SPANUPETRO, ein Trickbetrüger?

Ich habe einem Herrn Spanupetro aus Bulgarien mit 50 Euro aus der Patsche geholfen. Meine Frau hat mir deshalb vorgeworfen, naiv zu sein. Vielleicht sehe ich das Geld nie wieder. Aber könnte dieser Mann nicht doch in einer Klemme gesteckt haben?

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Ausgetrickst? Abgezockt? Reingelegt? Oder bin ich nur über einen etwas schusseligen, leicht vergesslichen Bulgaren gestolpert? SPANUPETRO nannte er  sich. Unterwegs war er mit einem Auto, das aussah wie das meines Nachbarn, der einen BMW 5er-Kombi fährt. Dass er ihn immer noch besitzt, erwähne ich nur, damit kein falscher Verdacht aufkommt. Ich möchte meinem bulgarischen Unbekannten nicht mehr unterstellen als für diesen Artikel unbedingt nötig.

Doch der Reihe nach. An einem Montagabend nach Feierabend fuhr ich auf der Landstraße von Gaildorf nach Crailsheim, als mir im letzten Waldstück kurz vor Winzenweiler ein Mann auf der Gegenfahrbahn Zeichen gab anzuhalten. Sein schwarzes Auto hatte er an einer Einfahrt zu einem Waldweg abgestellt und er stand hilflos davor. Ich vermutete eine Panne seines Wagens und hielt etwa 100 Meter weiter an einer dafür günstigen Stelle an. Mit schnellen Schritten lief er mir entgegen, als ich zu Fuß seine Richtung einschlug. Er schien sichtlich erleichtert und dankbar, dass ich angehalten hatte, und erklärte mir in recht brauchbarem Deutsch, dass sein Tank fast leer, aber das nötige Geld von seinem Chef über das Wochenende nicht angekommen sei.

Nun bin ich selbst viel im Ausland und weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es als Ausländer ist, dass man in kritischen Situationen einen einheimischen Helfer findet. So hatte ich sofort Verständnis für seine vermeintliche Notlage und gab ihm aus Mitleid 50 Euro samt meiner Visitenkarte als Vorsitzender des Pamiers-Städtepartnerschaft-Komitees Crailsheim. Gemeinsam liefen wir zu seinem Auto, wo ich mir auf Knien auf die Rückseite einer zweiten Visitenkarte seine Autonummer notierte und er eigenhändig den Namen SPANUPETRO darauf schrieb. Lustig an seinem Autokennzeichen M.2765 BK mit bulgarischem Nationalkennzeichen BG fand ich, dass es in einer Halterung mit den Aufschrieb Freistaat Bayern befestigt war, dort, wo sonst Autohändler-Adressen stehen.

Als ich meine Fahrt fortsetzte, kamen mir Zweifel an meiner spontanen Hilfsbereitschaft, zumal der Bulgare, falls er überhaupt einer war, nicht sofort weiterfuhr. „Das Geld siehst du nicht mehr wieder!“, meinte meine Frau auf dem Beifahrersitz, wütend über meine Naivität. Bis jetzt hat sie recht behalten. Und jeder, dem ich diese Geschichte bis jetzt erzählte, stimmte meiner Frau zu.

Dennoch beschäftigen mich nach diesem Zwischenfall einige Fragen: Könnte dieser Mann nicht doch in einer Klemme gesteckt haben? Findet er mit seinem eben nicht typisch deutschen, also weniger ausgeprägten Ordnungssinn mein Visitenkärtchen nur nicht wieder? Kommt er aus einer Gegend, wo Hilfsbereitschaft und Gastlichkeit so selbstverständlich sind, dass man dort ungeniert meine kleine finanzielle Hilfeleistung mit einem inneren und von ganzem Herzen kommenden Dankeschön abhakt und gar nicht an Rückzahlung denkt? Warum stuften alle meine deutschen Bekannten, denen ich dieses Erlebnis erzählte, ihn sofort als Gauner ein? Kommt uns in unserer deutschen Organisiertheit eine solche Panne, wie dieser Mann sie angeblich hatte, abwegig vor? Wäre unsere Welt nicht ein wenig gefühlskälter, wenn wir hinter jeder Bitte um Hilfe eine hinterhältige Falle wittern? Trauen wir Unehrlichkeit eher Fremden als Einheimischen zu? Welche Nachrichten, Pressemitteilungen oder Fernsehberichte beeinflussen unsere Sichtweise in diese Richtung?

Antwort auf diese Fragen kann wohl nur ein Bulgare namens SPANUPETRO geben, der mit seinem schwarzen Kombi und der Autonummer |BG|  M.2765 BK an einem Montagabend nach Feierabend von Winzenweiler nach Gaildorf unterwegs war und mich in einem Waldstück dazwischen um ein wenig Geld bat.

