Sozialismus oder Kapitalismus: Ein Zwangssystem vor dem Absturz?

Viele meinen, der Kapitalismus sei ein System der Unterdrückung – ein Erfolg der Propaganda des Sozialismus.

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„Freiheit statt Sozialismus“ – den Werbespruch der CDU kennen nur noch wenige. Die meisten sehen in diesem Zusammenhang gar nicht mehr den Widerspruch in diesen beiden Begrifflichkeiten. Vermutlich denken die meisten sogar eher, Sozialismus und Freiheit seinen zwei Seiten der gleichen Medaille. In dieser Hinsicht sehen viele den Sozialismus im Gegensatz zum Kapitalismus und letzteren als das Knechten der Armen, Arbeiter und Angestellte durch Unternehmer und Investoren: Kapitalismus und freie Marktwirtschaft als Instrument der Unterdrückung und Sozialismus als Weg zur Freiheit? Wie konnte es nur soweit kommen?

Dass ich mal wieder grundsätzlich werde, liegt an einer Rückmeldung, die ich auf einen Satz aus meinem gestrigen Beitrag erhalten habe, und in der ich nach dem Grund meines „Optimismus“ gefragt wurde:

Ganz sicher wäre also bei einer Debatte um eine deutsche Kultur die Frage zu stellen, was der „durchschnittliche Deutsche“ höher bewertet: Freiheit oder soziale Sicherheit?

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass bei einer derart zugespitzen Frage, die Antwort tatsächlich „Freiheit“ lauten wird.

Nun halte ich meine Aussagen hier nicht mal für besonders optimistisch: „Die Hoffnung nicht aufgeben“ ist doch noch etwas anderes, als „optimistisch sein, dass …“. Aber natürlich ist auch die Frage berechtigt, ob diese Hoffnung noch auf irgendwas basiert oder eher irrational ist. Wer sich umschaut sieht doch die meisten verhaftet in der Frage, ob „der Staat“ eigentlich sozial genug wäre. Zweifelhafte Statistiken wie die der „Hilfsorganisation“ Oxfam tragen dazu bei, Reichtum, also Kapitalakkumulationen, in Frage zu stellen und verantwortlich zu machen für Armut der anderen. Vergessen wird dabei, dass die „Armut“ hierzulande wenig mit der Armut von vor der Industrialisierung und dem Raumgreifen des Kapitalismus zu tun hat. Der durchschnittliche Sozialist hört das nicht gerne, aber der deutsche Sozialstaat funktioniert nur deshalb noch leidlich, weil es immer noch ein paar Positiv-Verrückte gibt, die Zeit und Geld investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen und etwas zu „unternehmen“.

Nun basiert aber eben jeder Sozialstaat nicht auf Freiwilligkeit sondern auf Zwang. Der Unternehmer wird nicht gefragt, wie viel er für karitative Zwecke zur Verfügung stellen will, der Arbeitnehmer wird nicht gefragt, wie viel Geld er in eine umlagenfinanzierte Arbeitslosenversicherung einzahlen will. Dass das am Ende zu Fehlanreizen führt, die den Effekt des Zwangs noch weiter verstärken, zeigt sich in dramatischer Form exemplarisch in der Flüchtlingskrise: Der Hauptteil der Flüchtlinge möchte ganz offensichtlich nach Deutschland und in andere Länder mit einem ebenfalls exzessiv ausgebauten Sozialsystem. Würden in Deutschland Flüchtlinge nicht einen Rechtsanspruch auf entsprechende Sozialhilfesätze haben, die in ihren Heimatländern und auch in anderen europäischen Ländern zu gewissem Wohlstand verhelfen, es würden – zumindest tendenziell – deutlich weniger Flüchtlinge den Weg bis nach Deutschland auf sich nehmen.

Wenn also heute mit Milliarden-Kosten gerechnet wird, die im Rahmen der Flüchtlingsmengen anfallen werden, dann wird hier nicht einfach von Spielgeld gesprochen sondern von Geld, das andere erst erwirtschaften müssen. Wenn der Finanzminister sagt, man könne das finanzieren, dann spricht er von Geld, das Steuerzahler unfreiwillig berappt haben. Dabei ist es unerheblich, ob den einen oder anderen die Einsicht treibt, dass diese Ausgaben im Sinne der Mitmenschlichkeit notwendig seien – auch wenn Sie zu einem anderen Schluss kommen, ändert das nicht an Ihrer gesetzlichen Verpflichtung, sich über Steuerzahlungen an der Finanzierung zu beteiligen.

Leider sind es Neiddebatten gegen Flüchtlinge – die sich abseits kultureller und religiöser Unterschiede wirtschaftlich vernünftig verhalten, wenn sie lieber nach Deutschland als nach Griechenland oder in die Türkei fliehen wollen – die eine solche Zwangssituation deutlich machen. Denn der Effekt ist grundsätzlich auch ohne Flüchtlinge der gleiche: Sie werden als Nettosteuerzahler nicht gefragt, ob Sie in das deutsche Finanzwesen einbezahlen oder nicht. Und sie haben als Nettoprofiteur des Sozialstaats natürlich ganz andere Anreize, sich aus dieser Situation zu befreien als sie es ohne ein solch ausgeprägtes System hätten. Ohne pauschal urteilen zu wollen und eingedenk der Tatsache, dass ein christlich orientiertes Gemeinwesen für unverschuldet in Not Geratene ein soziales Netz aufspannen sollte, aber dass ein solches System nicht gerade zur Initiative reizt, sollte auch keine Frage sein.

