So ist der Euro nicht zu retten

Das unsägliche Beispiel Griechenland und elf deprimierende Gründe, warum der Euro im Desaster enden wird, sind ziemlich überzeugend.

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Lange nichts vom Krisenfonds ESM gehört oder gelesen, mit dem die politische Führung der EU und der Euro-Mitgliedstaaten ihren Euro retten wollen. Gesetz geworden ist er derweilen, in Kraft getreten ebenfalls, und schon ist es um dieses staatliche Finanz-Ungetüm öffentlich ruhig geworden. Aber ruhig schlafen können wir Bürger und Steuerzahler nun erst recht nicht. Die mit diktatorischen Vollmachten ausgestattete, von demokratischer Kontrolle freigestellte, mit völliger Immunität straffrei gestellte Super-Finanzbehörde und ihre super-bestallten Akteure etablieren sich. Die EZB ist sogar munter dabei, ESM-Arbeit schon zu verrichten. Und derweilen spitzt sich die Griechenland-Rettung durch die Euro-Staaten mittels der sogenannten Troika (EU-Kommission, EZB, IWF); um den Euro zu retten, weiter zu. Sie wird die Euro-Staaten noch tiefer in die Schuldenkrise treiben. Elf deprimierende Gründe, warum der Euro im Desaster enden wird, sind ziemlich überzeugend. Währungen die gerettet werden müssen, taugen nichts.

Der Troika-Bericht ist ein Märchenbuch

Besagte Troika hat gerade ihren neuen Bericht über den Stand der Dinge in Griechenland abgeliefert. Sie will Griechenland zwei Jahre mehr Zeit geben. DerEuro-Rettungsgegner Frank Schäffler (FDP) sagt dazu: „Auch nach zwei Jahren wird Griechenland die Auflagen nicht erfüllen. Die Rettung Griechenlands mit neuen Krediten funktioniert nicht. Alles, was gesagt und versprochen wurde, war im Kern gelogen. Die Troika ist kein neutraler Gutachter, sondern Teil des Systems, Teil des Spiels. Die EZB kann gar kein negatives Gutachten ausstellen, weil dann sofort die nächste Tranche gestoppt werden würde. Der Troika-Bericht ist ein Märchenbuch. Alles wird schöngeschrieben.“ Für Schäffler ist Griechenland ein Fass ohne Boden.1

Griechenland über Jahre auf fremde Finanzhilfe angewiesen

Der Wirtschaftsrat der CDU äußert sich zum Griechenland-Bericht unter anderem so: „Der Troika-Bericht deckt die Utopie einer schnellen Griechenland-Rettung schonungslos auf. Athen kann sich ohne fremde Hilfe über Jahre nicht finanzieren. Neue Hilfsgelder werden fast vollständig von dem teuren Schuldendienst verschlungen. Der offene Streit zwischen dem IWF und der Euro-Zone ist ein alarmierendes Warnsignal. Der IWF kämpft um seine Glaubwürdigkeit, da er seine Maßstäbe, die weltweit gelten, in Europa nun gefährdet sieht. Selbst die Europäerin Lagarde hält eine konsequente Konsolidierungspolitik der Europäer für nicht mehr möglich, sie verliert die Geduld mit ihnen. … Ein zweiter Schuldenschnitt für Griechenland wird immer wahrscheinlicher und dadurch immer teurer. Dies erfordert aber mutige Entscheidungen und Offenheit über die Folgen auch für Deutschland.“ 2

Mit verbalen Pirouetten vernebeln, was Tatsache ist: Schäuble

Um diese Offenheit aber drückt sich Bundesfinanzminister Schäuble herum. Werner Mussler in der FAZ wirft ihm vor, er wolle mit „verbalen Pirouetten die Tatsache vernebeln, dass die Nibelungentreue zu Griechenland einen Preis hat - und zwar einen, der von den Steuerzahlern zu entrichten ist. …. Die europäischen Politiker wollen die griechische Staatsschuld abermals ein wenig schönrechnen – in der Hoffnung, dass sich das nächste Loch erst nach dem nächsten Wahltermin auftut. … Und sie  wollen die öffentliche Beteiligung an der Umschuldung möglichst kunstvoll verschleiern. Schäuble kann das wohl am besten. Aber die nachhaltige und verlässliche Lösung erreicht er so gerade nicht.“ 3 Am Tag zuvor hatte Holger Steltzner in der FAZ zum Troika-Bericht kommentiert, nach außen rühme er Griechenlands, Sparanstrengungen, Reformen und Haushalt, verschweige aber, dass dort die Staatsschuld schon wieder so hoch sei wie vor dem angeblich erlösenden Schuldenschnitt. Noch immer könne sich das Land ohne fremde Hilfe nicht finanzieren.4