Zuerst erschienen auf winfried.schley.over-blog.net

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Anonymous

Hallo,
heute, am 10.05.2015 gegen 18:30Uhr, ist mir eine fast gleiche Sache passiert.
Es spielte sich auf der Landstraße zwischen Bönnigheim und Freudental auf dem Rückweg aus dem Zabergäu ab. Direkt an der Gabelung (Freudental-Bönnigheim-Cleebronn(Tripstrill) (--> Ebenfalls nördliches Ba-Wü !!).
Auf dem Fahrbahnrand (aufgeschotterter Haltebereich) Stand ein silberner Kombi (VW Passat) mit Nürnberger Kennzeichen und angeschalteten Warnblinkern.
Davor stand ein zunächst Hilfe suchender Mann und winkte mich heran. Ich parkte einige Meter vor Ihm und wartete mit laufendem Motor im Wagen und lies mein Beifahrerfenster herunter.
Er hielt eine Landkarte in der Hand.
In gebrochenem aber dennoch verständlichem deutsch erklärte er mir, dass er Blugare sei, schlecht Deutsch versteht, hilflos ist, kein Benzin mehr hat und fragte zunächst nach der nächsten Tankstelle. Wollte meine Antwort (nur ca. 1km weiter in Freudental) aber nicht so recht hören.
Er erklärte mir weiter, dass seine Bankkarte kaputt sei und ich ihm doch Geld für Benzin leihen soll.
Hilfsbereit wie ich bin (War gerade auf dem Rückweg einer Pfadfinderveranstaltung und trug noch meine Kluft!!) bot ich ihm an zur Tankstelle zu fahren und Benzin für ihn zu holen.
Jetzt sehr dreist:
Er verneinte und kam mit dann unglaubwürdigen Argumenten wie: kleine Tochter, er muss schnell weiter, Bankkarte kaputt und ich solle ihm doch 50EUR geben.
Ich überlegte kurz, lehnte ab und fuhr weg.
Während des gesamten Gesprächs unterbrach er immer wieder den Augenkontakt mit mir und scannte intensiv meine Ladung im Kofferaum (Ich selbst Kombi + umgekplappte Rückbank), sowie den Bereich der Mittelkonsole, wo mein Geldbeutel und Handy lag.
Das kam mir schon sehr suspekt vor.
Ich möchte dem guten Mann nichts unterstellen, aber bei aktuellen Meldungen über Trickbetrüger und deren Maschen, sowie der sehr ähnlichen Geschichte von Ihnen, Herr Schley, durchaus denkbar, dass sie A) Ihr Geld nicht wieder sehen und B) Ich jetzt kein schlechtes Gewissen mehr haben muss, ihm nicht geholfen zu haben.
Zwei Bulgaren innerhalb von 5 Tagen im Wald auf der Landstraße mit Leerem Tank… müsste schon ein sehr großer Zufall sein.

Gravatar: Sarah

Lieber Herr Schley, wie bodenlos naiv! Zudem auch noch gefährlich!
Was hätten Sie denn getan, wenn der Typ plötzlich eine Waffe aus der Tasche gezogen hätte oder noch einige Kumpels aus dem Wald angerückt, Sie niedergeschlagen und mitsamt Ihrem ganzen Bargeld und Auto verschwunden wären? Sie hätten im Wald sterben können! In welcher schönen Traumwelt leben Sie? Lesen Sie nicht? Schauen Sie die Sendung XY im TV, dann wachen Sie auf! Ihre blinde Nächstenliebe kann Sie das Leben kosten!!!

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Das erinnert mich an ein Erlebnis in München vor über 30 Jahren. Da wurde ich auf offener Straße von einem Unbekannten angesprochen, der mich ganz verzweifelt - jedenfalls mit gut gespielter Verzweiflung - um 50 DM bat, damit er wieder heimreisen könne. Er habe sein Portemonnaie mit Geld und Fahrkarte verloren. Er war so überzeugend, daß ich ihm tatsächlich die 50 Mark gegeben habe, mit Bankverbindung, aufgeschrieben auf einem Zettel, damit er mir das Geld zurücküberweisen könne, was er hoch und heilig beschwor. Ich habe weder ihn noch meine 50 Mark je wiedergesehen.

Gravatar: Didier Lageaux

Freuen Sie sich, daß Sie diese Begegnung überlebt haben. 50 Euro sollte es Ihnen schon wert sein. Übrigens haben Sie da womöglich etwas falsch verstanden: Der "Chef" von Spanupetro wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Geld seines - hmm - "Mitarbeiters" (und das der Anderen) warten...

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