Synode: Nun beginnt die Zeit der Interpretationen

Die „Relatio finale“ der Synodenväter ist kein lehramtliches Dokument, sondern ein Empfehlungsschreiben an den Papst. Ob wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zugelassen werden dürfen, ist im Text direkt nicht erwähnt. Die Frage der Homosexualität wurde nur am Rande behandelt.

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Gestern Abend veröffentlichte der Vatikan den Schlussbericht, über den am selben Tag abgestimmt wurde. Alle 94 Punkte erhielten die notwendige 2/3 Mehrheit.

Die „Relatio finale“ ist kein lehramtliches Dokument, sondern ein Empfehlungsschreiben der Synodenväter an den Papst. Dieser kann den Text in der Art und Weise verwenden, wie er es für richtig hält. Er könnte den Schlussbericht also auch komplett ignorieren, wovon allerdings nicht auszugehen ist.

Der Text ist sehr lang und komplex. Er behandelt die mannigfaltigen Probleme der modernen Familien auf der ganzen Welt. Eine richtige Einschätzung bedarf also einer ruhigen Lektüre und eines sorgfältigen Studiums.
Was die Agenda der "reformerischen" deutschen Delegation anbelangt, kann aber jetzt schon gesagt werden, dass die deutsche Vertretung (Kardinal Marx, Erzbischof Koch und Bischof Bode) einen kräftigen Dämpfer erhalten hat.

Wie in diesem Blog oft ausgeführt wurde, gehörte die Delegation der Deutschen Bischofskonferenz klar zum progressistischen Flügel und brachte eine markant liberale Agenda im Gepäck.

Sie erreichten aber wenig. Die Vorschläge von Kardinal Walter Kasper wurden im Schlussbericht praktisch nicht berücksichtigt, obwohl einige Medien das Gegenteil behaupten.

Vor allem enthält das Dokument keine generelle Aussage zur Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion.

Das wichtigste Ziel der Deutschen war von vornherein, dass eine allgemeine und möglichst liberale Regel in der Frage der Zulassung dieser Personen zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie gefunden werden sollte.

Doch ob wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zugelassen werden dürfen, ist im Text direkt nicht erwähnt.

Allerdings übernimmt der Schlussbericht den Vorschlag der deutschen Sprachgruppe, den Themenbereich „gescheiterte Ehen“ dem „forum internum“ zu überlassen (§ 84 ff). Das bedeutet, dass diese Personen ihre konkrete Situation mit dem Beichtvater und gegebenenfalls mit dem Ortsbischof besprechen müssen. 

Rein theoretisch – das ist der Knackpunkt – existiert die Möglichkeit, dass jemand, der fortlaufend in schwerer Sünde lebt, sich subjektiv nicht in dieser Situation sieht.

Dann könnten – immer rein theoretisch gesprochen – solche Personen eventuell zu den Sakramenten zugelassen werden. Aus der „Relatio finale“ folgt das aber nicht unmittelbar. Das müsste so (hinein-) interpretiert werden.

Diesen Umstand könnten liberale Bischöfe zum Anlass nehmen, eine sehr liberale Praxis zuzulassen (was vielerorts in Deutschland ohnehin schon der Fall ist). Das wäre allerdings entsprechend der „Relatio finale“ ein klarer Missbrauch des Konzepts „forum internum“.

Es geht also letztendlich um die Auslegung. Es ist davon auszugehen, dass in nächster Zeit manches zu diesem Thema publiziert wird. 

Die Paragraphen, die diesen Sachverhalt behandeln, sind lang, kompliziert und mit vielen Zitaten aus dem Kirchenrecht bespickt. Die Mitglieder des Redaktionskomitees wollten wohl verhindern, dass man ihnen vorwirft, sie hätten eine laxe Disziplin in der Spendung der Sakramente gefördert.

Die Frage der Homosexualität wurde nur am Rande behandelt. Es gab schlichtweg kein entsprechendes Klima, um dieses Thema zu erörtern. 

Wie die deutschen Bischöfe nun reagieren, muss abgewartet werden. Eigentlich können sie gar nichts unternehmen, solange sich der Papst nicht äußert. Auf der Pressekonferenz der deutschen und österreichischen Teilnehmer am 24. Oktober jedenfalls vermittelten Marx, Koch und Bode nicht den Eindruck, dass sie nun auf Biegen und Brechen herumtricksen würden, um doch noch ihre Agenda durchsetzen zu können. Wir warten ab und beobachten weiter.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Bitte alle Dogmen aufrecht erhalten, rückwärts denken, so geht es schneller bergab. IS beschädigt den Islam enorm. Rom beschädigt das Christentum. Weiter so.

Gravatar: Wolfgang Bickenbach

Die Römische Kirche muß wissen, was sie tut, wenn sie ihre traditionellen Auffassungen weiter unverändert anwenden will. Insbesondere ihr Sanktionswesen. Sie ist dafür allerdings auch verantwortlich.

Es ist ein Kurzschluß, wenn man glaubt, einfach durch Unbeweglichkeit Werte schützen zu können. Es ist ebenso ein Kurzschluß, wenn man meint, einfach durch Liberalität die Zukunft gewinnen zu können.

Weder Starre noch Nivellierung werden hilfreich sein. Die Synode hat vor allem die zeittypische Schwäche der Beteiligten gezeigt, ihre theologische Untiefe und Unfähigkeit zu einer wahrhaftigen Erneuerung.

Sie hängen immer noch an den Rocksäumen der Kirchenväter oder sie rebellieren dagegen. Das ist infantil und pubertär. Der Aufbruch des II. Vatikanischen Konzils ist längst steckengebleiben, die Herausforderung war zu gewaltig, eines neuen Kirchenvaters hätte es bedurft.

Gravatar: Alfred

Man muss den Menschen immer wieder auf den Wecker gehen, indem man ihnen unentwegt mitteilt, dass nicht Gott den Menschen, sondern der Mensch Gott erschaffen hat.
Mit dieser Geschäftsidee sind einige sehr reich geworden und andere konnten mühelos unterdrückt werden.

Für die Zweifler: Der Weihnachtsmann kommt bald.
PS
Eine der größten Unverschämtheiten ist, dass man, obwohl man nicht in der Kirche ist, mit seinen Steuergeldern die Bischöfe indirekt mitfinanziert, damit sie sich 15.000 € teure Badewannen mit zwei Duschköpfen leisten können.

Gravatar: Joachim Datko

Was sind Synodenväter?

Zitat: "[...] Empfehlungsschreiben der Synodenväter an den Papst. Dieser kann den Text in der Art und Weise verwenden, wie er es für richtig hält. [...] Er behandelt die mannigfaltigen Probleme der modernen Familien auf der ganzen Welt."

Da sollte man sich auf die streng gläubigen Katholiken beschränken.

Bei uns in D werden nur noch ungefähr 1/4 der standesamtlichen Trauungen zusätzlich kirchensteuerkirchlich vollzogen. Die Zahl der kirchlichen Trauungen geht mit 2% pro Jahr zurück.

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