Elf Gründe, warum der Euro im Desaster endet

Was für ein Euro, für den verschleiert, schöngeredet und gelogen wird, um Griechenland zu retten, damit er selbst gerettet wird, und für den auch Vertragsbrüche begangen worden sind. Und was kann (und wird wahrscheinlich) alles noch kommen, so dass dieses Retten immer noch teurer wird? Und ist er auf Dauer wirklich zu retten? Hierzu hat der Informationsdienst Goldreporter (www.goldreporter.de) schon im Juli elf Gründe aufgelistet, „warum der Euro im Desaster endet“. Mit seiner Genehmigung gebe ich sie hier noch einmal im Wortlaut wieder:5 

1. Falsche Versprechungen

Auch wenn zu Beginn noch ökonomisch argumentiert wurde: Das Euro-Projekt folgt angeblich dem hehren Ziel der europäischen Einigung in dauerhaftem Frieden und in Freiheit für die Menschen. Die ökonomischen Ungleichgewichte führen aber zu erheblichen gesellschaftlichen Spannungen, wie zuletzt an den Massenprotesten in Griechenland und Spanien zu sehen war. Unsere These: Der Euro erzeugt mehr Divergenz und Hass unter den Völkern Europas, als sie zu versöhnen. Es droht eine handfeste politische Krise, die wieder extreme Kräfte an die Macht bringen könnte.

2. Euro-Diktatur

Das Euro-Projekt ist undemokratisch. Die Mehrheit der europäischen Bürger – auch die Deutschen – wurde nicht gefragt. „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, drohte die deutsche Bundeskanzlerin zuletzt. Was heißt das in aller Konsequenz? Der Euro ist keine Vereinigungswährung, der Euro ist eine Diktatur! Wenn die Mehrheit der Menschen das erkennt und die Konsequenzen verinnerlicht, dann wird es blutig auf den Straßen.

3. Menschenverachtung

Es fängt an mit der zentralisierten Geldpolitik und endet nicht mit Glühbirnenverbot und Renteneintrittsalter. Der Euro, als Basis für ein vereinheitlichtes Europa, beraubt die Völker ihrer Identität und ihrer Freiheit, in Selbstbestimmung zu leben. Der Euro zwingt die Menschen gleich zu sein. Ein Einheitsvolk, das Einheitsleistung erbringen soll, dass aber kulturell und mental so unterschiedlich ist. Das hat in der Menschheitsgeschichte auf Dauer noch nie funktioniert, und schon gar nicht auf demokratischem Wege.

4. Das Dilemma

Unser Geld- und Finanzsystem ist fehlerhaft und läuft deshalb regelmäßig vor die Wand. Geld entsteht in unserer Welt nur durch neue Schulden. Es ist gänzlich ungedeckt. Die erforderlichen Zinszahlungen an Kapitalgeber benötigen immer neues Wachstum. Für größeres Wachstum benötigt man immer neues Geld, also immer neue Schulden. Wer Schulden begrenzt, behindert das System. Wer Schulden fördert, beschleunigt den zwangsläufigen Exitus. Der Euro trägt dazu bei, diese Systematik zu beschleunigen, weil er durch die gemeinsame Haftung in einer ökonomisch ungleichen Union auch die stabileren Volkswirtschaften schneller in den Abgrund drängt.

5. Unwissen und Inkompetenz

Weil der Euro ein Systemfehler ist, müsste das System selbst überdacht werden. Stattdessen operieren die Parlamente nur an den Symptomen. Mal ist Sparen der Königsweg, mal sind es wachstumsfördernde Konjunkturprogramme, die die Schulden weiter erhöhen. Das gibt keine nachhaltige Lösung und die Fortsetzung der Rettungs-Politik wird in größerem Chaos enden, als notwendig wäre.

