Steuerschmähs oder: Gut, wenn der Schmerz nachlässt

Es sind stets die gleichen alten Schmähs, mit denen die Politik immer tiefer in die Taschen der Bürger hineinzugreifen versucht.

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Das sieht man jetzt wieder ganz besonders deutlich bei der Debatte rund um die sogenannte Steuerreform. Das sieht man, seit die ÖVP unter ihrer neuen Führung den schweren strategischen Fehler begangen hat, sich jedenfalls auf eine Einkommensteuer-Reform festzulegen, ohne SPÖ-Zusagen über deren Finanzierung zu haben.

Eine sinnvolle Finanzierung kann nur durch ein kräftiges Abspecken der Verschwendungen des Wohlfahrtsstaats erfolgen. Dazu ist aber die SPÖ nicht bereit. Und auch in der ÖVP (und bei der grünen und blauen Opposition erst recht) glauben noch viele ans Schlaraffenland, wo jeder Wunsch erfüllbar ist.

Die ÖVP hat jedenfalls schon im Herbst ihre Position in der Steuerfrage entscheidend abgeschwächt. Statt wie noch im Wahlkampf zu sagen „Keine neuen Steuern, keine höheren Steuern“, hieß es plötzlich „Keine Vermögenssubstanzsteuern“. Dieses Wortgeschwurbel war der entscheidende Knick. Auch wenn es viele nicht mitbekommen haben. Auch wenn es ein paar Monate gedauert hat, bis die SPÖ durch den Wiener Bürgermeister diesen Schmäh übernommen und als eigene Konzession dargestellt hat.

Denn er bedeutet natürlich: Steuererhöhungen. Die Position der ÖVP aus dem Wahlkampf, die sie auch noch – mühsam genug – durch die Koalitionsverhandlungen gebracht hat, ist damit zertrümmert. Und dennoch versucht sich die SPÖ jetzt als großmütig und kompromissbereit darzustellen, weil sie "nur" andere Steuern als die (nie definierten"!) Substanzsteuern erhöhen will. Und SPÖ-Journalisten – vor allem im ORF und im Boulevard – haben die neue taktische Wendung sofort apportiert: Jetzt habe die SPÖ nachgegeben, jetzt müsse doch eindeutig die ÖVP nachgeben.

Was sie natürlich nicht muss; denn jede Form von Steuer- oder Abgabenerhöhungen ist erstens ganz schlecht für die wirtschaftliche Zukunft des Landes, zweitens eine massive Verletzung der schwarzen Wahlversprechen, und drittens trotz des Trommelfeuers der SPÖ-Medien unpopulär. Und nichts davon steht auch im Koalitionsabkommen.

Die ÖVP muss also nicht. Aber sie wird.

Warum? Das ist wieder unklar. Offenbar, weil sie diese Koalition so liebt.

Vorerst aber wird eine weitere politische Trickkiste aufgemacht. Jetzt werden beide Parteien einerseits die Auseinandersetzung immer mehr dramatisieren, bis man dann plötzlich mit übernächtigen, aber glücklichen Gesichtern Einigung verkünden wird (Guter Tipp für die Regisseure der Koalitionsdramatik, wenn ihnen gar nichts mehr einfällt: Nächtliches Uhranhalten ist immer sehr effektvoll!). Damit soll nur noch die Frage „Einigung Ja oder Nein?“ ins Zentrum gerückt werden, und nicht mehr die Frage „gute oder schlechte Einigung?“.

Andererseits wird bis dahin fast jeden Tag von allen möglichen Seiten eine neue Form der Bürger-Belastung ins Gespräch gebracht. Der Zweck ist klar: Am Ende sollen die Österreicher dann so zermürbt sein, dass ihnen schon alles wurscht ist, dass sie sich in der Fülle der Vorschläge gar nicht mehr auskennen. Und dass sie dann schon froh sein sollen, wenn nicht alle gezeigten Folterwerkzeuge auch angewendet werden.

Freilich funktionieren solche Inszenierungen trotz massivem Einsatz der SPÖ-Claque auf dem Boulevard und im ORF kaum mehr. Zwar fürchtet die ÖVP immer noch diese Medien. Aber die Bürger reagieren nur noch zornig und frustriert auf die Spielchen der repräsentativen Politik und ihrer medialen Hofnarren.

Die Spieljetons der jetzigen Inszenierung:

     

  • Zu dieser Verwirrtaktik zählt etwa, dass die SPÖ plötzlich wieder verkündet, ihr laut verkündeter „Verzicht“ auf Vermögenssubstanzsteuern erfasse weder Erbschafts- noch Schenkungssteuern. Obwohl es dabei unbestreitbar fast immer um eine Steuer auf schon einmal innerfamiliär voll versteuerte Vermögenssubstanz geht (Schwarzgelder gehen ja sowieso total am Fiskus vorbei). Dadurch war aus der SPÖ-„Konzession“ jedenfalls schon nach drei Tagen die Luft draußen.
  • Dann fordert die SPÖ wieder eine Erhöhung der Kapitalertragssteuern. Auch das mit einer zusätzlichen Schwachsinns-Pirouette: Sparbücher sollen nicht besteuert werden (tolle Konzession, wo dort ohnedies schon keine Zinsen bezahlt werden!), dafür „Dividenden“ umso mehr. Die SPÖ glaubt offenbar, Dividenden seien den Menschen egal. Was freilich höchstens so lange gilt, bis auch Nicht-Aktienbesitzer merken, dass jedenfalls der Ertrag ihrer Lebensversicherung von solchen Dividenden abhängt. Wirtschaftsexperten wiederum schütteln auch deshalb den Kopf, weil damit jede Investition von Geld in österreichischen Unternehmen bestraft wird – dabei werden solche Investitionen aber dringend benötigt, weil die kriselnde Finanzindustrie kaum noch Kredite an Firmen gibt. Mit anderen Worten: Die SPÖ will das bestrafen, was österreichische Unternehmen am dringendsten benötigen.
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