von Jekyll Island – Die US-Notenbank FEDERAL RESERVE – Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hochfinanz je schuf“
von G. Edward Griffin
Dort steht der Fahrplan drin, wie dieses Spiel namens »Bailout« abläuft.
Bisher jedenfalls war es genau zutreffend.

Gravatar: Gundela R.

Sehr guter Artikel!
Leider kann ich alles unterschreiben!

Gravatar: Freigeist

Nah-Tod-Erfahrungen führen die meisten Gläubigen an als den Beweis für ein Leben im Paradies.
Vielleicht kommt nach dem Crash eine Ära der Sozialisierung gespeist von der paradiesischen Hoffnung im Diesseits. Vermutlich wird auch dies am Trocken-Nasen-Affen, genannt Mensch, scheitern.

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