6. Die politische Klasse

Aus Angst das Falsche zu tun, schwimmt man mit dem Strom. Es gibt nur wenige Politiker, die sich ernsthaft mit den Dingen auseinandersetzen und sich dann auch noch trauen, eine abweichende Meinung zu vertreten. Jene, die an der Macht sind, halten die übrigen Volksvertreter an der kurzen Leine. Durch spärliche Informationen, minimale Entscheidungsfristen und hohen pseudomoralischen Druck.

7. Der politische Druck

Die machthabenden Politiker gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Harte Maßnahmen gegen die Bevölkerung sind praktisch ausgeschlossen, wenn sie unmittelbar an die eigene Person geknüpft sind. Man könnte abgewählt werden. Deshalb wird es keine politische Kehrtwende geben. Stattdessen stimmt die Politik in Sachen Euro-Rettung immer drastischeren Maßnahmen zu, die das eigentliche Problem immer weiter in die Zukunft verschieben. Dabei wird getäuscht, gelogen und permanent auf Zeit gespielt. Das zerstörerische Potenzial der Krise wird dadurch immer gewaltiger und eine kontrollierte Behebung des Systemfehlers immer unwahrscheinlicher.

8. Die Macht der Großbanken

Sie steht über allem. Die Finanzwirtschaft besitzt das Geldschöpfungsmonopol. Als universeller Gläubiger dreht sie das große Rad, mit dem sich alles bewegt. Wenn die Dinge schlecht laufen, lässt man sich aushalten von den Bürgern. Das Ganze wird organisiert von der Politik, die von den Banken korrumpiert und/oder erpresst wird. Einige nennen das Lobbyarbeit. Je größer der Währungsraum, desto größer ist auch das Hoheitsgebiet dieser Hochfinanz. Der Euro ist ein von ihr gewolltes Projekt.

9. Die politische Euro-Elite

Die führenden Politiker in Brüssel verfolgen das Euro-Projekt gegen jede ökonomische Vernunft. Es geht um Jobs, Macht, Geld und persönliche Eitelkeiten. Siehe oben. Wenn man den Teich austrocknen will, darf man nicht die Frösche fragen!

10. Die versteckte Haftung

Die Zentralbanken des Euro-Systems haben enorme finanzielle Risiken aufgebaut, so dass bereits der Euro-Ausstieg eines Landes ganz erhebliche Belastungen für den Steuerzahler bedeuten, der am Ende für die Verluste geradesteht. Dazu gehören die ELA-Kredite der nationalen Notenbanken an die jeweiligen Geschäftsbanken, die Kreditvergabe der Zentralbanken des Euro-Systems untereinander sowie das problematische Anleihenportfolio der Europäischen Zentralbank, die bis zuletzt auch Staatsanleihen Griechenlands als Sicherheiten für EZB-Geld akzeptierte.

11. Pest oder Cholera

Inflation oder Kapitalschnitt. Seit Aufhebung des Goldstandards sind gigantische Geldmengen entstanden, die in keinem Verhältnis mehr zur realwirtschaftlichen Entwicklung der Welt stehen. Der frühere Chef der Deutschen Kreditbank und langjährige Direktor der Deutschen Bank, Edgar Most, hat es so formuliert: „Von 1970 bis 2006 hat sich das Finanzvermögen der Welt um das bis zu 40-fache erhöht, aber die Realwirtschaft der Welt nur um das 13-fache. Das heißt, wir müssten das Kapital eigentlich um zwei Drittel abwerten, um die Welt wieder zu gesunden“ (Video-Tipp: Kapitalschnitt, Währungsreform und dann Goldstandard).

Ergebnis  

(Euro-)Finanzvermögen sind nicht mehr sicher. Früher oder später wird unser Geld empfindlich abgewertet, durch Inflation oder Kapitalschnitt. Der Euro in seiner jetzigen Form dient dabei als Brandbeschleuniger, denn er zieht durch die Ausbreitung des Währungsgebiets immer mehr Volkswirtschaften in den Strudel hinein.

