Telepolis zum Hass-Artikel in der "Zeit": Die "Wutmänner" argumentieren, die Feministinnen nicht

Zu denen, die auf den Rundumschlag der Radikalfeministinnen Christina Schildmann und Anna-Katharina Meßmer gegen Kritiker ihrer Ideologie antworten, gesellt sich jetzt auch Stephan Schleim, Assistenzprofessor für Theoretische Psychologie an der Universität Groningen. Schleim entimmt dem "Zeit"-Artikel, dass Schildmann und Meßmer eigentlich jeden, der ihnen widerspricht, gerne in die Klapse stecken würden. Oder, weniger flapsig und zugespitzt formuliert:

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Der Artikel wird als Beitrag zur Gender-Debatte beworben. Von einer Debatte erwartet man, dass dort debattiert wird. Im Text wird jedoch nur provoziert, psychologisiert, emotionalisiert und stigmatisiert: So führen die Autorinnen eine ganze Typologie ein, um ihre Diskussionsgegner zu charakterisieren beziehungsweise zu diffamieren. (...) Was vermeintliche Mitglieder dieser Spezies eigentlich behaupten, was für und gegen ihre Gründe spricht, das wird den Leserinnern und Lesern mitnichten erklärt. Stattdessen werden die Standpunkte der anderen emotionalisiert: Die zornigen weißen Journalisten etwa hätten ein Bedürfnis zur Abrechnung, bedienten lustvoll Ressentiments, betrieben Vergangenheitsbewältigung voller Abscheu, sie tobten und polemisierten.

(...) Der Zweck dieser Strategie ist offensichtlich: Mit Wutmännern und weißen Zornjournalisten braucht man sich nicht mehr inhaltlich auseinanderzusetzen, ebenso wenig wie mit Putinverstehern, Trollen, Verfassungsfeinden oder Verschwörungstheoretikern. Dass diese Wutmänner Opfer persönlicher Schicksale sind, das billigen ihnen die Autorinnen Meßmer und Schildmann noch zu; dass es nach Scheidung, Arbeits- und Familienverlust vielleicht gute Gründe für ihre Wut gibt, jedoch nicht. Es sei schlicht das Gefühl ihrer Niederlage, das sie zu politischen Kriegern mache.

Eigentlich fehlt nur noch der Vorschlag, diese Typologie in die gängigen psychiatrischen Diagnosehandbücher aufzunehmen und die so identifizierten Individuen einer Zwangsbehandlung zu unterziehen, vielleicht so wie Gustl Mollath (...) oder viele farbige Bürgerrechtler in den USA, die in den 1960er Jahren auch als Wutmänner charakterisiert wurden und reihenweise Schizophrenien diagnostiziert bekamen - mit den entsprechenden psychiatrischen Konsequenzen (...).

(...) Einer ernsthaften Debatte über Geschlechterrollen, soziale Erwartungen und Zwang, für Männer, Frauen, Xe, erweisen die Autorinnen durch ihre Emotionalisierung, Psychologisierung, Stigmatisierung, ja Diskriminierung einen Bärendienst. Auch Feministinnen darf man kritisieren und nicht jeder, der es tut, ist darum ein Wutmann oder eine Wutfrau, ein zorniger Journalist.

Hier findet man den vollständigen Artikel.

Die rhetorische Strategie, Feminismuskritiker als aufgrund von Lebenskrisen Übergeschnappte zu karikieren, ist im übrigen nicht einmal auf dem Mist von Schildmann und Meßmer selbst gewachsen. Sie findet sich schon bei Michael Kimmel, dem neuen Star des Bundesforums Männer, und ist weitgehend inhaltsidentisch mit dem von Radikalfeministinnen intensiv bearbeiteten Wikipedia-Artikel über die Männerrechtsbewegung. Dass auch dieses Wikipedia-Lager am liebsten jeden in Kliniken weggesperrt sehen würde, der ihren Auffassungen widerspricht, steht für mich nach jahrelanger Beobachtung dieser Szene außer Frage. Ihre totalitäre Grundeinstellung verbergen auch diese Agitatoren kaum. So wie schon bei Thomas Gesterkamp und Hinrich Rosenbrock gibt es dort statt Lust auf eine kontroverse Debatte nur Lust an der Diffamierung.

Beitrag erschien auch auf: genderama.blogspot.de

 

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