Soll ein Staat Ziele haben?

Parteien verfolgen Ziele, ebenso einzelne Politiker, das ist klar.  Daneben gibt es aber noch die sogenannten Staatsziele, die in der Verfassung eines Staates festgeschrieben sind

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 und die der Staat zu erreichen sucht.  Aufgrund des Verfassungsranges haben sich Politiker und Parteien jeglicher Coleur diesen Zielen unterzuordnen, wenn sie verfassungsgemäß handeln wollen.  Und genau hier liegt die Crux.  Denn es kann nicht Aufgabe einer Verfassung sein, politische Zielen bestimmter Parteien und Personen zu verwirklichen.  Vielmehr gibt eine Verfassung den Rahmen vor, innerhalb dessen gehandelt werden kann, vergleichbar mit den Regeln beim Fußballspiel, deren Ziel ja auch nicht der Sieg einer speziellen Mannschaft, sondern ein faires Spiel ist. 

Wenn zum Beispiel im Grundgesetz steht, dass Männer und Frauen in der Bundesrepublik Deutschland gleichberechtigt sind, dann sind sie gleichberechtigt.  Jedes Gesetz und jede Verordnung, die ihnen nicht die gleichen Rechte zugesteht, verstößt somit gegen die Verfassung und kann vom Bundesverfassungsgericht beanstandet werden.  Eine Verfassung, in der hingegen von „Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie Beseitigung bestehender Nachteile“ die Rede ist, nimmt sich im Grunde selbst nicht ernst.  Beim Fußball würde kaum jemand auf die Idee kommen, die „Spielweise nach den tatsächlichen Regeln des Spiels“ fördern zu wollen.  Die Regeln stehen fest und Verstöße werden vom Schiedsrichter geahndet.  Den nennt man nicht ohne Grund auch den „Unparteiischen“.  Staatsziele bergen aber die immense Gefahr einer parteiischen Justiz.  Denn viele würde gerne ihre persönlichen Anliegen im Grundgesetz verankert sehen, zum Beispiel den Sport oder den Klimaschutz

Es kann aber nicht zum Wesen eines freien Staates gehören, sich Wünschen oder Ideologien unterzuordnen.  Seine Existenz kann nur aus seiner Aufgabe heraus berechtigt sein, die Freiheit seiner Bürger zu schützen und Schaden von ihnen abzuwenden.  Über seine individuelle Gestaltung sollten die Bürger dann vorzugsweise in einem demokratischen Prozess entscheiden.  Es gehört aber zum Wesen dieser demokratischen Entscheidungen, dass sie wieder revidiert oder ausgebessert werden können.  Sollte dies aufgrund des Verfassungsrangs bestimmter Ziele nicht möglich sein, dürfte sich das unter Umständen fatal auswirken.

ebenfalls erschienen auf "kingofblog.de"

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