 

Im Interview mit der Westdeutschen Zeitung vom 13. November 2012, siehe www.wz-newsline.de/mobile/home/politik/inland/frank-schaeffler-zur-schuldenkrise-alles-was-gesagt-wurde-war-gelogen-1.1153285

2 Der Präsident des Wirtschaftsrates Kurt J. Lauk am 13. November 2012, siehe www.wirtschaftsrat.de/wirtschaftsrat.nsf/id/griechenland-entscheidung-macht-euro-immer-unsicherer-de

3  FAZ vom 14. November 2012, Seite 9.

 FAZ vom 13. November 2012, Seite 1.

5  23. Juli 2012, siehewww.goldreporter.de/11-grunde-warum-das-euro-projekt-im-desaster-endet/news/24772/

 

Zuvor erschienen auf meiner Blog-Seite www.kpkrause.de  Hier sind auch meine sämtlichen Beiträge seit Beginn am 18. März 2008  verfügbar.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hans von Atzigen

Bis auf einen Punkt alles einwandfrei richtig.Der fehlerhafte Punkt:Der Goldstandart galt bis 1970.Zur Erinnerung:Der Goldstandart hat den Zusammenbruch der Weltwirtschaft ende der 20 iger Jahre NICHT verhindert.Das Ergebniss des Weltwirtschaftszusammenbruches war der 2.Weltkrieg.Auch mit Goldstandart sind ueberdimensionierte zerstoererische Geldschoepfungsexzesse an der fast ,,Tagesordnung,,.Ende der 20 iger Jahre hat der Boersen-Aktienmarkt fuer eine massive Ausdehnung der ungedeckten Geldmenge gesorgt.Letztlich gibt es nur einen Weg zur bestmoeglichen vermeidung solcher Desasterentwicklungen.1.Eine rundum moeglichst solide Realwirtschaftspolitik.2.Eine Geldmengenpolitik die sich aus den Fundamentalen Parametern der Realwirtschaft errechnet ableitet.Der Realwert des Geldes ergibt sich unabwendbar aus dem Real erwirtschfteten Ergebniss der Realwirtschaft.Das heist Ergebniss der Realwirtschftsaktivitaeten in Relation zur Geldmenge.Diese Oekonomische Fundamentalgesetz kann auch der Goldstandart NICHT aushebeln.Gold ist und bleibt letztlich Geld mit einem variablen ,,Wert,,entsprechend Angebot und Nachfrage.Ein Handelsgut mit Variablem ,,Wert,,.Der ,,Wert,,des Goldes(letztlich eine andere Geldvorm)hat jedoch besondere Eigenschaften.Begrenzte verfuegbarkeit sowie Universalitaet= nicht an eine Nationalwirtschaft gebunden.Im gegensatz zum Nationalwirtschaftlich gebundenen Papiergeld.Zweifelsfrei ,,Glueklich,,derjenige der zu gegebener Zeit darueber verfuegt.Gold als Quell fuer nachhaltigen Nationalen als auch Globalen Wohlstand ist und bleibt fuer alle Zeiten ein Wuschphantom.Es gibt NUR einen Weg rundum solides Realwirtschften auf der Basis der ral gegebenen Moeglichkeiten der Nationen sowie des Globus.Alles andere ist und bleibt ein Wunschtraum ein Phantom.Mit einem bedauernden Sori an alle Wunschtraeumer.Es gab,es gibt,und es wird niemals ein Oekonomie-Perpetuum mobile geben.Absolutt und unabwendbar ausgeschlossen.

Gravatar: reiner tiroch

Freigeist
die Konkursverschleppung und die sinnlose retterei bewirken nun erst recht den Zusammenbruch, den uns die Regierung rotzfrech als Erfolg verkaufen will.

Gravatar: Lupengucker

Wie immer ein überzeugender und gut geschriebener Artikel von Herrn Dr. Krause.

Gravatar: Freigeist

Sie ignorieren die Vergangenheit, nämlich den fast Zusammenbruch des Welt-Finanz-Systems nach Lehmann. Ein Bankenzusammenbruch hätte zu einer Weltdepression geführt. Dies wurde verhindert. Mit den Aufräumarbeiten sind wir noch beschäftigt. Es ist nur die Frage, was teurer gekommen wäre oder ob es noch teurer werden wird. Meine Vermutung: Ein Zusammenbruch nach Lehmann wäre teurer gekommen. Hinweis: Die Konjunktur schleppt sich so dahin, selbst China hat geholfen. Nach einer Weltdepression wären wir längst nicht auf dem Konjunkturniveau von heute.

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