Dass sich derartige Fragen an der Flüchtlingsdebatte entzünden mögen, ist eher unerfreulich. Die aktuelle Situation, die geprägt ist auch von der Ohnmacht interessierter Bürger, die nur staunend das „Wir schaffen das“ der Kanzlerin zur Kenntnis nehmen, mag aber auch verdeutlichen, wie unfrei der Einzelne eigentlich in der Verfügung über das von ihm erwirtschaftete Eigentum ist. Steuerbelastungen (direkt und indirekte Steuern sowie Sozial- und andere Abgaben) liegen bei einem Durchschnittsverdiener unterschiedlichen Berechnungsansätzen zufolge gut und gerne bei 50 – 70 %. Geld, dass derjenige durch seine Arbeitskraft oder ein unternehmerisches Engagement oder auch nur durch Finanzinvestitionen, selbst verdient hat, und von dem der Staat sich herausnimmt zu bestimmen, besser zu wissen, wie es eingesetzt werden sollte – und das einem Sozialstaat wie dem unseren am Ende nie ganz reichen wird, weshalb Schuldenberge aufgebaut werden, an deren Abbau auch der größte Optimist nicht wirklich glauben mag.

Steht ein solches System vor dem Absturz? Nicht zwingend: Wenn ausreichend Menschen mitmachen, dann kann das noch eine ganze Weile so weitergehen. Düsteren Prophezeiungen eines baldigen Untergangs kann ich daher nicht viel abgewinnen. Aber ein solches System – das ist hoffentlich deutlich geworden – zerfrisst sich von selbst, verstärkt noch dadurch, dass es zur Selbstverstärkung neigt, wenn in einen demokratischen Prozess immer mehr Menschen eingebunden sind, die von ihm profitieren, also demokratisch über die Ausweitung von Sozialleistungen entscheiden können. Und je mehr Menschen das bemerken, umso eher kann sich in dieser Hinsicht ein Wandel einstellen.

Es geht hier – nebenbei bemerkt – nicht um ein System, in dem der Einzelne als Nutzenoptimierer in einem fehlgeleiteten Individualismus nicht anderes mehr sieht als sein eigenes Wohlergehen. Die individuelle Verantwortung gerade von uns Christen, wirkliche soziale Gerechtigkeit sicherzustellen, ist davon unbenommen. Ein Sozialsystem aber, dass genau diese Verantwortung delegiert, Fehlanreize schafft und die Freiheit und die freie Verfügung über das Eigentum negiert, sägt an dem Ast, auf dem es nur noch mit einer Pobacke sitzen kann. Das alles ist keine Raketentechnik, man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um das zu verstehen. Und es ist die Verantwortung sowohl von Christen als auch von jedem freiheitsliebenden Menschen, diese Zusammenhänge immer wieder zu verdeutlichen. Und dann, ja dann gebe ich am Ende die Hoffnung nicht auf, dass der „durchschnittliche Deutsche“ die zugespitzte Frage nach Freiheit oder Sozialismus zugunsten der Freiheit beantwortet, weil sich ohne die Freiheit das Soziale nicht aufrecht erhalten lässt.

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gustav Karlstein

Sehr geehrter Hr. Honekamp,

' Steuerbelastungen liegen bei einem Durchschnittsverdiener unterschiedlichen Berechnungsansätzen zufolge gut und gerne bei 50 – 70 %'

Man stelle es sich mal so vor, von den 40 Jahren die ich gearbeitet habe, habe ich 20-30 Jahre UMSONST und OHNE LOHN geschuftet, quasi als Sklave!!!!!
Und all das damit 'verantwortungslose Politikerkasten' das u.a. für andere Ethnien verbrennen können und mit mir, meinen Kindern und Enkeln, meiner Kultur und meinem Land Experimente nach ihrem Gustus durchführen.
An dieser Stelle ist man nur noch fassungslos.
Soll man jetzt zum Sklavenaufstand aufrufen, den Tyrannen meucheln oder was?

Gravatar: Für_Freigeist

In Afrika herrschen Feudalismus und politische Kasten. Deswegen geht es den Völkern dort noch viel dreckiger, als in westlichen Staaten. Das die blinde Abhängigkeit eines Wirtschaftssystems vom Wachstum nicht der Weisheit letzter Schluß ist, werden wir demnächst noch ganz besonders spüren, in unserem stinkendem und faulendem System des Kapitalismus.
Mit freundlichen Grüßen!

Gravatar: Freigeist

Der Kapitalismus müsste nach Ihrer Ansicht doch in Afrika ganz großen Erfolg haben. Komisch, dass dort die Armut sogar teils größer wird. Es ist zu unterscheiden in welchem Zustand sich ein Land ökonomisch befindet, d.h. ist es als beispielsweise Entwicklungsland überhaupt wettbewerbsfähig. Falls nein, ist der Kapitalismus die schlechteste Form. Für Zentraleuropa funktioniert der Kapitalismus jedoch noch eine Weile und hoffen wir auf eine Kondratieff-Well, als hoch.

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