Sozialphilosophie: Der Subjektivistische Ansatz

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In der Überschätzung des Geldes ist wohl einer der größten und folgenschwersten Irrtümer des modernen wirtschaftlichen Denkens. Nun kann man  natürlich einwenden, dass ohne das Medium Geld der Kapitalismus nicht funktionieren kann. Das ist selbstverständlich richtig, genauso richtig wie die Aussagen, dass der Kapitalismus auch ohne das Austauschmedium der Sprache nicht existieren kann. Dennoch ist bisher wohl nicht geäußert worden, das wichtigste Element des Kapitalismus sei die Sprache. Menschen handeln nicht für Geld, sie handeln, weil das Geld etwas vermittelt, das sie begehren. Für denjenigen, der sich mit Geld nichts kaufen kann, was er begehrt, hat Geld keine Bedeutung.

 

Das Begehren ist nicht rational. Der Mensch schwankt zwischen Schmerz und Langeweile. Wenn unsere Bedürfnisse nicht befriedigt sind, dann empfinden wird Schmerz, wenn sie befriedigt sind, dann empfinden wir Langeweile. Am kostbarsten ist uns etwas, das wir nicht besitzen. Wenn wir es besitzen nimmt sein Wert für uns ab und unser Begehren richtet sich auf andere Ziele. Das ist auch der Grund, warum voraussehbar ist, dass es niemals ein ökonomisches und soziales Niveau erreicht wird, indem die Bedürfnisse gestillt und die Menschen mit den gesellschaftlichen Umständen zu Frieden sind. Grund zur Klage wird es immer geben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die unerschöpfliche menschliche Unzufriedenheit ist der Motor der Weltgeschichte und unter günstigen Bedingungen einer Marktwirtschaft auch des ökonomischen und technischen Fortschritts. Wären Bedürfnisse rational und objektiv bestimmbar und vorhersagbar, stände einer zentralen Planung der Wirtschaft nicht mehr viel im Weg. Die menschliche Psyche wäre wie modellierbarer Ton in den Händen der Gesellschaftsingenieure. Kein Wirtschaftsplaner kann aber wissen, was wir in einem Jahr, in einem Monat, am nächsten Tag wollen, weil wir selbst noch nicht wissen, was wir wollen werden. Das Ich ist nicht der Herr im eigenen Haus. Wie oft und wie schnell und wie unvorhersehbar wandelt sich unser Stimmungsbild selbst an einem einzigen Tag. Müdigkeit, Freude, Hunger, Missmut, Behaglichkeit wechseln zum Teil ganz unvermittelt. Eine einzige überraschende Information kann alles verändern. Der Messwahn, die Vorstellung alle die Welt bestimmenden Faktoren ließen sich in Zahlen ausdrücken und vorausberechnen, ist eine der gefährlichsten Illusionen der Moderne. Dahinter steht die Fiktion man könne irrationale Faktoren ausschließen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: pirat

ja gerade zu Weihnachten sollte man überlegen, wer man eigentlich ist und wo man hingehört. Wohl dem, der dann nicht über Geld reden muss und sich der trockenen Rationalität bedient, wie es doch eigentlich letztlich jeder tut. Alles grau. Zudem ist es jedem zu wünschen, dass man Schmerz nur als "mangelnde Bedürfnisbefriedigung" sieht und nicht den wahren Schmerz kennenlernen muss. Andererseits führt dies immer in die langweilige Mitte, nutzlos und ohne Leidenschaft, verpflichtet nur einem Halbgott, da ja alles nur halb ist.

Gravatar: Menschenskind

Sehr geehrter Herr Bökenkamp,

es ist wieder einmal an der Zeit, Ihnen ein herzliches Dankeschön zu sagen für die wunderbaren Gedanken, an denen Sie uns in Ihren Beiträgen teilhaben lassen. Sie gehören zum Besten, was das Netz zu bieten hat.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest!

KP

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